(Gegenwind 257, Februar 2010)

Ralf Stegner

Interview mit Ralf Stegner

"Dieses schwarz-gelbe Experiment sollte den Bürgern möglichst kurz zugemutet werden"

Im Gegenwind 256 (Januar 2010) veröffentlichten wir Interviews mit Robert Habeck (Grüne), Anke Spoorendonk (SSW) und Uli Schippels (Die Linke). Die drei kleinen Oppositionsfraktionen haben zusammen 21 Abgeordnete. Die SPD ist im Landtag mit 25 Abgeordneten vertreten. Der Fraktions- und Landesvorsitzende Ralf Stegner ist gleichzeitig Oppositionsführer im Landtag.

Gegenwind:

Die SPD-Fraktion ist jetzt teilweise neu zusammen gesetzt. Wie lange dauert es, bis solch eine Gruppe sich gefunden hat, um arbeitsfähig zu sein? Wie lange dauert es, sich von Regierung auf Opposition umzustellen?

Ralf Stegner:

So furchtbar viel Zeit, uns mit uns selbst zu beschäftigen, haben wir natürlich nicht. Auf der einen Seite ist ja ein großer Teil der Abgeordneten dabei geblieben. Auf der anderen Seite sorgt ein gutes Viertel neuer Abgeordneter auch für frischen Wind. Die Umstellung von Regierung auf Opposition fällt schon schwerer, zumal das ja nach 21 Jahren passiert. Das ist schon schwierig, auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen: Jeder Tag des schwarz-gelben Bündnisses in Kiel zeigt, wie notwendig gute Oppositionsarbeit ist, und deswegen ging es dann auch vergleichsweise flott, weil wir gleich von Anfang an gefordert waren, dieser ausgesprochen schlechten Regierung Paroli zu bieten.

Gegenwind:

Teilweise sind Sie ja sozusagen gezwungen, Dinge zu kritisieren, die Sie selbst früher in der Regierung mit beschlossen haben, damals vielleicht eher als Kompromiss. Ist das schwieriger als für die anderen Oppositionsparteien im Landtag, die schon immer dagegen waren?

Ralf Stegner:

Teil - teils. Ich halte nichts davon, das ritualisiert zu betrachten. Am einfachsten haben es die, die noch nie Verantwortung getragen haben. Das ist die Sache der SPD nicht. Insofern distanzieren wir uns auch nicht von Dingen, die wir selbst gemacht haben. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen den Bereichen, in denen wir in den letzten Jahren in der Koalition mit der Union vieles durchgesetzt haben, ganz vieles trägt die Handschrift der SPD wie Gemeinschaftsschulen zum Beispiel, aber auch andere Dinge wie die Schülerbeförderung, kostenfreies Kita-Jahr und andere Punkte. Die Punkte allerdings, in denen wir uns mit der Union auf Kompromisse verständigen mussten, wo wir als SPD selbst mehr gefordert und gewollt haben, die vertreten wir natürlich jetzt wieder mit unserer Original-Position. Aber es ist nicht so, dass wir einen Zickzack-Kurs machen und das, was wir gestern noch richtig fanden, heute als falsch darstellen oder umgekehrt. Da ist es für andere Oppositionsfraktionen einfacher. Im übrigen: Zumindest für die Grünen gilt ja, dass es noch nicht so lange her ist, dass sie regiert haben, man merkt das nur nicht immer.

Gegenwind:

Wie hat sich der Landtag verändert? Wir hatten eine Zeitlang eine sehr große Regierungsmehrheit und eine sehr kleine Opposition. Jetzt ist die Regierungsmehrheit im Vergleich zum Gesamthaus viel kleiner. Was passiert hier mit der Macht des Parlaments?

Ralf Stegner:

Insgesamt halte ich ein starkes Parlament, das lebhaft ist, das lebendige Diskussionen führt, das sich auch ernst nimmt, für wichtig. Das ist übrigens nicht erst so, seit ich Oppositionsführer bin. Wenn Sie etwa daran denken, welche Rolle die SPD-Fraktion gespielt hat in Sachen HSH-Nordbank in der letzten Legislaturperiode oder beim Thema Schuldenbremse und der Klage gegen die Regelung im Grundgesetz, da waren wir oft diejenigen, die gesagt haben, Regierungsfraktionen sind keine Abnickorgane für Regierungspolitik, sondern das Parlament hat eine eigenständige Funktion.

Das gilt natürlich jetzt erst recht, das Parlament ist munterer geworden, auch durch viele neue junge Abgeordnete und natürlich dadurch, dass die Opposition stärker ist, was immer gut ist. In der letzten Legislaturperiode war die Opposition klein und schwach, in Teilen eher lautstark als substantiell stark, wenn ich an die FDP denke. Jetzt ist es so, dass es vier Oppositionsfraktionen gibt, da gibt es auch ein bisschen Wettbewerb, und die Regierung hat nicht nur eine kleinere Mehrheit, sondern sie ist ausgesprochen schwach. Die FDP ist von einem auf den anderen Tag in ganz vielen Punkten umgefallen, die HSH-Nordbank ist dafür ein typisches Beispiel. Die Regierung ist auch personell sehr schwach, so dass Opposition bis zu einem gewissen Grad auch Freude macht und auch nicht von vorn herein zum Scheitern verurteilt ist. Man arbeitet nicht nur für den Papierkorb, sondern uns wird es durchaus gelingen, an der einen oder anderen Stelle unsere Akzente zu setzen, da bin ich ganz sicher.

Gegenwind:

Wie wichtig ist die Veränderung, dass vorher die Opposition teils von rechts, teils von links kritisierte und jetzt vielleicht eine klarere Linie gebildet wird, wenn alle Oppositionsparteien links von der Regierung stehen?

Ralf Stegner:

Das ist ja zunächst mal eine Hypothese, dass es so ist. Für die SPD trifft das zu. Bei den Grünen trifft das nicht immer zu, da gibt es durchaus mal Punkte, wo man den karibischen Jamaika-Wind spürt und wo die Grünen sich ja durchaus gelegentlich darin gefallen, ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren. Der SSW sagt das von sich ja auch. Aber in vielen Punkten stimmt es natürlich schon. Sie konnten allerdings auch in der Vergangenheit, in der letzten Legislaturperiode schon sehen, dass es Themen gab, bei denen das gesamte Haus außer der CDU applaudiert oder nicht applaudiert hat. Also auch da gab es schon Punkte - wie z. B. die Flüchtlingspolitik - , wo die besonders erzkonservative CDU isoliert war. Jetzt springt ihr die FDP bei, es ist spannend, sich das anzugucken. Links von einem Bündnis von Konservativen und Egoisten, wie ich das mal nennen möchte, finden sich vier Oppositionsfraktionen, und das ist gut so.

Gegenwind:

Was erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren? Was kann bei dieser Haushaltslage und der drohenden Situation der HSH-Nordbank überhaupt bewegt werden? Was kann man als Opposition fordern?

Ralf Stegner:

Die Opposition muss die Regierung kritisieren, aber auch Alternativen formulieren, die realistisch sind. Allerdings sind die finanziellen Rahmenbedingungen katastrophal, und die Regierung tut alles, sie noch zu verschlechtern. Dieses sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist ein Beispiel dafür, wie Parteipolitik über Landesinteresse siegt. Carstensen und Kubicki haben nicht ihren Amtseid umgesetzt, das Wohl des Volkes zu mehren, sondern sie haben sich praktisch in einer Farce von Frau Merkel über den Tisch ziehen lassen. Da konnte man richtig sehen, da spielte Amateurliga gegen Bundesliga, und entsprechend war das Ergebnis. Das ist für uns schlecht, deswegen werden wir Alternativen zum Thema Schuldenbremse formulieren müssen, wir müssen uns aber auch zur Steuerpolitik zu Wort melden und wir müssen sagen, wo man sparen kann. Es gibt durchaus Punkte, wo man sparen kann, aber nicht nach dem Motto, Wohlfahrt ist erdrückend, wie Herr Carstensen das gesagt hat. Wir Sozialdemokraten nehmen nicht denen, die am wenigsten haben, und geben es denen, die sowieso schon am meisten haben. Ich glaube, ein gemeinsamer Nenner für unsere Vorstellung könnte sein: Wir setzen einer Regierung, die sagt "Eigennutz vor Gemeinwohl", eine Politik gegenüber, die sich am Gemeinwohl orientiert.

Ralf Stegner

Gegenwind:

Welche Möglichkeiten hat die SPD denn? Die Regierung droht mit der Streichung freiwilliger Leistungen. Die Betroffenen werden unter anderem zur SPD laufen. Gibt es Möglichkeiten, solche Streichungen auch zu verhindern?

Ralf Stegner:

Eine parlamentarische Mehrheit haben wir nicht. Aber man kann natürlich Druck entfalten. Ich glaube, dass das auch gar nicht so schwierig ist. Wir haben eine Regierung, die die Begrenzung der Manager-Gehälter für die HSH-Nordbank auf 500.000 Euro pro Jahr, was ja nicht gerade wenig ist, kippt und gleichzeitig sagt, jetzt geht es aber an das Geld der Vereine und Verbände, die sich für Menschen engagieren hier im Lande - ich glaube nicht, dass das Bestand haben kann. Wenn der Widerstand dagegen sowohl außerparlamentarisch wie parlamentarisch begründet ist, ist er nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Dass die Streichungen dem einen oder anderen schwer fallen, kann man ja sehen, wenn man in die Gesichter sieht, auch von Abgeordneten der Union. Bei der FDP ist es allerdings hoffnungslos. Die möchte vollständig zur Partei der Besserverdienenden werden. Bei der Union muss man versuchen, die Widersprüche, die es in der Partei gibt, zu nutzen und den Druck zu erhöhen. Hinzu kommt, dass der Untersuchungsausschuss zur HSH-Nordbank kräftig Sand ins Getriebe werfen wird, weil er das katastrophale Krisenmanagement der Landesregierung deutlich machen wird. Ob das allerdings reicht, dass am Ende nicht nur der Finanzminister seinen Hut nehmen muss, da habe ich große Zweifel.

Gegenwind:

Sehen Sie dort auch in der Vergangenheit eine Verantwortung der SPD? Entstanden ist die Situation durch den Versuch der Globalisierung, damals von der SPD unterstützt.

Ralf Stegner:

Vor politischer Verantwortung darf man nicht davon laufen. Und ich muss ehrlich sagen: Die Weltwirtschaftskrise habe ich nicht vorhergesehen, andere auch nicht. Die ist auch weder in Kiel verursacht worden noch konnte man sie hier verhindern. Wer vor zwei Jahren gesagt hätte, in Deutschland werden Banken verstaatlicht, und Investmentbanken verschwinden von einem Tag auf den anderen von der Bildfläche, der wäre verlacht worden, oder sie hätten gesagt: Warum hast Du die Position, die du als AStA-Vorsitzender 1982 hattest, heute immer noch? Da hat sich manches dramatisch geändert. Die Lage der HSH-Nordbank ist wie die vieler anderer Banken immer schlechter geworden in dieser Krise, das ist wahr. Und den eigenen Teil der Mitverantwortung der Politik muss man natürlich tragen.

Es ist aber ein großer Unterschied zur Frage: Was passierte eigentlich, nachdem klar war, dass es eine Krise gibt? Man kann uns vorwerfen, dass man es nicht vorausgesehen hat wie andere auch nicht. Man kann sagen, wir hätten mehr Finanzkontrollen machen sollen - das ist aber nicht an der SPD gescheitert, sondern eher an anderen. Man kann sagen: Ihr habt zu viel auf gut bezahlte Wirtschaftsprüfer vertraut, auf die Bundesbank, auf Rating-Agenturen - das sind alles Dinge, für die man kollektiv mit vielen anderen zusammen Verantwortung übernehmen muss. Aber das Krisenmanagement, das jetzt wirklich die desaströse Lage verursacht hat, dass die Bank die Regierung am Nasenring durch die Manege führt, dass jemand wie Herr Nonnenmacher 2,9 Millionen Euro dafür bekommen hat, dass er bleibt, dass der Aufsichtsrat politikerfrei gemacht wird, dass der Ministerpräsident den Landtag belügt - all diese Dinge sind vollständig in der Verantwortung der CDU, und die entsprechende Verantwortung werden wir einfordern. Das wird der Untersuchungsausschuss auch herausfinden. Insofern stehe ich wie die anderen Kolleginnen und Kollegen zu unserem Teil der Verantwortung, aber die steht ja in keinem Verhältnis zu dem, was hier vorzuwerfen ist.

Gegenwind:

Wenn das Geschäftskonzept der HSH-Nordbank scheitert, stehen wir vor einer Haftung des Landes in Höhe von 30 Milliarden Euro. Wollen Sie dann überhaupt noch in diesem Land an die Regierung?

Ralf Stegner:

Jede Regierung mit SPD-Beteiligung ist für die Bürger besser als eine Regierung ohne. Eine Regierung ist kein Wünsch-dir-was. Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, die HSH-Nordbank ist für das Land Schleswig-Holstein eine existenzielle Bedrohung. Und diese Bedrohung wird vermehrt dadurch, dass wir eine solch dilettantische Regierung haben, die keinerlei Konsequenzen aus dieser Krise zieht. Sie lässt Herrn Nonnenmacher gewähren, der ja nur noch zwei Fans hat: Das sind Carstensen und Wiegard. Die holen Herrn Kopper von der Deutschen Bank und kommen seinem Wunsch nach, dass es bei der Bank keine Politiker mehr in den Aufsichtsgremien gibt, die dem Parlament gegenüber dafür verantwortlich sind, was sie dort tun. Dass die Lage immer schlechter wird, das hat diese Regierung zu verantworten. Das wird aber nicht dadurch besser, dass man sie in dieser Position belässt. Es wäre gut, wenn es in der nächsten Legislaturperiode wieder eine progressive Regierung gibt. Dieses schwarz-gelbe Experiment sollte den Bürgern möglichst kurz zugemutet werden.

Gegenwind:

Welche Zusammenarbeit ist innerhalb der Opposition möglich? Wie stehen Sie zu den drei anderen Parteien? Gibt es eine Koalition in der Opposition, zumindest in bestimmten Fragen?

Ralf Stegner:

Koalitionen in der Opposition sind nicht üblich, die gibt es hier natürlich auch nicht. Selbstverständlich hat die SPD als größte Oppositionsfraktion auch eine entsprechende Verantwortung. Wir dürfen es uns auch nie so leicht machen wie andere, dass wir nur opponieren um des Opponierens willen. Wir müssen immer auch Vorschläge machen, die deutlich zeigen, dass wir die Regierungsverantwortung morgen wieder haben wollen. Aber in diesem Rahmen kann man sehr wohl mit den anderen Fraktionen gut kooperieren.

Es gibt eine gute Tradition der Zusammenarbeit mit den Grünen. Wir haben sehr gut miteinander regiert. Ich schätze die Führung der grünen Fraktion außerordentlich. Da gibt es eine sehr, sehr ordentliche Zusammenarbeit. Es gibt auch Meinungsverschiedenheiten, aber eine gute Zusammenarbeit.

Für den SSW gilt das auch. Da werden wir an der einen oder anderen Stelle auch versuchen, noch enger zu kooperieren, weil ja öfter auch öffentlich versucht wird, Keile zwischen die Oppositionsfraktionen zu treiben.

Was die Linkspartei angeht, die ist neu im Landtag. Die muss erst mal zeigen, was sie kann. Aber auch für die gilt: Die Bürger haben sie in den Landtag hineingewählt, es sind Abgeordnete mit voll gültigen Mandaten, und von einer Ausgrenzung im Parlament halte ich nichts.

Gegenwind:

Jetzt gibt es Klagen und Einsprüche gegen das Wahlergebnis, vor allem die Umrechnung in Landtagsmandate. Erwarten Sie, dass der Landtag in dieser Zusammensetzung so bleibt wie jetzt?

Ralf Stegner:

Das ist sehr schwer zu sagen. Was das Wahlgesetz selbst angeht ist es so, dass große Zweifel bestehen, ob es verfassungsgemäß ist, dass die Stimmenmehrheit und die Mandatsmehrheit verschieden sind. Andererseits hat die SPD gesagt, wir wollen nicht als schlechter Wahlverlierer gelten, indem wir uns den juristischen Finessen anschließen. Es gibt ja Klagen, das Ergebnis schauen wir uns an. Meine Erwartung ist eher, dass ein Verfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgeben wird, das Wahlgesetz zu ändern, dass es aber nicht unmittelbar zu einer Veränderung der Landtagsmehrheit führt.

Was die Nachzählung in Nordfriesland angeht, wird vielleicht zum Erscheinungsdatum dieses Interviews schon klar sein, was dabei herauskommt. Wenn die Mehrheit knapp werden sollte für Schwarz-Gelb, dann würde ich darüber keine Träne vergießen.

Gegenwind:

Hält die schwarz-gelbe Koalition denn fünf Jahre durch? Glauben Sie, dass Peter Harry Carstensen fünf Jahre lang Ministerpräsident bleibt?

Ralf Stegner:

Im Zweifelsfall wird der Machterhaltungstrieb schon dafür sorgen, dass man versucht, die fünf Jahre durchzuhalten. Wie lang die Legislaturperioden in Schleswig-Holstein dauern, weiß man ja nie, und gerade die Vertragstreue der Union ist mehr als zweifelhaft. Die Regierung ist personell sehr, sehr schwach aufgestellt. Das ist ein Stück Negativauslese. Dass Herr Carstensen seinem Amt in keiner Weise gewachsen ist, kann jeder Schleswig-Holsteiner sehen. Trotzdem erwarte ich nicht, dass das dazu führt, dass die Regierungskoalition platzt, auch wenn es dort größeren Unfrieden gibt. Herr Kubicki ist ja nicht wirklich zufrieden. Er ist nicht Regierungsmitglied, das kann er sich finanziell nicht leisten, für ihn sind ja die Abgeordnetendiäten eher Peanuts. Oppositionsführer ist er auch nicht mehr und er ist nicht Vorsitzender der größten Regierungsfraktion. Eigentlich ist er nicht mehr so wichtig, er macht sich nur furchtbar gerne wichtig. Das könnte dafür sorgen, dass es ordentlich kracht im Getriebe.

Die Union hat natürlich ein Nachwuchsproblem. Sie macht jemanden wie den katastrophal versagenden Entbürokratisierungs-Staatssekretär zum Innenminister. Sie entzieht Herrn Wiegard die Nordbank-Zuständigkeit, lässt ihn aber im Amt. Nach viel Protest und wochenlanger Suche findet sie überhaupt nur eine Frau fürs Kabinett - wir sind gleichstellungspolitisch auf dem Stand der 50er Jahre, was die CDU betrifft. Daran können Sie schon sehen, die haben kein Potential. Aber anders als die SPD ist die CDU eine Machtpartei und weniger eine Programmpartei, insofern stört es die Parteimitglieder nicht so sehr, solange man nur regiert. Das wird dafür sorgen, dass sie das die nächsten fünf Jahre durchhalten.

Gegenwind:

Was sind in diesen fünf Jahren die Schwerpunkte der SPD-Fraktion?

Ralf Stegner:

Erstens müssen wir sehr stark darauf achten, dass die Bildungspolitik, die das A und O unserer Zukunft darstellt, nicht wieder ins Gestern geführt wird. Da bestehen große Sorgen. Schwarz-Gelb wird die Gemeinschaftsschulen schikanieren, das kennen wir schon, man wird wenig Zukunftsgewandtes tun. Die FDP ist da ja sogar noch konservativer als die Union. Darauf werden wir ganz gewiss achten, und wir werden das thematisieren.

Zweitens ist klar, dass in einer Zeit, in der Schwarz-Gelb in Berlin und in Kiel von geistig-politischer Wende redet und damit meint, Eigennutz vor Gemeinnutz, haben wir darauf zu achten, dass der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft nicht vor die Hunde geht, besonders in der Wirtschaftskrise. Unsere klassischen Themen der Sozialpolitik, aber auch der Arbeitnehmerrechte, Mindestlohn und diese Fragestellungen werden wir thematisieren.

Drittens ist die Energiewende gerade nach dem sehr enttäuschenden Klimagipfel in Kopenhagen ein Punkt, wo auch regionale Verantwortung da ist und nicht nur globale. Wir werden diejenigen sein müssen, die die Energiewende einfordern, gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen.

Über allem steht: Letztlich geht es immer ums Geld. Wir werden Alternativen zu der verfehlten Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik, die Schwarz-Gelb macht, formulieren. Wir möchten natürlich, dass Politik für die Mehrheit der Menschen gemacht wird und nicht für die kleine Minderheit, der es am besten geht. Wir werden die Regierung kritisieren, kontrollieren und ihr eigene tragfähige Zukunftskonzepte entgegenstellen.

Interview: Reinhard Pohl

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