(Gegenwind 264, September 2010)
Vom 16.-18. September findet in Plön der 2. Politische Kirchentag (PKTP) statt. Er steht unter dem Motto "Für eine gerechtere Welt". Das Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein (BEI) und die Arbeitsgruppe Lübeck des entwicklungspolitischen Kinderhilfswerks terre des hommes nehmen dort am Markt der Möglichkeiten (Samstag, 18. September) teil und stellen drei zum Motto des Kirchentages passende Kampagnen vor. Sie nehmen dies aber auch zum Anlass, die Leserinnen und Leser des Gegenwind zu bitten, sich an diesen Postkarten/Email-Aktionen zu beteiligen. Das Postkarten-Set liegt bei.
So heißt das Jahresthema von terre des hommes, denn nicht nur Banken, sondern auch Kinder müssen geschützt werden. Niemand weiß, ob die schwere Finanzkrise schon überstanden ist, deswegen sammeln terre des hommes Unterschriften für Forderungen an die Bundesregierung und Spenden für Projekte in Indien und Sambia.
Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind für Menschen in den Entwicklungsländern dramatisch. Arbeitslosigkeit und Hunger steigen massiv an. Schulabbruch und Kinderarbeit sind die Folgen. Die Hauptleidtragenden der Krise sind Kinder und Jugendliche und damit ausgerechnet diejenigen, die sie am wenigsten zu verantworten haben. Mit dem Jahresthema 2010 "Schutzschirm für Kinder" holt terre des hommes die Kinder und ihre Zukunftschancen aus dem Schatten der gegenwärtigen Krisenbewältigung. Neben der konkreten Hilfe in Not muss die Krise zu einem politischen Perspektivwechsel weg von kurzfristigem Wachstums- und Profitstreben hin zur umfassenden Verwirklichung der Menschenrechte von Kindern und ihren Familien führen.
terre des hommes fordert deshalb von der Bundesregierung:
Auf dem Politischen Kirchentag Plön sollen Unterschriften für die Forderungen und Spender für die Schutzschirm-Projekte gesammelt werden. Weitere Informationen gibt es www.tdh.de dort besteht auch die Möglichkeit. die politischen Forderungen online zu unterschreiben.
Europäische Unternehmen beeinflussen das Leben von Menschen in der ganzen Welt. Sie können Gutes tun, beispielsweise Arbeitsplätze schaffen, sie können den Menschen und der Umwelt aber auch erheblich schaden.
Vor allem in Entwicklungsländern verhalten sich die Unternehmen oft inakzeptabel: Sie beuten Kinder aus, missachten Arbeitsrechte oder verseuchen das Trinkwasser. In vielen Teilen der Welt können sich Betroffene gegen Menschenrechtsversetzungen und Umweltverschmutzungen nicht zur Wehr setzen. Die Politik der europäischen Regierungen erleichtert es Unternehmen, Gewinne zu machen - allzu oft ohne Rücksicht auf die sozialen und ökologischen Folgen.
Das soll sich ändern. Das europäische Netzwerk Coalition for Corperate Justice (ECCJ) hat eine europaweite Kampagne für verbindliche Regeln zur Unternehmensverantwortung gestartet. Die politischen Entscheidungsträger der EU sollen aufgefordert werden, Gesetze zu erlassen, mit denen Unternehmen für die negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit haftbar gemacht werden können.
In Deutschland werden diese Forderungen von CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung mitgetragen, einem Zusammenschluss von 47 Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, dem auch terre des hommes angehört.
Weitere Informationen über die weltweiten negativen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit von Unternehmen und die Kampagne gibt es unter www.rechtefuermenschen.de. Dort kann die Petition auch online unterzeichnet werden.
Auf dem PKTP werden die Aktionszeitung der Kampagne und ein Postkartenset ausliegen, mit dem die BesucherInnen zum einen die Petition der Kampagne unterstützen und zum anderen weitere Personen um Teilnahme an der Kampagne bitten können.
Waren und Dienstleistungen in Höhe von 360 Millionen Euro werden jährlich von der öffentlichen Hand beschafft. Das sind 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Den größten Teil dieser Aufträge erteilten Kommunen. Diese große Kaufkraft könnte sozialen und ökologischen Standards in der Produktion weltweit zum Durchbruch verhelfen. Würden öffentliche Beschaffer geschlossen nur noch an solche Unternehmen Aufträge vergeben, die "saubere" Arbeitsbedingungen garantieren können, dürfte sich in den Fabriken in den Ländern des Südens einiges verändern. Gefährliche chemische Stoffe würden vermieden, schlimme Ausbeutungspraktiken gestoppt, die Einhaltung von Arbeitsgesetzen würde kontrolliert. Doch bisher ist die öffentliche Nachfrage nach fairen Produkten gering. Ob vergiftete ArbeiterInnen in der Computerproduktion Chinas, endlose Überstunden und entlassene GewerkschafterInnen bei Arbeitskleidungsunternehmen in Rumänien oder Pflastersteine ausgebeuteter Kinder in indischen Steinbrüchen - 170 fortschrittliche Kommunen stehen immerhin 11.000 Städten und Gemeinden gegenüber, die das Thema nicht interessiert.
Seit April 2009 erlaubt ein neues Vergabegesetz der öffentlichen Hand ausdrücklich, ökologische und soziale Kriterien bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen.
Die Christliche Initiative Romero (CIR), CorA, das Netzwerk für Unternehmensverantwortung, die Kampagne für saubere Kleidung, attac und andere NGOs rufen dazu auf, Wunschpostkarten an die Bürgermeister zu senden und sie zu bitten, für ihre Kommunen sozial und ökologisch verantwortlich produzierte Produkte zu beschaffen beziehungsweise einen entsprechenden Beschluss wirkungsvoll umzusetzen und über die getroffenen Maßnahmen die Öffentlichkeit regelmäßig zu informieren.
Die Wunschpostkarten und eine Aktionszeitung und weitere Materialien zum Thema "Öffentliche Beschaffung" werden auf dem PKTP ebenfalls ausgelegt.
Nachdem auch der Landtag in Kiel in seiner Sitzung im September 2009 (vgl. Gegenwind 253, S. 25) beschlossen hat, dass im Land Schleswig-Holstein in Zukunft nur noch Produkte verwendet werden sollen, die unter Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, insbesondere ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden, sind jetzt die Kommunen am Zuge. Denn: Jede Kommune zählt!
Horst Hesse
terre des hommes - AG Lübeck