(Gegenwind 201, Juni 2005)

Kiel

Die Alte Meierei ist akut bedroht

Die Alte Meierei in Kiel existiert seit mehr als 20 Jahren, Veranstaltungen sind seit jeher unkommerziell, alle Menschen arbeiten dort ausschließlich ehrenamtlich und es werden keine Gewinne erzielt. Trotzdem forderten Verwaltung wie auch PolitikerInnen der Stadt Kiel Ende 2003 von der Alten Meierei eine gaststättenrechtliche Konzession für das Durchführen von Veranstaltungen.

Obwohl wir eine andere Rechtsauffassung haben, beugten wir uns dem Druck der Verwaltung und beantragten eine Konzession, da uns anderenfalls mit einer Kündigung des Nutzungsvertrags gedroht wurde. In Verhandlungen mit der Verwaltung wurde im August letzten Jahres ein Finanzierungskonzept zur Durchführung nötiger Umbaumaßnahmen vereinbart, die im Wesentlichen eine Verbesserung des Brandschutzes betrafen. Die von der Verwaltung geschätzten Kosten für diese Baumaßnahmen liegen bei 75.000 Euro. Da die Stadt Kiel als Vermieterin der Alten Meierei gemäß dem Nutzungsvertrag dazu verpflichtet ist, sich an derartigen baulichen Maßnahmen zu beteiligen, einigten wir uns mit der Immobilienwirtschaft darauf, dass wir 15.000 Euro in Form von Eigenarbeit übernehmen und die restlichen 60.000 Euro von der Stadt Kiel getragen werden. Über einen Antrag in der Bauausschusssitzung sollte dieses Thema in die Ratsversammlung getragen werden, um dort über die Bewilligung der 60.000 Euro abzustimmen.

Seit August letzten Jahres haben sich die PolitikerInnen jedoch geweigert, das Thema Alte Meierei auf die Tagesordnung zu bringen. Durch ihr konsequentes Schweigen haben insbesondere die Grünen und die CDU als Regierende deutlich gemacht, dass sie im Gegensatz zu ursprünglichen Verlautbarungen kein Interesse daran haben, konstruktiv an der Lösung des von ihnen geschaffenen Konfliktes um die Alte Meierei mitzuwirken. Im Gegenteil, durch ihr Nicht-Verhalten hat die Politik der Verwaltung den Auftrag erteilt, sich selbst um die Problematik zu kümmern, was in der Konsequenz Kündigung des Nutzungsvertrags oder polizeistaatliche "Lösung" des Problems bedeutet. Im März lehnte das Ordnungsamt dann unseren Konzessionsantrag ab. Veranstaltungen sind seitdem untersagt. Begründet wird die Entscheidung damit, dass die erforderlichen Brandschutzmaßnahmen nicht umgesetzt worden seien.

Wie heuchlerisch das Verhalten insbesondere der Grünen ist, dokumentiert ein Beschluss der grünen Ratsfraktion. In diesem Beschluss spricht sich die Fraktion für den Erhalt der Alten Meierei aus und fordert die Stadtverwaltung auf, "mit den Bewohnern und Betreibern des Veranstaltungszentrums zeitnah die Umsetzung des erforderlichen Brandschutzes schnellstmöglich zu vereinbaren". Des Weiteren besagt dieser Beschluss, dass die Kosten für die Baumaßnahmen lediglich bei 10.000 Euro anzusiedeln seien und auf die Miete umgelegt werden könnten - ein Beschluss der Ratsversammlung wäre dafür nicht mehr erforderlich.

Dieser Beschluss ist auf den 18.10.2004 datiert - zwei Monate, nachdem wir mit der Stadtverwaltung einvernehmlich die Art der Umsetzung des Brandschutzes vereinbart hatten und alle nur darauf warteten, dass die Politik sich endlich dieses Themas annehmen würde. Dass dieser Beschluss nicht mehr als eine Luftblase zu sein scheint, sehen wir auch daran, dass der Verwaltung zumindest bis zum April diesen Jahres nichts von einem derartigen Beschluss bekannt war.

Das Nicht-Verhalten der Politik bedeutet in der Konsequenz eine Eskalation des Konfliktes. Ihr Schweigen ist ein indirekter Auftrag zur polizeistaatlichen "Lösung" des von ihnen selbst geschaffenen Konfliktes um die Alte Meierei. Wir fordern die PolitikerInnen auf, diese Eskalationspolitik sofort einzustellen und der Meierei endlich eine politische Bestandsgarantie zu geben.

Am 12. Mai tagte der Bauausschuss erneut. Die Sitzung wurde von Meierei-AktivistInnen mit einer Kundgebung und einer Spontandemo begleitet, die nach kurzer Diskussion mit der Polizei durch die Stadt ziehen konnte. Kurz nach Beendigung der Demo am alten Rathaus kam ein Gesandter der Bauausschusssitzung auf uns zu, um zehn VertreterInnen unsererseits die Möglichkeit zu geben, sich dort zu äußern. Nach kurzer Beratung sind einige ins Rathaus gegangen, um unsere Forderungen dort nochmals zu bekräftigen. Nachdem diese unterbreitet waren, gab der Bauausschuss an, die Argumente seitens der Meierei in den weiteren Gesprächen zu berücksichtigen. Die Gruppe zog sich ohne weitere Diskussionen wieder zurück.

Obwohl die Stadt Kiel gemäß dem Nutzungsvertrag dazu verpflichtet ist, sich an nötigen Baumaßnahmen finanziell zu beteiligen und trotz des Angebots der Meierei, 15.000 Euro in Form von Eigenarbeit zu übernehmen, entschied der Bauausschuss, dem kulturellen und linken politischen Zentrum nicht einen Cent zur Verfügung zu stellen. Die Alte Meierei ist also weiterhin akut bedroht.

Wir kündigen an, dass wir uns die Alte Meierei nicht widerstandslos nehmen lassen werden, nicht den Wohnraum und auch nicht den öffentlichen Raum. Wir und viele andere Menschen werden weiterhin darum kämpfen, das letzte in Kiel verbliebene unkommerzielle und selbstverwaltete Zentrum zu erhalten. Wir rufen alle Menschen dazu auf, Solidarität zu zeigen und sich an den Aktionen zum Erhalt der Meierei zu beteiligen.

Außerdem laden wir alle zur überregionalen Meierei-Demo am 4. Juni um 14 Uhr auf dem Europaplatz ein!

Susanne Schröder
(Alte Meierei)

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