(Gegenwind 201, Juni 2005)

Norderstedt

Der Kampf um das Soziale Zentrum geht weiter

Der unkommerzielle Treffpunkt für linke Politik und Kultur ist immer noch massiv vom Abriss bedroht.
Am 2. April demonstrierten 400 Menschen für den Erhalt selbstverwalteter Zentren in Schleswig-Holstein und überall. Diese Demonstration war die größte, die Norderstedt seit Jahren gesehen hat, was als Erfolg gewertet werden muss. Doch leider brachte die Demo den Bürgermeister Grote (CDU) nicht davon ab, seinen Plan, die Gebäude des Sozialen Zentrums (SZ) zum September dieses Jahres dem Erdboden gleichzumachen, festzuhalten. Nach wie vor soll der Verein das Gelände, auf dem seit 10 Jahren selbstorganisierte Kultur und politische Aktivitäten stattfinden, räumen.


Die CDU fährt in diesem Konflikt einen klaren Kurs, für den das Wort "Ignoranz" die treffende Beschreibung ist. Bis jetzt gab es von der CDU - bis auf die Kündigung des Nutzungsvertrages - keinerlei Äußerungen bezüglich des Sozialen Zentrums. Gesprächsbereitschaft ist nicht vorhanden.

"Der Oberbürgermeister spricht nicht mit euch", bekamen SZ-NutzerInnen jüngst von Grotes Vorzimmerdame zu hören. Kritik an seiner Kahlschlagspolitik im sozialen Bereich perlt an Grote genauso ab wie Aktionen dagegen. Schließlich sitzt er bis 2008 fest im Sattel, und was dann kommt, ist Zukunftsmusik.

Am 1. April besetzten junge Menschen aus Norderstedt das Gebäude des städtischen Kulturcafés, welches zu diesem Zeitpunkt seit genau einem Jahr geschlossen war. Die AktivistInnen, NutzerInnen des Sozialen Zentrums und ehemalige Kulturcafé-NutzerInnen, forderten die Wiederaufnahme des Betriebs im Kulturcafé und den Erhalt des Sozialen Zentrums. Der Bürgermeister hatte es aber nicht für nötig befunden, sich zu dieser Thematik zu äußern, obwohl die örtliche Presse - durchaus positiv - berichtete.

So bleibt festzuhalten, dass der Druck auf den hauptsächlichen Entscheidungsträger Bürgermeister Grote noch stärker werden muss. Zumal Baudezernent Bosse (parteilos) schon vor Monaten preisgegeben hat, dass er das Gelände des SZ nicht benötigt, um die geplante Baustelle in der Nähe des Zentrums zu bewerkstelligen. Diese wird seitens der Stadt gerne als Begründung für einen Abriss herangezogen. Dass die Entscheidung Grotes, das SZ abzureissen, keinen Sachzwängen folgt, sondern eine rein politische ist, hat sich mehrfach bestätigt.

Die Wut der betroffenen NutzerInnen steigt dementsprechend an. Ihnen wurde zwar nahegelegt, dass die Stadt auf der Suche nach Alternativgebäuden helfen würde, doch diese Hilfe kam in Form einer gedankenlos ausgedruckten Liste mit Immobilien, die auf dem gewerblichen Markt zu mieten sind. Das Soziale Zentrum würde durchaus einer angemessenen Alternative zustimmen und umziehen, doch alle Gebäude waren entweder unbezahlbar für den Verein, oder so weit "draußen", dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar sind. Mit anderen Worten: nicht akzeptabel. Dass dem SZ das Gebäude, welches anstelle des dichtgemachten Kulturcafés entstehen soll, für mindestens 15 Euro pro Quadratmeter, auch angeboten wurde, verdeutlicht den Zynismus mit dem die CDU in Norderstedt mit sozialen Projekten umgeht und Politik macht. Bedauerlicherweise bleibt die Opposition im Rathaus, trotz Grotes "Bulldozerstils" bis auf einige Ausnahmen relativ blass.

Doch den Menschen, die das Soziale Zentrum nutzen und ihren SympathisantInnen ist klar, dass dieser Sommer ein heißer wird, unabhängig vom Wetter. Im Kampf für den Erhalt des SZ wird die nächste Runde eingeläutet. Auf einer Mitgliedervollversammlung wurde am 16. Juni der Fahrplan für ein weiteres Vorgehen gegen den Abriss festgelegt. Dieses beinhaltet alle Formen der politischen Partizipation, sei es in Ausschüssen oder auf der Straße. Interessierte Menschen haben weiterhin die Möglichkeit das Soziale Zentrum Norderstedt zu unterstützen, Unterschriften zu sammeln für den Erhalt (Liste kann unter www.soziales-zentrum.de heruntergeladen werden), Leserbriefe an die Lokalzeitungen zu schreiben oder die nächste Großdemonstration am 6. August zu besuchen - dies sind nur ein paar Beispiele, wie Einzelne das Soziale Zentrum solidarisch unterstützen können. Natürlich sind aber auch Spenden gern gesehen.

Wer nicht nach Norderstedt kommen kann, aber in der Nähe von oder in Kiel wohnt, kann dort die Alte Meierei unterstützen, die ebenfalls von der CDU massiv in ihrer Existenz bedroht wird. Das Beispiel der Walli in Lübeck hat gezeigt, dass Widerstand erfolgreich sein kann. Es macht den NutzerInnen des Sozialen Zentrums Mut, die Entscheidung, das SZ grundlos abzureissen, nicht widerstandslos hinzunehmen und weiter zu kämpfen.

Soziales Zentrum

In den nächsten Monaten stehen als größere Termine eine Podiumsdiskussion mit den Parteien zur Zukunft des Sozialen Zentrums am 14. Juni, das Sommerfest am 15./16. Juli und die Demonstration am 6. August an. Weitere Informationen zum aktuellen Stand oder für Unterstützung sind unter www.soziales-zentrum.de nachzulesen.

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