(Gegenwind 186, März 2004)

Projekt Ausbildung und Integration für Migranten

Zwei Jahre zappeln lassen

Zwei Jahre zappeln lassen

Ramazan Irmak ist gelernter Feinmechaniker. Das nützt ihm aber überhaupt nichts in seinem gegenwärtigen Beruf, denn er betreibt Handy-Läden. "Irmak Telekommunikation" gibt es jetzt zweimal in Kiel (Holtenauer Str. 40 und Kaiserstr. 39), dann einmal in Gettorf (Eckernförder Chaussee 9) und einmal in Preetz (Mühlenstraße 5).

Der große Boom der Handy-Läden ist vorbei. So hat Ramazan Irmak, der seit dreißig Jahren in Deutschland lebt und vor fünf Jahren eingebürgert wurde, einmal alleine in Preetz angefangen. Dann entstanden überall weitere Läden, heute ist er wieder (fast) alleine im Ort. Man kann auf dem Markt nur bestehen, so erklärt er mir, wenn man solide arbeitet und groß genug ist. Ein Laden alleine hat auf die Dauer keine Chance. Er hat jetzt auch einen fünften Laden in Kiel, der demnächst eröffnet, und ein sechster ist bereits in Planung.

Doch es steht und fällt alles mit den richtigen Mitarbeitern (Frauen gibt es in diesem Gewerbe fast überhaupt nicht). Denn diejenigen, die er einstellt, arbeiten in einer seiner Filialen größtenteils selbständig. Insgesamt hat er 10 Mitarbeiter, acht von ihnen ganztags, zwei Aushilfen. Die Finanzierung ist schwierig - auch eine Firma mit drei Filialen ist für die Banken und Sparkassen heute zu klein, um einen Kredit zu geben.

Klar, der große Boom für Handys ist vorbei. Aber es gibt viele Jugendliche, die in den Laden kommen und Beratung brauchen. Es gibt Kundinnen und Kunden, die von Pre-Paid-Karten zu einem Vertrag wechseln wollen, Handys müssen repariert oder einfach nur erklärt werden, bei einer Vertragsverlängerung gibt es oft ein neues Handy - für einen seriösen Laden gibt es genug Möglichkeiten, auch StammkundInnen zu gewinnen.

Ramazan Irmak ist, wie gesagt, Feinmechaniker. Er wollte aber Jugendliche ausbilden, und zwar schon länger. Nachdem er die Ausbildungsberechtigung beantragt hatte, um Einzelhandelskaufleute auszubilden, machte er im Jahre 2000 die Schulung. Dann durfte er erst mal zwei Jahre lang warten, weil Behörden und Kammern das erst mal diskutieren mussten. Auf einer Veranstaltung der Türkischen Gemeinde, die ihn beriet, nutzte er auch schon mal die Anwesendheit von Vertretern des Ministeriums und der IHK, um richtig laut zu werden. Noch heute ist ihm unklar, ob die Landesregierung es überhaupt wünscht, dass ausgebildet wird, wenn man willige Ausbilder einfach zwei Jahre zappeln lässt. Auch die Türkische Gemeinde musste erst ihre Kontakte bis zum Wirtschaftsminister mobilisieren, bis es dann doch noch klappte.

Die Erlaubnis kam dann 2002 und erst, nachdem er einen Ausbildungsverbund mit einer befreundeten Computerfirma gebildet hatte - das Warenspektrum ist in einem Handy-Laden zu klein, hieß es. Dagegen hatte er auch nichts, denn wenn sein Auszubildender ein etwas breiteres Spektrum kennen lernt, nützt ihm das ja auch. Er denkt auch daran, selbst Computer und Zubehör zusätzlich zu den Handys anzubieten. Aber seiner Meinung nach hätte man ihm auch schon 2000 sagen können, dass er den Ausbildungsverbund vereinbaren soll.

Gökay Irmak heißt der Auszubildende, der Neffe des Inhabers. Seit eineinhalb Jahren macht er jetzt die Ausbildung. Worauf er sich eingelassen hat, war ihm völlig klar, denn vorher hat er ein Jahr als Aushilfe gearbeitet - in der Zeit, in der sein Chef auf die Ausbildungserlaubnis wartete. Wenn alles klappt, und so sieht es aus, dann könnte er vielleicht später eine eigene Filiale übernehmen, denn nach der Ausbildung kennt er alle Geschäfte der Firma in- und auswendig.

Sprachkenntnisse sind wichtig in diesem Geschäft. Wer in Kiel in der Holtenauer Straße arbeitet, muss wegen der Touristen unbedingt englisch sprechen. Und im Geschäft in Gaarden läuft ohne Türkisch nur wenig.

Gökay Irmak hat schon eine Schulung bei Nokia gemacht, andere bei Siemens und Ericsson sollen folgen.

Die Türkische Gemeinde hat in diesem Fall den Firmeninhaber beraten, und das über Jahre im zähen Ringen mit den Behörden. Der Auszubildende brauchte keine Unterstützung.

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