(Gegenwind 166, Juli 2002)

Flughafenausbau in Kiel-Holtenau

Unseriöse Diskussion?

Flughafen

Als "unseriös" bezeichnete der neue Vorsitzende der Bürgervereinigung gegen die Startbahnverlängerung Kiel-Holstenau e.V., Frank Schmidt, die auf aufgekeimte Diskussion um den Flughafenausbau. In Holtenau gibt es mehrere Linienflüge für Geschäftsreisende und PolitikerInnen, die vom dänischen Lufthansa-Partner "Cimber Air" bedient werden. Diese erklärte im Mai, sie gedenke auch in Zukunft Propeller-Maschinen einzusetzen und könnte auf einen Ausbau des Flughafens verzichten.

Die Landesregierung reagierte darauf relativ hilflos. Verkehrsminister Bernd Rohwer verwies darauf, dass für die Zukunft auch weitere Linien in skandinavische Hauptstädte rund um die Ostsee denkbar seien, zusätzlich zu den jetzigen innerdeutschen Zielen. Dazu Frank Schmidt: "Nicht nur Cimber-Air, sondern auch andere Fluggesellschaften bestätigen, dass Turboprops bei Flugzeiten unter zwei Stunden bzw. bei Flugstrecken unter 1000 Kilometer im Vergleich zu Jets weitaus kostengüstiger und umweltfreundlicher sind. Sämtliche Flugziele, die von Kiel-Holtenau derzeit angeflogen werden, befinden sich in diesem Bereich. Selbst die von Minister Rohwer visionär angedachten Flugziele im Ostseeraum - für die allerdings nicht einmal ansatzweise ein Bedarf zu erkennen ist - sind in einer Zeit von unter zwei Stunden zu erreichen." Die daraufhin vom CDU-Landtagsabgeordneten geäußerte Befürchtung, die Gegnerschaft zum Ausbau sei gleichbedeutend mit einem "Abschied von jeglicher Zukunftsfähigkeit" bezeichnete die Bürgervereinigung als "hohle Phrase".

Am 14. Juni legte der Kieler Oberbürgermeister Gansel den mit Spannung erwarteten Finanzierungsplan der Stadt Kiel vor, mit Spannung auch deshalb erwartet, weil die Landeshauptstadt Kiel seit Jahren nicht einmal mit notwendigen Reparaturen von Schulen nachkommt. Während der Rat beim Grundsatzbeschluss von 17,7 Millionen DM ausgegangen war, war nach der Vorlage des Landes (vgl. Gegenwind 164, Seite 20) von 17,6 Millionen Euro, also fast doppelt so viel, ausgegangen worden. Dazu kämen noch Mehrwertsteuer und Betriebsdefizite.

Oberbürgermeister Gansel geht jetzt von 18,6 Millionen Euro als Anteil der Stadt Kiel aus. Dazu soll es jetzt mit dem Planfeststellungsverfahren sehr schnell gehen, einerseits um mit dem Bau bereits in drei Jahren beginnen zu können, andererseits will Gansel den Planungen der Nachbargemeinde Altenholz (Kreis Rendsburg-Eckernförde) zuvorkommen, die ihrerseits auf dem in Auge gefassten Bauland eine Straße bauen will.

Durch die etwas sonderbare Auflistung der Kosten durch Gansel vermutet die Bürgervereinigung, bei ihm müsse es sich um ein "Finanzgenie" handeln. Denn Ende letzten Jahren habe in den Kostenovoranschlägen die Verlegung der Bundesstraße 503, der jetzt der Startbahnverlängerung im Wege liegt, noch 50 Millionen DM gekostet. Inzwischen- hat das Bundesverkehrsministerium bekannt gegeben, dass diese Verlegung keinesfalls aus Bundesmitteln bezahlt werden wird. Damit - immerhin ein geringer Bundeszuschuss eingerechnet - das Gesamtergebnis einigermaßen hinkommt, gibt Gansel die Kosten der Verlegung der Bundesstraße jetzt mit 16,9 Millionen Euro (also 33 Millionen DM) an. Warum dies plötzlich 17 Millionen DM billiger geworden ist, verrät er nicht.

Weitere Kosten wurden weggedrückt, indem sie der Flughafengesellschaft zugeschoben wurden, an denen die Stadt mit 45 und das Land mit 55 Prozent beteiligt sind. Das aber, so lautet auch die Prognose der Grünen, wird das Land bemerken. Dieses nämlich hatte seinen Finanzierungsanteil nach oben hin begrenzt, mögliche Teuerungen und unvorhergesehene Kosten müsste, so das Land, die Stadt Kiel tragen. Diese schiebt jetzt einen Teil der Kosten dem Flughafen selbst zu, der dadurch sein Defizit vergrößert, und dass soll dann zu über der Hälfte das Land tragen. Taschenspielertricks.

Die Bürgervereinigung hat jetzt nicht nur angekündigt, dass unabhängige Fachleute mit der Prüfung des Finanzierungskonzeptes beauftragt werden. Sie wagt auch die Prognose, dass sich mit dem Ausbauprojekt demnächst der Bund der Steuerzahler, der Rechnungshof oder sogar die Justiz beschäftigen werden.

Reinhard Pohl

Zur Website der Bürgervereinigung: www.startbahn-kiel.de

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