(Gegenwind 168, September 2002)
Seit 1998 gibt es den neuen Stadtteil "Klosterforst" in Itzehoe. Als "ParkCenter mit neuem Business-Konzept auf ca. 11.000 Quadratmetern Büro- und Gewerbeflächen harmonisch integriert in den WohnPark" präsentiert sich das millionenschwere Projekt. "Ideale Büroflächen, originelle Wohnungen auch für Singles, digitale Vernetzung, gestaltbare Gewerbeflächen, ca. 300 Parkplätze (davon 199 in der Tiefgarage)" preist die Internetseite das futuristische Wohn- und Arbeitsviertel der kleinen Kreisstadt.
Unter dem Motto "Wir erhalten das Stück heile Welt!" erbauten die Investoren der Plate- und Partnergruppe den neuen Stadtteil auf dem Gebiet der alten Kasernen am "Langen Peter". Und weil es sich um so schöner lebt, wenn das soziale Elend nicht gleich nebenan haust, wurde die dortige Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Asylbewerber zeitgenau zur Eröffnung des "Wohnparks im Grünen" geschlossen und gleich mal lieber von Grund auf plattgemacht. Die Stadt rechtfertigte die Schließung mit dem bundesweiten Rückgang der Asylbewerberzahl - oder wirkte auch die finanzkräftige Beschwerde der Bauherren, die Asylbewerberunterkunft störe die künftigen Parkbewohner und überhaupt, man könne die drei alten Gebäude doch als Miethäuser für Singles in den Park integrieren?
Und so heißt es im Werbeprospekt: "Das Servicecenter des Wohnparks managt und organisiert fast alles. Vom Babysitting über Hausmeisterdienste und Gartenpflege bis hin zu medizinischer, religiöser und pflegerischer Hilfe - man ist stets von guten Geistern umgeben."
Immerhin wurde Integration geschaffen, wenn auch nicht mit ausländischen Mitbürgern, so doch die Integration der Lebensbereiche Wohnen, Arbeit und Freizeit - wie schön. Und neue Arbeitsplätze wurden auch gleich geschaffen: mit der Anwerbung eines Call-Centers, der Eröffnung eines neuen Kindergartens, zweier Fünf-Sterne-Hotels, einem Sportclub, der Einrichtung eines neuen Einkaufscenters. Heute gilt der Wohnpark Klosterforst als erfolgreiches "Agenda 21"-Projekt. Denn immerhin: Die alten Baubestände der Kasernen wurden recycelt und die Gebäude in ihren Grundrissen erhalten. Und auch das ehemals angrenzende Wald- und Wiesengebiet blieb beinahe unberührt. Heute stehen dort kleine Einfamilienhäuser und ein großer Naturspielplatz. Die Natur soll geschützt und bewahrt werden, heißt es. Sozialwohnungen, Wohngemeinschaften und Penthauswohnungen liegen dicht an dicht, und es wohnt sich bei Quadratmeterpreisen um die fünf Euro bei Erstbezug familienfreundlich. Und immerhin: soziale Vermischung findet statt, Ghettobildung wird somit erfolgreich entgegengewirkt. Umweltaspekte wurden bei der Umsetzung beachtet. So verfügt der Wohnpark über sein eigenes Kraftwerk und ökologische Wasserwiederaufbereitungsanlage, über digitale Vernetzung und soziale Strukturen: jeder Klosterforstbewohner telefoniert innerhalb des Viertels für lau, jedem Kind steht ein Kindergartenplatz zu.
"Global denken - lokal handeln" - beim Bau des Klosterforstes wurde nicht nur der globale Trend ("Den Westen dicht machen"), sondern auch der nationale Trend ("Ausländer raus!") genau verwirklicht.
Tina Groll