(Gegenwind 428, Mai 2024)

Wyonne Ulrich

„Es erfordert viel Kreativität, Geduld und Nerven“

Interview mit Wyonne Ulrich, Geschäftsführerin von UTS e.V.

Gegenwind:

Wir sprechen ja heute über die UTS. Was hat die UTS für ein Leitbild, was ist ihre Aufgabe?

Wyonne Ulrich:

UTS gibt es bereits seit über 30 Jahren. Bereits seit 1992 engagieren wir uns mit vielen Projekten für die gesellschaftliche Integration und soziale Teilhabe Benachteiligter durch Bildung, Beschäftigung und Beratung. Ebenso ist die Jugend- und Altenhilfe, sowie auch die Förderung von Umweltschutz und -bildung dort verankert. Bei der Umsetzung steht vieles vor dem Grundsatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“ und um individuelle bzw. bedarfsorientierte Begleitung und Unterstützung. Gerade auch mit Blick auf den Schwerpunkt Zuwanderung steht der Mensch im Vordergrund. Wir als Träger wollen die Personen stärken, dort abholen, wo sie stehen.

Gegenwind:

Wie bist Du selbst dazu gekommen, wie bist Du die Geschäftsführerin geworden?

Wyonne Ulrich:

Das ist ja noch ganz frisch und war irgendwie ungeplant. Vor der Arbeit bei UTS habe ich in der Kreisverwaltung Rendsburg-Eckernförde gearbeitet, in der Koordinierungsstelle Integration und Teilhabe, und parallel „Migration und Diversität“ in Kiel studiert. UTS war damals und ist weiterhin ein relativ großer Kooperationspartner. Ich habe dann für mich persönlich entschieden, dass ich nach dem Masterabschluss in Vollzeit arbeiten möchte, gerne auch wieder im direkten Kontakt zu Menschen. Ich wollte etwas bewirken und aktiv vor Ort mitgestalten. So kam ich dann zunächst als Assistenz in der Geschäftsführung, zu diesem Zeitpunkt war das Lutz Oetker, zum gemeinnützigen Träger. Anfang des Jahres ist er dann in den wohlverdienten Ruhestand gegangen. Dann kam eins zum anderen. Zum Glück bin ich aber nicht allein in der Verantwortung: neben dem Vorstand, gibt es noch einige Kolleg:innen, die ebenso den Träger mit in der Hand haben und wir arbeiten als Leitungsteam zusammen.

Gegenwind:

Wie groß ist der Umfang des Vereins? In vielen Kreisen seid Ihr tätig? Wie viele Leute arbeiten hier?

Wyonne Ulrich:

Wir sind in vier Kreisen mit mehreren Standorten tätig, teilweise noch dazu in der Stadt Kiel. Im Kreis Rendsburg-Eckernförde haben wir neben Eckernförde und Rendsburg noch einen Standort in Nortorf. Immer mal wieder sind wir dann auch im ländlichen Raum in diesem Kreis aktiv, mal mit kleineren Projekten oder auch Sprachkursen, z.B. in Damp. Für den Kreis Rendsburg-Eckernförde sind wir u.a. Träger der Migrationsberatung und der arbeitsmarktlichen Beratung „B.O.A.T.“ und der Regionalen Ausbildungsbetreuung, ergänzt um AVGS („Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein“ der Bundesagentur für Arbeit oder den Jobcentern) und den Angeboten der Umweltbildung UmweltInfoZentrum mit der Eichhörnchenschutzstation und Ostsee Info-Center in Eckernförde. Zudem haben wir noch Büros in Heide und in Itzehoe, sowie in Bad Segeberg. In Bad Segeberg sitzen wir direkt in der Landesunterkunft mit einer Asylverfahrensberatung. In Heide und in Itzehoe sind wir mit dem Beratungsnetzwerk „Alle an Bord! - Perspektive Arbeitsmarkt für Geflüchtete“ tätig, sowie gegenwärtig mit einem AVGS. Bei UTS sind wir gegenwärtig um die 60 Mitarbeitenden, zusätzlich dazu zahlreiche Honorarkräfte und Ehrenamtliche.

Gegenwind:

Was sind die wichtigsten Gebiete oder Themen, mit denen Ihr tätig seid?

Wyonne Ulrich:

Unser derzeit größtes Gebiet ist Migration und Arbeit. Wir bieten über verschiedene Projekten Beratung zu Themen wie Arbeit, Ausbildung, Teilhabe oder Qualifikation an, und sind darüber auch in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Trägern und Institutionen, wie z.B. der Handelskammer, Jobcentern, Zuwanderungsbehörden, mit der Bundesagentur für Arbeit. Neben dem Ankommen und ersten Anlaufstellen, können wir so Zugewanderte auch auf dem Weg der Verfestigung ihres Lebens hier und damit auch unter anderem dem Eintritt Beruf hier in Deutschland unterstützen. Wie sich der Weg gestaltet, ist sehr verschieden, persönlich und individuell. Es kann starten mit einem Sprachkurs. Manchmal sind sie auch gerade Eltern geworden und es geht um die Stabilisierung des Umfeldes. Wir helfen dann tatsächlich bis zum Berufseinstieg und haben teilweise auch die Möglichkeit, danach noch zu begleiten. Neben dem Projekt „B.O.A.T.“ oder „Alle an Bord“, die vorbereitend und auch begleitend zum Arbeitsmarkt Sprachtrainings anbieten, gibt es auch die regionale Ausbildungsbetreuung, bei der wir Azubis auf dem Weg begleiten und durch die Ausbildung führen können. Eine Hilfe ist je nach Fall oftmals konkret möglich. Das zweite große aktive Feld umfassen die Umweltbildungsangebote, das Ostsee Info-Center hat eine eigene Homepage, gern können Angebote besucht werden, wir arbeiten übergreifend in Kooperationen, um möglichst viel Informationen und interaktiv an Interessierte über den Schutz der Ostsee zu geben.

Umwelt Technik Soziales e.V. (kurz: UTS) ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Rendsburg und Geschäftsstelle in Eckernförde. Seit 1992 engagieren wir uns in vielen Projekten für die gesellschaftliche Integration und soziale Teilhabe Benachteiligter durch Bildung, Beschäftigung und Beratung. Der Großteil unserer Arbeit findet im Kreis Rendsburg-Eckernförde statt - über verschiedene Netzwerke und Angebote sind wir aber auch in ganz Schleswig-Holstein tätig. UTS ist seit über 25 Jahren Mitglied im Paritätischen Schleswig-Holstein.

Umwelt Technik Soziales e.V. (UTS)
Kieler Str. 35
24340 Eckernförde
04351 - 726057
geschaeftsstelle@utsev.de
www.utsev.de

Gegenwind:

Kommen alle Beratenen freiwillig zu Euch? Oder gibt es auch Leute, die vom Jobcenter geschickt werden? Gibt es auch Verpflichtete?

Wyonne Ulrich:

Grundsätzlich sind alle Angebote freiwillig. Gerade für Beratungen ist das eine notwendige Voraussetzung. Auch bei der Arbeit mit institutionellen Angeboten, z.B. mit AVGS , können die Menschen selbst entscheiden, zu welchem Träger sie gehen. Ähnliches gilt für Sprachkurse. Wir bieten zusätzlich zu STAFF SH und Erstorientierungskursen auch sogenannte MiA-Kurse („Migrantinnen einfach stark im Alltag“) an. Diese sind für viele zugewanderte Frauen eine gute Option, die vorher vielleicht wenig Erfahrung in einem solchen Lernumfeld machen konnten, die wegen Kinderbetreuung gerade kein Regelangebot wahrnehmen können oder auch MiA als Überbrückung zum Sprachkurs oder zur Arbeit benötigen. Wir versuchen gerade die Verwaltungen und Träger vor Ort bestmöglich über Angebote auf dem Laufenden zu halten, sodass sie ggf. auch Menschen an uns verweisen können. Wenn wir es nicht leisten können, verweisen wir die Personen an andere Angebote und Träger vor Ort, und schauen wer kann am besten helfen und wo es gerade passen könnte. Eine Verpflichtung gibt es nicht.

Wir haben auf jeden Fall gut zu tun, die Adresse ist bekannt, der Weg ist kurz.

Gegenwind:

Oft wird davon gesprochen, dass Integration und besonders die Integration in den Arbeitsmarkt wichtige Aufgaben in Deutschland sind. Trotzdem wird es als Projektfinanzierung organisiert, mal für zwei Jahre, mal für drei Jahre, mal für ein Jahr. Wie kann man denn solch eine Verein führen, wenn man nie weiß, was man in fünf Jahren für Geld bekommt?

Wyonne Ulrich:

Ausgezeichnete Frage. Es ist tatsächlich jedes Mal eine kleine Herausforderung. Es erfordert viel Kreativität, Geduld und Nerven. Es bleibt immer wieder spannend.

Diese Projektfinanzierungen sind oftmals tatsächlich sehr unglücklich, weil die meisten Leute nicht nur Begleitung für ein oder zwei Jahre brauchen, sondern vermehrt länger. Manchmal beginnt es mit der Alphabetisierung bis später zum Berufsabschluss, das sind dann schon mal schnell fünf bis sieben Jahre, und das ist auch die Erfahrung vieler anderer Träger. Deswegen wünschen wir uns, dass die Projekte langfristiger angelegt werden, sowohl die Migrationsberatung als auch die Arbeitsmarktprojekte. Wir haben zwei oder drei Projekte, die relativ stabil sind, wo sich alle Bewilligungen in drei oder fünf Jahren abspielen, da sind wir sehr froh drüber. Aber die Hürde ist sehr sehr hoch, der Prozess ist lang, man muss frühzeitig in die Planung gehen. Wir versuchen sowohl für die Mitarbeitenden als auch die Leute, bestmöglich da zu sein.

Gegenwind:

Hast Du denn Hoffnung, dass es irgendwann besser wird? Es ist ja nicht einmal gelungen, die KIT-Stellen im Integrationsgesetz zu verankern. Für Schleswig-Holstein läge es an sich nahe, zuerst das abzusichern.

Wyonne Ulrich:

Total, ja. Das ist das eine, die KIT-Stellen, abzusichern. Aber dann geht es natürlich auch um die grundlegenden Strukturen, die Migrationsberatung, egal ob es über die Bundesförderung oder die Landesförderung ist, es ist sehr grundlegend. Da wünsche ich mir persönlich einfach, dass das so gesehen und auch längerfristig Geld investiert wird. Das Land steht dazu ja gerade in einigen Diskussionen. Tatsächlich gehe ich davon aus, dass ohne die grundlegenden Stellen, die Sozialberatung, vieles nicht funktionieren würde. Ich glaube, ich spreche für viele Träger, wenn ich sage, dass die Zusicherung z.B. über langfristige Förderungen tatsächlich etwas wäre, was viel erleichtern würde.

Gegenwind:

Wie handhabt Ihr das mit den Angestellten? Im Prinzip hoffst Du ja, wenn jemand vier Jahre hier gearbeitet hat, dass sie oder er auch künftig hier bleibt. Andererseits kannst Du oft im Oktober noch nicht sagen, ob es im Januar einen Arbeitsvertrag gibt.

Wyonne Ulrich:

Absolut. Inzwischen ist es so, dass wir viele Mitarbeitenden schon extrem lange dabei sind. Eine Kollegin macht bereits seit fünfzehn Jahren MBE, also Migrationsberatung für Erwachsene, und hat seit 15 Jahren aufgrund der Projektfinanzierung immer jährlich befristete Arbeitsverträge. Inzwischen sind wir sehr eingespielt, wir vertrauen uns und wir wissen was kommt. Alle Beteiligten wissen, worauf sie sich bzw. wir uns einlassen. In der Regel ist es dann so, dass man relativ flexibel sein muss, sowohl als Arbeitgebender als auch als Arbeitnehmender. Die Mitarbeitenden sind mit der Vielzahl ihrer Erfahrungen für uns wertvoll. Sie sind einfach ein wichtiger Teil des Trägers. Auch für die Zugewanderten, die Hilfe und Unterstützung suchen, sind die langfristigen und gleichbleibenden Ansprechpersonen notwendig.

Gegenwind:

Was machst Du konkret, wenn sich eine Deiner Angestellten im November hier und da bewirbt, weil es einfach noch keine Zusage für das nächste Jahr gibt?

Wyonne Ulrich:

Jemanden aufgrund fehlender Anschlussfinanzierung zu verlieren ist immer schade. Ich bin in dem Umgang mit den Projektfinanzierungen und der Unwissenheit über Perspektive in der Regel sehr transparent. In der Regel gibt es jedoch auf politischer Ebene oft Indikatoren und Hinweise, wie es weitergeht. Ob Kürzungen anstehen oder ob eine Finanzierung ganz aufgelöst wird, zeichnet sich vorher ab. An dem Feingefühl arbeite ich derzeit noch etwas. Lange Verzögerungen im Abschluss von Haushaltsberatungen, erschweren die Arbeit mit Projektfinanzierungen jedoch doll. Letztes Jahr war tatsächlich seit langem das erste Mal, dass große Sorge seitens einiger Mitarbeitenden und von uns aus der Trägerverwaltung. Wir haben intern ganz transparent darüber gesprochen, von unserer Seite geschildert, wie es steht. Es ist natürlich immer eine Entscheidung der Mitarbeitenden, ob sie in einem Projektkonstrukt bleiben möchten.

Gegenwind:

Hat der Verein genug Rücklagen, um mit solchen verzögerten Haushaltsberatungen umzugehen? Ihr wisst ja nicht, ob eine Zusage im Januar kommt oder im April.

Wyonne Ulrich:

Am Ende ist es so, dass unabhängig von Rücklagen die Eigenanteile zunehmend steigen, zudem dauert es länger, bis Geld tatsächlich ankommt. Die Vorleistungen werden immer höher und länger auf allen Ebenen. Ich habe jetzt auch schon von vielen Trägern gehört, und auch bei uns ist es nicht anders: Man muss immer neu gucken, wie man es macht. Es ist eine Perspektivplanung, die sehr intensiv und auch notwendig ist. Das ist natürlich eine große Herausforderung.

Gegenwind:

Wie kannst Du die Geschäfte führen, wenn ein Teil Deiner Angestellten hier in Eckernförde ist und Du sie täglich siehst, andere sind fünfzig oder hundert Kilometer weit weg, und Du siehst sie seltener...

Wyonne Ulrich:

Ich fahre hin. Ich bin in der Regel zwei Tage die Woche in Eckernförde. Dann war ich vergangenes Jahr, für Projektstart und Beginn, einen Tag die Woche oder alle zwei Wochen meistens in Bad Segeberg. Dann bin ich einmal im Monat auf jeden Fall in Rendsburg, aber da haben wir einen relativ festen Stamm, dort arbeiten Kolleginnen und Kollegen, die das schon lange gut und zuverlässig machen. Meine Kollegin, Sabine Bleyer, ist so z.B. für Itzehoe und Heide zuständig und ist dort auch oft, so dass wir die Standorte auch untereinander aufgeteilt haben. Es muss nicht eine Person immer überall sein. Aber ja, tatsächlich gibt es da ein großes Vertrauen in die Kolleginnen und Kollegen vor Ort und in die gemeinsame Kommunikation. Da wo gerade Bedarf ist, ist man dann einfach öfters.

Gegenwind:

Sieht Du Deine Aufgabe darin, den Bestand zu halten? Oder willst Du auch neue Projekte starten?

Wyonne Ulrich:

Neue Projekte sind immer gut und notwendig. Zur Zeit sitze ich z.B. an drei kleineren Anträgen, wo es auch um ein paar Zugewanderte geht, die langjährig bei uns im Ehrenamt arbeiten, die ich jetzt gerne auch ein bisschen mehr unterstützen würde. Die Anträge für die großen Projekte haben wir jetzt zu Beginn des Jahres alle schon gestellt, auf Bescheide warten wir jedoch noch. Gerade in letzter Zeit hat sich der Bereich Integration in Arbeit auf jeden Fall ein bisschen verstärkt, da haben wir schon einige Projekte und sind landesweit gut aktiv, so dass wir darauf einen Fokus richten wollen. Es gibt da eine große Notwendigkeit in dem Bereich, auch vor dem Hintergrund der Fachkräftezuwanderung.

Zudem geht es auch wieder vermehrt um das Ankommen und die Teilhabe, von Menschen, die vielleicht noch nicht oder nicht mehr beruflich aktiv sein können. Wir haben zum Beispiel jetzt viele Senior:innen in Eckernförde, die neu angekommen sind, und sie wollen wir jetzt ein bisschen mehr in die Gemeinschaft integrieren. Wir haben jetzt verschiedene kleine Seniorenprojekte und versuchen derzeit mehr Begegnung zu schaffen.

Gegenwind:

Wir haben ja einen Landeshaushalt mit eineinhalb Milliarden Euro Krediten, und SPD und FDP bereiten eine Klage vor. Wie viele Jahre Unsicherheit gibt es für Euch dann?

Wyonne Ulrich:

Wer weiß das schon? Für uns ist es ein Abwarten und Hoffen. Aber am Ende des Weges liegt es nicht in unserer Hand, wir können einiges an Gesicht und Erfahrungen dazu beitragen, wir können auf persönliche Geschichten hinweisen, die dahinter stehen. Aber wie das Ganze am Ende dann aussieht, wissen wir nicht.

Gegenwind:

Wie es mit dem Ministerium und den Landtagsabgeordneten? Wissen sie, was innerhalb eines solchen Vereins los ist und welche Auswirkung eine Vertagung von Entscheidungen bei Euch hat?

Wyonne Ulrich:

Ja, wir platzieren das immer, wenn wir die Chance haben. Wir sind regelmäßig im Austausch mit Ministerien, Verwaltungen oder Fördermittelgebenden platzieren es regelmäßig in Berichten oder im direkten Kontakt. Demnächst ist z.B. wieder eine Koordinierungsrunde, wo es erneut darum gehen wird. Ebenso ist der Paritätische, bei dem auch wir Mitglied sind, politisch dazu sehr aktiv und nimmt die Herausforderungen bzw. Anliegen seiner Mitgliedsorganisationen mit in die Debatten.

Gegenwind:

Du bist ja von der Kreisverwaltung zum Verein gewechselt. Hast Du jetzt wirklich mehr mit Menschen zu tun? Oder mehr mit Excel-Tabellen und Abrechnungen für das Ministerium?

Wyonne Ulrich:

Nein, ich habe tatsächlich auch mehr mit Menschen zu tun. Ich habe Mitte letzten Jahres meine Kollegin in der Verfahrensberatung mit unterstützt, war auch damit beratend in Bad Segeberg. Ich bin auch vor Ort für kleinere Anliegen zu haben. Gegenwärtig bin ich in die Ehrenamtsbetreuung mit involviert, weil dort eine Kollegin ausgefallen ist. Ich begleite also gerade die Ehrenamtlichen auch bei ihren Umsetzungen, Fragen und Wünschen.

Zugewanderte unterstütze ich gegenwärtig eher bei der Umsetzung ihres Engagements, auf der Suche nach Sprachkursen oder sonstigen individuellen Herausforderungen, Schwierigkeiten und Probleme. Jedoch immer nur punktuell und wenn zwischen Exceltabellen und Berichten etwas Zeit ist.

Gegenwind:

Sind Deine Kontakte zur Kreisverwaltung immer noch gut?

Wyonne Ulrich:

Ja auf jeden Fall. Ich bin sehr dankbar, dass wir tatsächlich mit den Verwaltungen hier vor Ort, nicht nur der Kreisverwaltung, solch einen guten Kontakt haben. Das hilft schon sehr, um Schwierigkeiten oder Fragen manchmal sind die Wege etwas kürzer, es macht vieles, manchmal gibt es nur Missverständnisse zu klären.

Gegenwind:

Hilft denn ein Verband? Ihr seid ja im Paritätischen, und der Verband versucht auch auf Landesebene und Bundesebene manches zu erreichen. Hilft Euch die Mitgliedschaft?

Wyonne Ulrich:

Ja, absolut. Der Verband leistet in unseren Augen unglaublich gute Arbeit. Aber das gilt auch für alle, mit denen wir im Paritätischen vernetzt sind. Wenn es Probleme gab, Schwierigkeiten, egal in welchem Bereich, können wir alle Probleme zurückmelden und es wird weitergegeben. Wir bekommen auch zeitnah Rückmeldung, werden zeitnah über alle Dinge informiert. Das ist unglaublich hilfreich und für uns eine Erleichterung zu wissen, da ist noch jemand, wo wir fragen können, wo wir Unterstützung erhalten, wenn sie gebraucht wird.

Gegenwind:

Wenn Du nachmittags oder abends fertig bist und nach Hause fährst, hörst Du in den Nachrichten eine Politikerin oder einen Politiker, der Dir erklärt: Das Hauptproblem ist, dass es zu wenig Abschiebungen gibt. Was denkst Du dann? Sollte der dann hier Praktikum machen?

Wyonne Ulrich:

Ich persönlich bin derzeit überwältigt von Nachrichten überhaupt. Für uns ist der Alltag ein anderer als für die Personen, die das auf politischer Ebene diskutieren und darüber am Ende entscheiden. Wir haben auch total tolle Menschen auf allen Ebenen, die gemeinnützige Träger wie uns sehr unterstützen. Und ich rate vielen, einfach mal vorbeizuschauen. Hier können sie sehen, wie der Alltag ist, mit was für Problemen kommen die Menschen tatsächlich her. Wie bildet sich die Situation vor Ort ab. Man hat hier viel mehr Einblick in die Realität und dann vielleicht ein bisschen mehr Mitgefühl oder Verständnis für manche Gegebenheiten.

Gegenwind:

Ist die UTS auch manchmal politisch aktiv? Will die UTS etwas an der Stimmung verändern?

Wyonne Ulrich:

Wir als Verein sind primär gemeinnützig, nicht politisch. Im Trägerleitbild und in der Vereinssatzung ist festgeschrieben, dass wir uns für Demokratie, für ein humanistisches Weltbild, ganz einfach für Menschen einsetzen. Das tun wir auch. Damit bezieht man automatisch eine politische Position. Wir bieten Hilfe an, wenn es geht. Sobald es in unserem Rahmen möglich ist, sind wir dabei. Derzeit bin ich in der Planung für den „Tag der Diversität“ mit Akteuren hier in Eckernförde, wir wollen ein Zeichen setzen für Vielfalt, voraussichtlich unter dem Motto „Ein Platz für alle“. Wir tun das, was wir können und was mit unseren Ressourcen zeitlich möglich ist. Unabhängig von politischen Diskursen oder Debatten.

Gegenwind:

Gibt es in diesem Verein eine Zukunftsplanung? Ist das überhaupt möglich? Oder guckt Ihr vor allem nach den Projekten des nächsten Jahres?

Wyonne Ulrich:

Es gibt eine Zukunftsplanung. Die gibt es doch immer. Wie sie dann am Ende genau aussieht, steht aber in den Sternen. Ich plane ja nicht alles alleine, sondern es gibt tolle Kolleg:innen, die mich unterstützen und die für die Zukunft des Trägers entscheidend sind. Gemeinsam gestalten wir das, was möglich ist. Natürlich stehen Fragen im Raum, die nicht zu beantworten sind oder wo der Ausgang nicht planbar ist. Wir wollen als Träger so erhalten bleiben, wie wir sind, wir wollen uns treu bleiben. Es geht auch um die Art und Weise, wie wir arbeiten und wie wir handeln und wie wir die Menschen unterstützen. Das liegt im Fokus.

Gegenwind:

Vielen Dank!

Interview: Reinhard Pohl

Zur Startseite Hinweise zu Haftung, Urheberrecht und Datenschutz Kontakt/Impressum