(Gegenwind 417, Juni 2023)

Neubau mit Wärmepumpe in Kiel
Neubau mit Wärmepumpe in Kiel

Wie schützen wir das Klima?

Heizen schwer gemacht

Neues Gesetz will nur noch klimaneutrale Heizungen

Das Heizen von Häusern ist in Deutschland die Ursache für rund 20 Prozent der klimaschädlichen Gase. Das Problem, auch hier bis 2030 oder 2035 oder 2040 Klimaneutralität zu erreichen, wird schon lange diskutiert. Aber im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern wurde wenig getan. Andere Länder haben energischer Fernwärmenetze gebaut, oder sie haben klimaschädliche Heizungen verboten.

Seit Dezember 2021 ist die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP im Amt. Sie hat sich vorgenommen, den Neueinbau von Heizungen auf der Grundlage fossiler Energien ab 2025 zu verbieten. Im Koalitionsausschuss konnten die Grünen dieses Ziel auf 2024 runterhandeln, da die FDP auf anderen Gebieten das Klima schädigen wollte.

Der Gesetzentwurf liegt dem Bundestag vor, ist aber auch innerhalb der Koalition umstritten. Die FDP hat ihm zwar im Kabinett zugestimmt, distanziert sich aber öffentlich davon. Außerdem wurde der Entwurf innerhalb des Ministeriums federführend vom Staatssekretär Patrick Graichen entworfen, der Mitte Mai aus anderen Gründen entlassen wurde. Das ist für FDP und CDU nochmal Anlass, eine Verzögerung der Diskussion im Bundestag zu fordern, bis ein neuer Ansprechpartner sich eingearbeitet hat. Zuständig ist natürlich eigentlich das SPD-geführte Wohnungsbau-Ministerium, das geht in der Diskussion leicht unter.

Das neue Gesetz soll regeln, dass ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu mindestens zwei Dritteln mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Damit sind Wärmepumpen nicht die einzige Möglichkeit, am wichtigsten bleibt ohnehin Fernwärme. Umstritten ist noch, ob mit Holz betriebene Heizungen als „erneuerbar“ eingestuft werden oder nicht. Gasheizungen bleiben möglich, müssen allerdings mit Biogas statt mit Erdgas betrieben werden.

Wärmepumpen

Eine Wärmepumpe funktioniert im Prinzip wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Sie saugt Luft aus der Umgebung oder der Erde an, es gibt auch Wärmepumpen für Meerwasser oder Flusswasser. Über Wärmetauscher wird Wärme entzogen, die angesaugte Luft wird etwas abgekühlt wieder in die Umgebung entlassen - oder eben das angesaugte Wasser.

Die gewonnene Wärme wird über ein Rohrsystem im Haus verteilt. Der ganze Prozess funktioniert mit Strom. Zur Klimaneutralität kommt es also auf zwei Punkte an:

  1. Wie wird der Strom erzeugt, der die Wärmepumpe betreibt? Wenn es Strom aus Wind oder Sonne ist, ist alles gut.
  2. Wie gut ist das Haus isoliert, wie gut sind die Heizungen gebaut? Heizkörper am Fenster sind weniger effektiv als eine Fußbodenheizung.

Gegner der Wärmewende behaupten deshalb auch, es gäbe überhaupt nicht genug Strom für all die angestrebten Wärmepumpen - und alte Häuser ließen sich nur mit viel Aufwand und hohen Kosten nachträglich isolieren. Aber: Die Isolierung von Häusern hat nichts mit Wärmepumpen zu tun, sondern ist bei einer Ölheizung genauso sinnvoll. Wer bisher klaglos Öl verschwendet hat, kann in Zukunft auch Strom verschwenden - oder klüger werden. Aber auch das hat nichts mit der Wärmewende zu tun.

Warum ist eine Wärmepumpe die erste Wahl? Weil alle Nachbarländer es ausprobiert haben. Dort ist der Neu-Einbau von Heizungen mit alter Technik schon länger nicht erlaubt. Und heute werden in Norwegen 604 von 1000 Häusern mit Wärmepumpen beheizt, in Schweden sind es 427 von 1000, in Finnland sind es 408 von 1000. Und viele dieser Wärmepumpen sind deutsch, weil die drei größten Hersteller in Deutschland vor allem exportieren - in Deutschland werden sie noch zu wenig Wärmepumpen los. Das wird sich aber in den nächsten Jahren mit Sicherheit ändern.

In Deutschland sind bisher 6 von 1000 Haushalten mit Wärmepumpen ausgestattet. Hier zeigt sich aber eine deutlich Wende: Bei Neubauten wurde bereits 2021 die 50-Prozent-Marke überschritten. Das liegt auch daran, weil es bei Neubauten einfacher ist, die Wärmepumpe und die sinnvollen Isolierungen gleich vorzusehen. Es ist deutlich einfach als bei einem „falsch“ gebauten Haus alles nachträglich anzupassen. Allerdings ist es auch falsch, nur auf Neubauten zu setzen - dann dauert das Erreichen der Klimaneutralität noch hundert Jahre, bis alle jetzt existierenden Wohnhäuser abgerissen und neu gebaut sind.

So kostet der nachträgliche Einbau einer Wärmepumpe in einen Altbau mindestens 12.000 Euro, der Preis kann aber auch über 25.000 Euro betragen. Das liegt auch daran, dass die Handwerker:innen knapp und teuer sind - das könnte sich in den nächsten Jahren bessern, wenn die Fachfirmen sich auf die neue Rechtslage einstellen. Wer Ölheizungen oder Gasheizungen einbauen kann, kann den Einbau einer Wärmepumpe schnell lernen.

Im Betrieb sind Wärmepumpen billiger als Öl oder Gas, allerdings teurer als in Schweden oder Norwegen. Dort ist das Gas durch die CO2-Steuer teurer und der Strom billiger. Das könnte Deutschland auch so einrichten, der Strom wird bei einem höheren Windanteil von ganz alleine billiger, und Gas und Öl kann man durch einen höheren CO2-Preis schnell teurer machen, sogar die FDP ist dafür.

Wärmepumpen in Altbauten

Wer eine Wärmepumpe in einem Altbau installieren möchte, braucht nicht unbedingt eine Fußbodenheizung zu haben. Aber die Vorlauftemperatur muss auf 40 oder besser 30 Grad gesenkt werden. Arbeiten Wärmepumpen mit Luft, erzeugen sie mit einer Kilowattstunde Strom ungefähr 3 Kilowattstunden Wärme, bei der Verwendung von Erdwärme sind es 4 Kilowattstunden Wärme. Die staatliche Hilfe bei Einbau liegt bei 25 bis 30 Prozent der Baukosten.

Man braucht einen Pufferspeicher für Heizwasser, damit die Pumpe nicht zu oft an- und ausspringt. Bei Einfamilienhäusern, bei denen die Dämmung oft am schlechtesten und der Verbrauch am höchsten ist, kann sich deshalb ein Solarmodul auf dem Dach oder dem Balkon schnell lohnen - selbst erzeugter Strom ist billiger als der aus dem Netz. Normalerweise reicht eine Photovoltaikanlage im Frühling und im Herbst für die Wärme aus, im Winter muss man etwas Strom aus dem Netz dazu kaufen.

Auch wenn die Wärmepumpen in Altbauten nicht besonders effizient laufen, ist doch klar: Sie sind im Betrieb immer billiger als Gas- oder Ölheizungen. Und wer das Geld für Investitionen auf einen Schlag nicht hat, kann zusätzliche Maßnahmen für die Isolierung oder die Selbstversorgung mit Strom später auch noch durchführen. Man muss nicht alles sofort perfekt einrichten.

Man kann dann in einem Jahr ungünstig stehende Heizkörper umsetzen, in einem anderen Jahr alte Fenster gegen neue tauschen. Schritt für Schritt entsteht so ein effizienteres Haus, und Jahr für Jahr wird damit auch das Heizen billiger.

Bei Mehrfamilienhäusern ist es schwieriger, vor allem im Innenstadtbereich. Im Kommunalwahlkampf wurde die Innenstadt Lübecks thematisiert, in der die Häuser enger beieinanderstehen als zum Beispiel in Kiel oder Flensburg. Aber auch hier ist es möglich: Eine Wärmepumpe kann auch auf dem Dach installiert werden. Falls sie nicht effizient genug für das ganze Haus ist, das ist vor allem bei Wärmepumpen der Fall, die ihre Wärme aus der Luft beziehen, muss man in den einzelnen Wohnung kleine Wärmepumpen installieren, die die gelieferte Wärme von Dach zusätzlich aufheizen - dann reicht es. Wichtig ist dabei ein hohes Interesse an Lösungen, nicht an der Verhinderung von Klimaneutralität.

Wenn die Zahl der installierten Wärmepumpen bis 2025 auf 600.000 pro Jahr steigt, sollten die Kosten pro Installation um durchschnittlich 40 Prozent sinken.

Wie schnell müssen wir sein?

Um die Klimaziele zu erreichen, müssen bis 2030 rund sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland installiert sein. Zur Zeit sind es eine Million. Es müssen mehr als 500.000 pro Jahr dazu kommen, 2021 waren es 154.000. Die jährliche Zahl muss also vervierfacht werden. Für 2023 rechnen die Betriebe mit 350.000 neuen Wärmepumpen, ein Drittel davon in Neubauten, zwei Drittel in Altbauten. Die Installation in Altbauten hat 2021 die Installation in Neubauten überholt.

Studien (siehe Quellenangabe am Schluss) sehen bis 2050 einen Anteil von 75 Prozent an den Heizungen bei Wärmepumpen. Fernwärme wird von heute 9 Prozent auf 14 Prozent steigen. Solar-Heizungen werden einen Anteil von höchstens 4 Prozent erreichen, und Heizungen mit Biomasse (Biogas, Holz) werden bei 10 Prozent liegen.

Schweden hat viel früher und entschlossener mit der Wärmewende angefangen. Heute liegen die Fernheizungs-Systeme bei 57 Prozent der Haushalte, Wärmepumpen bei 40 Prozent, fossile Brennstoffe (Gas, Öl, Kohle) bei 3 Prozent. Dänemark hat den Neueinbau von Öl- und Gasheizungen schon 2013 verboten.

Das kann Deutschland nicht aufholen, muss es aber eigentlich. Das erklärt auch die Hektik in der Diskussion und handwerkliche Fehler in Gesetzesentwürfen. Deutschland will ebenso wie Schweden oder Dänemark, Frankreich oder Niederlande die Klimaneutralität bis 2045 erreichen, ist aber zehn Jahre später gestartet als die anderen oder startet jetzt gerade.

Allerdings sind die Firmen in Deutschland relativ flexibel, ihr Personal aufzustocken und auch die Produktion anzukurbeln. Es wird zwar vor allem über die „großen Drei“ oder Vier gesprochen, das sind Bosch Thermotechnik (4 Milliarden Euro Umsatz), Viessmann (3,4 Milliarden Euro Umsatz), Vaillant (3,3 Milliarden Euro Umsatz), dann mit etwas Abstand Stiebel Eltron (830 Millionen Euro Umsatz). Bei allen hat sich der Absatz von Wärmepumpen in den letzten zwei Jahren stark erhöht, alle planen neuen Produktionsstätten. Es gibt allerdings fast 50.000 Unternehmen und Selbständige auf dem Markt, die alle ihre Kapazitäten erweitern können, wenn sie genug Fachkräfte finden oder diese selbst ausbilden. Soweit die Ausbildung in diesem Jahr startet, kann sie bis 2026 abgeschlossen werden, das ist noch rechtzeitig.

Dazu kommen aber auch NIBE aus Schweden oder Daikin aus Japan. Deutsche Unternehmen können sich gegen die nur behaupten, wenn sie jetzt die richtigen Entscheidungen fällen und sich von der teils merkwürdigen Diskussion in Deutschland nicht beeindrucken lassen.

Was tun?

Wichtig ist, mit dem neuen Gesetz so schnell wie möglich Klarheit zu schaffen. Die Hauseigentümer:innen und die Firmen müssen wissen, welche Heizungen sie 2025 einbauen dürfen und welche nicht.

Dazu gehören auch andere Gesetze. So muss so schnell wie möglich klar sein, wie viel die Freisetzung von CO2 in den nächsten zwanzig Jahren kosten wird - wie sich also die Preis für Öl / Benzin und Erdgas entwickeln werden. Das entscheidet ja auch darüber, wann der beste Zeitpunkt ist, eine alte Heizung durch eine neue zu ersetzen.

Wichtig ist dann, dass die Kommunen festlegen, ob und wie die Fernwärme ausgebaut wird. Wer zum Beispiel 2032 an das Fernwärmenetz angeschlossen wird, sollte bis dahin keine neue Heizung mehr einbauen lassen, wenn die alte Heizung noch so lange durchhält. Diese Pläne müssen aber zuverlässig sein, es ist nicht zumutbar, eine Wartezeit mit Heizlüftern zu überbrücken.

Wärmepumpen sind auch im großen Maßstab möglich und wirtschaftlich. Ein Blick über die Grenze reicht: Esbjerg an der dänischen Nordseeküste hat gerade eine Wärmepumpe fertig gebaut, die die Wärme aus angesaugtem Nordseewasser gewinnt. Rechtzeitig zum nächsten Winter, voraussichtlich im Oktober, läuft sie an und ersetzt das Kohlekraftwerk im Fernwärmenetz. Dann werden 100.000 Menschen mit „grüner“ Wärme versorgt. Die Wärmepumpe braucht 14.000 Kubikmeter Meerwasser pro Stunde und betreibt das Fernwärmenetz mit 90 Grad. Die Wärmepumpe in Dänemark wurde übrigens vom deutschen Unternehmen MAN gebaut (siehe auch: „Das Wunder von Esbjerg“, Der Spiegel 19/2023).

Reinhard Pohl
Diskussionsbeiträge dazu:
redaktion@gegenwind.info

Zum Weiterlesen:

Agora Energiewende (Berlin): Durchbruch für die Wärmepumpe. Studie, November 2022, kostenlos im Internet unter www.agora-energiewende.de

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