(Gegenwind 411, Dezember 2022)

Strom ist das beste Schönheitsmittel - Weil es die Hausfrau länger jung hält. Moderne Elektrogeräte geben der Hausfrau mehr Zeit. Sie waschen automatisch, kochen automatisch ... Deshalb sollten Sie Ihren Haushalt auf elektrische Geräte umstellen. Schon um Ihrer Schönheit willen. Strom: Energie unserer Welt

Fragen zur Energiewende:

Ist Strom wirklich gleichwertig zu Kohle, Öl und Gas?

Das muss man sich wirklich fragen, wenn man liest, dass 30 Prozent aller deutschen Haushalte den Kauf von elektrischen Heizgeräten erwägen und 10 Prozent solche Geräte bereits gekauft haben. Selbstverständlich hat jeder Sorge vor einem Gasmangel im Winter, aber der Versuch, durch die Nutzung von Strom das möglicherweise fehlende Gas zu ersetzen, kann nicht gelingen.

Und dann wird auch noch als einziges Problem einer solchen Kaufentscheidungen genannt, dass Elektroheizungen ein Risiko für die Höhe und die Sicherheit der Stromversorgung darstellten, wenn nämlich viele Menschen elektrische Heizgeräte einschalten würden. Viele Energieversorger warnten daher vor einer solchen Überlastung der Stromnetze. Und so wurde darüber auch von den Journalisten Vicky Isabelle Bargel, Tobias Großekemper und Christine Keck berichtet.

Viele Menschen gehen also offensichtlich davon aus, dass Strom eine gleichwertige Energiequelle wie Gas, Kohle und Öl ist. Das ist aber nicht so.

Bei Strom handelt es sich eben nicht um eine natürliche Ressource, die wir wie Gas, Kohle und Öl aus der Erde fördern können, sondern Strom muss erst aus natürlichen Energieträgern hergestellt werden. Strom wird daher als sekundäre Energie und Gas, Kohle und Öl werden als primäre Energieressourcen bezeichnet. Bei den Begriffen „primär“ und „sekundär“ handelt es sich auch nicht einfach um verschiedene Wörter, sondern dahinter stehen wichtige Unterschiede:

Gas, Kohle und Öl sind endliche Naturstoffe

Auf einem endlichen Planeten sind Naturressourcen nur begrenzt vorhanden.

Bei der Förderung von Gas, Kohle und Öl handelt es sich nicht um menschliche „Produktionen“, sondern lediglich um Extraktionen aus der Erde (Elinor Ostrom). Menschen können diese Naturstoffe nicht herstellen. Gas, Kohle und Öl sind fossile Energien, die aus lebenden Pflanzen und Tieren vor Millionen von Jahren im Erdzeitalter Karbon gebildet wurden.

Bereits 1841 formulierte der deutsche Wissenschaftler Julius Robert Mayer, dass Menschen weder Energie erzeugen, noch zerstören können. Das ist der erste Hauptsatz der Thermodynamik.

Das, was wir jedoch können, ist, die primären Energieträger Gas, Kohle und Öl in eine andere Form umzuwandeln, also in Transportenergie, Wärme und Strom.

Und wenn wir fossile Energieträger in Wärme und Strom umwandeln, dann hat das Folgen: Die darin gespeicherten Klimagase werden freigesetzt. Aus diesem Grund sollten fossile Energieträger im Boden verbleiben.

Jedoch haben wir aufgrund ihrer immer stärkeren Nutzung die globale Klimakrise induziert. Diese nun freigesetzten Klimagase verbleiben jahrhundertelang in der Atmosphäre und verursachen die Aufheizung des Planeten. Das ist die Ursache für die globale Heißzeit.

Weitere bei der Umwandlung auftretende Energieverluste sind: Erstens lassen sich fossile Energieträger nicht 1:1 in Strom umwandeln. Sondern bei ihrer Umwandlung können nur rund zwei Drittel genutzt werden. Ein Drittel wird als Abwärme in die Atmosphäre entlassen. Ingenieure bemühen sich zwar, diesen Nutzungsgrad zu erhöhen. Doch ist die gleichzeitige Abwärmenutzung in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen immer noch nicht die Regel.

Und zweitens verursacht auch der Transport des zentral in Großkraftwerken erzeugten Stroms zu den Verbrauchern 6 - 8 % Energieverluste. Es wäre daher viel ökonomischer, Primärenergie zu transportieren, statt Strom.

Ergo: Strom ist keine „saubere“ Energieform, sondern verlustreiche Sekundärenergie. Daher muss eine effizientere und sparsamere Nutzung von Energieträgern Priorität haben. Der US-amerikanische Biologe und Ökologe Barry Commoner, einer der Begründer der amerikanischen Umweltbewegung, wies bereits vor 50 Jahren darauf hin, dass die Einsparung von Energie die wichtigste Energieressource ist. Allerdings steht einer Reduktion von Stromverkauf selbstverständlich das Interesse der Industrie an neuen Verkäufen entgegen.

Wenn nun Strom für das Betreiben von elektrischen Heizgeräten genutzt wird, dann bedeutet das also nicht nur den Verlust von Ressourcen, sondern auch die Inkaufnahme von schädlichen Klimagasemissionen, denn erst werden primäre Ressourcen unter Verlust in Strom umgewandelt, dann unter Verlust zu den Verbrauchern transportiert, und dort wird der generierte Strom in Wärme umgewandelt. Das ist eine ziemlich unvernünftige Handlungsweise, wenn es doch um rationale und rationelle Energienutzung und einen Stopp von „greenhouse“ Gasemissionen gehen muss.

Warum die Energiewirtschaft in den letzten Jahren so zögerlich dekarbonisiert wurde, ist völlig unverständlich, wenn man sich ihre Folgewirkungen bewusst macht. Doch bedauerlicherweise werden die bisher immer noch ausgeblendet, denn das Interesse an der Kapitalverwertung ist nach wie vor vorrangig.

Zudem muss die Nutzung erneuerbarer Energien endlich beschleunigt werden. Diese sind auch unabhängig von globalen Lieferabhängigkeiten. Und ihr Potential nimmt auch nicht ab, wenn mehr davon verkauft wird. Hatte nicht der Hamburger Internationale Kongress für die Nutzung von Sonnenenergie bereits im Jahre 1977 festgestellt, dass die Sonne jährlich 30.000 mal mehr Energie liefert, als wir benötigen? Hinzu kommt auch noch ein weiterer Vorteil: Sonnenenergie kann kostenlos genutzt werden. Von allen Menschen. Zwar werden genauso wie für die Nutzung fossiler Energieträger Investitionen in Gebäude und Technik nötig, aber Sonnenenergie selbst ist umsonst.

Mein Appell an die Medienschaffenden ist daher: Informieren Sie die Verbraucher über diese Zusammenhänge. Vergessen Sie nie, alle möglichen Folgewirkungen einer Technologie aufzuzählen. Und benutzen Sie nicht länger das Wort „Energieproduktion“, wenn sie über die Produktion von Strom berichten, sondern schreiben Sie über Energieumwandlung oder über die Produktion von Elektrizität.

Vergessen Sie nie, von den Regierungen die sofortige Aufgabe aller öffentlichen Subventionen für fossile Energieträger zu fordern. Und empfehlen Sie den BürgerInnen, keine Anteile von Firmen zu kaufen, die mit fossiler Energienutzung Gewinne machen. So können Sie Ihre LeserInnen unterstützen, sich energetisch und klimatechnisch vernünftig zu entscheiden.

Dr. Irene Schöne
Ökologische Ökonomin
(aus: P. Döring, C. Weltmann, Die Erweckung von Stromhunger, in: Das elektrische Jahrhundert, www.vde.com)

Anmerkungen:

1: so berichtete das Vergleichsportal Verifox (www.verifox.de) am 8. August 2022 über die Ergebnisse einer Umfrage der Innofact AG bei 1.007 Personen im Alter von 18 bis 69 Jahren.

2: im Spiegel vom 20. August 2022, S. 22.

3: Barry Commoner, Energieeinsatz und Wirtsschaftsskrise, 1977.

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