(Gegenwind 394, Juli 2021)

Lämmer vor Atomkraftwerk

Atomares Zwischenlager Brokdorf:

Nach heutigen Sicherheitsanforderungen nicht sicher

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) behauptet, dass vom Standortzwischenlager Brokdorf keine Gefahr ausgehe.

Dabei verschweigt das Bundesamt, dass das Oberverwaltungsgericht Schleswig Defizite bei der Ermittlung und Bewertung von Risiken für das Zwischenlager Brunsbüttel festgestellt hatte. Diese Entscheidung ist durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden und die Genehmigung ist aufgehoben worden. Für das Zwischenlager Brokdorf ist dies von erheblicher Bedeutung, denn das Zwischenlager Brunsbüttel und das Zwischenlager Brokdorf sind baugleich. Die Behörden haben den gerügten Fehler für das Zwischenlager Brokdorf nicht behoben. Die möglichen Folgen eines gewollt herbeigeführten Absturzes eines großen Verkehrsflugzeugs sind bei der Risikoabwägung nicht berücksichtigt worden.

Solche Flugzeugabstürze sind keineswegs abwegig, wie die Vergangenheit zeigt (zwei gekidnappte Verkehrsmaschinen zerstören das „world trade centre“ in New York am 11. Sept. 2001). Für die Luftsicherheit wurde 2003 extra das „Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum“ geschaffen. Es soll verhindern, dass Flugzeuge ihre Flugroute verlassen. Wenn dies passiert, steigen Abfangjäger der Luftwaffe auf. Zum Schutz des AKW Brokdorf ist dies schon zweimal passiert (Renegade-Fall).

Für die Gefährdungslage des Zwischenlagers ist auch zu berücksichtigen, dass die Tatmittel von Außen- und Innentätern durch neue Waffen- und Sprengstoffentwicklungen erheblich durchschlagender sind als noch vor 20 Jahren.

Als das Zwischenlager Brokdorf im Jahr 2003 genehmigt wurde, gab es noch keine Riesengastanker auf der Elbe. Die Höhe möglicher Hochwasser wurde lediglich durch statistische Algorithmen abgeschätzt. Den Einfluss des Klimawandels auf Hochwasserstände hat man damals noch nicht im Blick gehabt. Die Folgen dieser Ereignisse müssen neu bewertet werden.

Was passiert während der für 40 Jahre genehmigten Standzeit des Standortzwischenlagers in den Castoren, in denen sich die hoch radioaktiven Brennelemente befinden? Zukunftsmodelle, die an Experimenten geeicht sind, gibt es für in Deutschland genutzte Castoren nicht. Wie reagieren Brennstofftabletten bei Neutronenbeschuss aus den Spaltnukliden und wie Dichtungsdeckel auf steigenden Druck? Wie können Uran- und Plutoniumansammlungen verhindert werden, die das Innere der Castoren zerstören können?

Dass die genehmigte Standzeit des Zwischenlagers von 40 Jahren ausreicht, bis ein Endlager betriebsbereit ist, bezweifelt ja selbst die BGZ. Sogar maßgeblich eingebundene Sachverständige befürchten, dass die Zwischenlager 60 oder gar 100 Jahre genutzt werden müssen, falls sich die Endlagersuche verzögert. Ist das Zwischenlager dann noch ein Zwischenlager oder schon ein Endlager?

Ein weiterer Kritikpunkt von Brokdorf-akut und der BUND-Kreisgruppe Steinburg stellt die Weigerung von PreußenElektra dar, die Errichtung einer „heißen Zelle“ vorzusehen, in der defekte Castoren hinter dicken Mauern repariert bzw. entladen werden können. Kosteneinsparung ist eben wichtiger als die Gesundheit der Mitarbeiter und Anwohner.

Für die von PreußenElektra beabsichtigte Nutzung des Standortzwischenlagers sind noch 3 Änderungsanträge von der BASE zu genehmigen und eine weitere, um 7 Castoren mit hoch radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield im Zwischenlager Brokdorf aufnehmen zu können. Der damalige Umweltminister Habeck hatte Brokdorf für geeignet erklärt, nachdem das ursprünglich vorgesehene Standortzwischenlager Brunsbüttel seine Betriebserlaubnis per Gerichtsbeschluss verloren hatte. Trotz der geschilderten Gefahrensituation sollen alle Genehmigungsverfahren für das Standortzwischenlager Brokdorf ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgezogen werden.

Das Bundesumweltministerium geht sogar noch weiter: mit dem Referentenentwurf der 17. Novelle des Atomgesetzes soll eine Klagemöglichkeit von Anwohnerinnen und Anwohnern drastisch eingeschränkt werden. So wird - nach unserem Verständnis - die Demokratie ausgehöhlt, weil die Mitwirkung der Öffentlichkeit an gesellschaftlich relevanten Fragen systematisch verhindert wird.

Eilhard Stelzner, Karsten Hinrichsen für Brokdorf-akut
Rainer Guschel für den BUND - Kreisgruppe Steinburg

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