(Gegenwind 384, September 2020)
Marvin Oppong ist schwarz, deutsch und Journalist. Da sein Vater aus Ghana stammte, konnte er sich die Hautfarbe nicht aussuchen. Die Staatsangehörigkeit hat er geerbt. Den Beruf ausgesucht. Was er sich auch nicht aussuchen kann, ist Ziel von Rassismus zu werden. Aber er kann sich wehren. Unter anderem mit diesem Buch.
In dem Buch beschreibt er den Rassismus, dem er als Kind begegnet ist, dann den Rassismus in der Schule und den Alltagsrassismus heute, Rassismus bei der Arbeit und beim Reisen, hier zum Beispiel Polizeikontrollen auf dem Bahnhof.
Es ist aber auch ein Lehrbuch. Der ist Journalist. Er erklärt, was Alltagsrassismus ist und wie man sich wehren kann, mit vielen Beispielen, Verweis auf Gesetze und Schilderung von Verfahren, zum Beispiel über die Diskriminierungsstelle des Bundes als Beschwerdestelle.
Ein Kapitel ist Wörtern und Begriffen gewidmet. Er erklärt, warum man das N-Wort vermeiden sollte, aber auch, warum es „Person of Color“ und nicht „Person of Colour“ heißt. Er erklärt den Unterschied zwischen einer „Schwarzen“ und einer „Farbigen“, warum man den Begriff „Mohr“ ebenso wenig nutzen sollte wie „Mischling“ oder „Mulatte“. Dabei geht er ausführlich darauf ein, woher diese Begriffe kommen, was sie früher für eine Bedeutung hatten, welche Bedeutung sie im Laufe der Zeit angenommen haben.
In weiteren Beiträge geht es um die afrodeutsch oder deutsch-afrikanische Identität des Autor - und um seine „afrikanische Seele“. Denn wenn es ein Treffen mit anderen Schwarzen gibt, sind alle schnell Brüder und Schwestern, vermutlich auch, weil man als Schwarzer in Deutschland nicht oft das Erlebnis hat, viele andere Schwarze zu sehen. Das passiert auf dem Jahrestreffen der „Schwarzen Deutschen“ und wenig anderen Gelegenheiten.
Marvin Oppong beschreibt in einem weiteren Kapitel die Stationen der deutschen Geschichte, die für die Entwicklung des heutigen Rassismus wichtig sind. Er beginnt mit dem 11. September 2001, der ein Klima schuf, in dem „Muslime“ zu Sündenböcken wurden. Es gab jetzt No-go-Arreas in Ostdeutschland und die theoretische Unterfütterung des Rassismus durch Sarrazin. Und dann endete das Flüchtlingsjahr, das Jahr des Willkommens, am Kölner Hauptbahnhof. Was Sylvester genau geschah, wissen kaum welche von denen, die darüber reden - nach den Gerichtsakten: fast nichts. Aber in den Medien wurde der „Nafri“ geschaffen, übrigens ein Kürzel der Polizei, und als Sohn eines Ghanaers und einer Deutschen sieht der Autor ja so aus. Es folgte die Özil-Debatte, die Me-Too-Dabatte. Am Schluss vergleicht der Autor MigrantInnen in der Politik hier mit der Situation in Frankreich.
Der Schluss ist der Zukunft gewidmet. Der Autor fragt zuerst, ob es woanders besser ist, was man ja irgendwie immer hofft. Und dann beantwortet er die Frage, ob Deutschland generell ein Problem mit Rassismus hat. Und das beschreibt er vor allem, um zum wichtigsten Kapitel zu kommen: Was kann man jetzt, damit meint er Dich und mich, gegen den Rassismus tun?
Das Buch ist flott geschrieben und kurzweilig zu lesen, auch wenn das Thema natürlich ernst ist. Aber er bleibt nicht immer so ernst, wenn er zum Beispiel die Diskussion als Erwachsener mit seiner ehemaligen Grundschul-Direktorin über das Kinderspiel „Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann?“ schildert.
Reinhard Pohl