(Gegenwind 355, April 2018)
Gegenwind:
Kannst Du Dich zuerst vorstellen?
Aylin Cerrah:
Ich bin Aydin Cerrah, 21 Jahre alt, Kreistagsabgeordnete im Kreis Plön. Ich komme aus Selent.
Gegenwind:
Du bist jetzt das erste Mal in den Kreistag gewählt worden. Wie bist Du dort aufgenommen worden? Die meisten Abgeordneten sind ja männlich, und sie sind älter als Du.
Aylin Cerrah:
Am Anfang war es schon etwas ungewohnt. Ich glaube, es war auch für mein jeweiliges Gegenüber ungewohnt, dass jetzt generell in der SPD so junge Menschen vor ihm standen, wie Christian Otto und ich - der Genosse von mir ist noch ein Jahr jünger. Als wir in den Kreistag gekommen sind, waren wir 19 und 20 Jahre alt. Ich glaube schon, dass die anderen etwas verblüfft waren. Besonders in der CDU-Fraktion sitzen eher Leute, die schon sehr lange dabei sind. Unsere eigene Genossinnen und Genossen haben uns gut aufgenommen, Christian und ich sind sogar stellvertretende Fraktionsvorsitzende geworden. Wir sind jung und neu, das ist etwas untypisch. Für mich war es super, ich durfte auch bei den Kooperationsgesprächen mit den anderen Parteien dabei sein. Man hat den anderen etwas angemerkt, dass sie irritiert waren, aber im Grunde genommen waren sie doch freundlich. Zumindest anfangs. Bis wir dann ein Gespräch mit der CDU hatten, und Herr Leyk sagte, die neuen Abgeordneten mögen sich doch bitte bei der Wahl des Kreispräsidenten enthalten, denn sie könnten die Kandidaten nicht gut genug kennen um mitzuwählen. Das hat er auch in der ersten Kreistagssitzung so geäußert.
Gegenwind:
Es ist ja eigentlich normal, dass die größte Fraktion im neuen Kreistag jemanden als Kreispräsident vorschlägt, und alle anderen sagen "ja". Wie war das diesmal im Kreistag?
Aylin Cerrah:
Das war sehr, sehr spannend. Meine Fraktion konnte mit Werner Kalinka nicht leben. Zum einen habe ich das von den alten Hasen aus der Partei schon gehört, wollte mir aber auch selbst ein Bild machen. Ich habe dann auch Herrn Kalinka kennen gelernt, mich mit ihm unterhalten, und aufgrund der Erfahrungen meiner Genossinnen und Genossen, aber auch aufgrund meines eigenen Bildes, konnte ich nicht für ihn stimmen. Dies ging mehreren Fraktionen so. Mit einer Mehrheit haben wir es dann geschafft, Kalinka als Kreispräsidenten zu verhindern. Aber es hat sehr, sehr lange gedauert, weil Herr Kalinka ein sehr großes Ego hat, und wirklich darauf bestanden hat, vier Wahlgänge durchzuführen. Wir mussten die erste konstituierende Sitzung abbrechen und an einem anderen Tag fortführen, nur weil er nicht von seiner Position und seiner Kandidatur weichen wollte. Die Sitzung abzubrechen, hat schon sehr viel Mühe gekostet. Wenn es nach der CDU-Fraktion gegangen wäre, hätten wir an dem Abend noch weitere Wahlen durchgeführt.
Gegenwind:
Bist Du zwischendurch von eigenen Parteigenossen oder von anderen Abgeordneten angesprochen worden, dass Du Dich bewegen sollst?
Aylin Cerrah:
Von eigenen Leuten nicht. Wir sind standhaft geblieben, wir waren einer Meinung, und die wollten wir auch gemeinsam vertreten. Und von den anderen? Herr Kalinka selbst hat versucht, nochmal etwas zu machen. Vor der Kreistagssitzung, als die alten Kreistagsabgeordneten, die jetzt nicht mehr weitermachen, entlassen worden sind, hat er auch das Gespräch gesucht. Ich habe ihn auch gefragt, ob er überrascht sei. Es gab ja eine Pressemitteilung mehrerer Fraktionen, in der sie bekannt gegeben haben, dass sie ihn nicht wählen werden. Und da war für mich auch schon klar, dass ich ihm nicht meine Stimme geben werde. Und bei den Kooperationsgesprächen und im Kreistag selbst wurde auch darüber gesprochen. Aber es kam niemand speziell auf mich zu mit der Bitte meine Meinung doch zu ändern.
Gegenwind:
Hat er Dir denn leid getan?
Aylin Cerrah:
Nein. Ich denke, man muss in der Politik Kompromisse eingehen. Und man kann nicht immer seinem eigenen Ego so viel Platz geben. Man muss an die Gemeinschaft denken, und das hat er nicht getan, und dementsprechend hat er mir auch nicht leid getan.
Gegenwind:
Im fünften Wahlgang gab es dann einen anderen Kandidaten. Hat der Dich überzeugt? Oder hast Du ihn gewählt, damit Schluss ist?
Aylin Cerrah:
Herr Leyk hat mich nicht überzeugt. Auch ihm habe ich ein Nein gegeben. Mir war aber bewusst, dass er gewählt werden würde. Das Vorschlagsrecht ist da, wir können uns nicht aussuchen, wer gewählt wird. Aber für mich war er untragbar, als er gesagt hat, die neuen Abgeordneten mögen sich enthalten. Dementsprechend habe ich das so aufgefasst, dass wir beide ein anderes Verständnis von Demokratie haben, und habe mich diskriminiert und angegriffen gefühlt. Aus diesem Grund gab es ein Nein von mir.
Gegenwind:
Ihr habt dann ja Kooperationsgespräche geführt. Mit welchen Fraktionen? Mit welchem Ergebnis? Du hast sicherlich nicht mit allen Fraktionen sprechen wollen.
Aylin Cerrah:
Wir haben mit der CDU gesprochen, dann mit den Grünen, der KWG und den Linken. Ich muss sagen, schwierig ist für mich die Zusammenarbeit mit den beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen und der CDU. Die sind doch sehr polarisierend. Aber wir sind uns als Fraktion einig, dass wir generell keine feste Kooperation wollen. Ich finde auch, das behindert die Arbeit oft. Ich befürworte, dass wir ganz demokratisch versuchen, für unsere Anträge eine Mehrheit zu suchen. Das kann mit den Grünen sein, wenn wir inhaltlich übereinstimmen, das kann aber auch mit der CDU sein, wenn wir inhaltlich übereinstimmen.
Gegenwind:
Wie war denn Dein Weg zur Kandidatur? Was hast Du vorher in der SPD gemacht? Musstest Du Dich durchsetzen, um für den Kreistag kandidieren zu dürfen?
Aylin Cerrah:
Ich hatte das Glück, dass ich unterstützt worden bin. Ich finde, das passiert in der SPD für junge Kandidatinnen und Kandidaten viel zu wenig. Bei uns im Kreis Plön lief es aber sehr gut. Ich war Juso-Kreisvorsitzende und stellvertretende Juso-Landesvorsitzende. Ich war Beisitzerin im Kreisvorstand und bürgerliches Mitglied in der Fraktion. Ich habe also früh angefangen, mit 18 Jahren war ich Teil der Fraktion, ich war im Ausschuss für Schule, Kultur und Sport. Ich habe mich so gut es ging eingebracht. Ich habe auch gesagt, dass ich kandidieren möchte, auch gerne in meinem Wohnort, also Wahlkreis Selent-Schlesen. Und das war von Anfang an unstrittig, auch die älteren Genossinnen und Genossen haben das so gesehen und mich, ohne dass ich danach gefragt habe, auf Platz 2 der Liste gesetzt, wofür ich sehr dankbar bin.
Gegenwind:
Gab es denn für Dich Probleme im Wahlkampf? Du hast ja erkennbar keinen typisch deutschen Namen.
Aylin Cerrah:
Die meisten Menschen sind mir freundlich begegnet. Es gab Leute, die mich nicht gewählt haben, das sieht man ja auch an den Wahlergebnissen. Es gab ja auch viele Leute, die die AfD gewählt haben. Ich habe viel Wahlkampf von Tür zu Tür gemacht, mir hat niemand ins Gesicht gesagt, wenn er mich nicht mochte. Das kam dann eher auf den Stimmzetteln, persönlich waren die meisten freundlich. Viele waren auch dankbar. Es ist nicht mehr üblich, dass Leute klingeln und sich vorstellen, und ich habe sehr viel für mich mitgenommen. Manchmal hat man ja seine eigenen Vorstellungen von Politik, und die Bürgerinnen und Bürger haben ganz andere Anliegen, die einem gar nicht bewusst sind. Denen fallen vielleicht ganz andere Dinge auf als mir. Dementsprechend habe ich mir viele Notizen gemacht, die ich dann mitgenommen habe in meine Arbeit. Es gab aber eine Sache: Meine Plakate wurden abgehängt. Hätte ich das gewusst, hätte ich mehr bestellt. Der Umwelt zuliebe wollte ich nicht allzu viele Plakate drucken lassen, aber viele wurden abgehängt. Und niemand hatte den Mut, mir ins Gesicht zu sagen, was er gegen mich hat. Ich glaube, dass es nichts Inhaltliches ist, sondern einfach meine Person an sich. Mein Migrationshintergrund hat schon öfter eine Rolle gespielt. Ich habe ja früher schon mal Morddrohungen erhalten, und wenn ich was poste, werde ich schnell mit Hass konfrontiert. Entweder wenn ich mich für Feminismus und Antirassismus einsetze oder gegen andere Formen der Diskriminierung.
Gegenwind:
Hast Du im Kreistag schon was gehört? Da sitzt ja auch die AfD mit einer zweiköpfigen Fraktion und einer Einzelabgeordneten. Denen gefällt ja auch nicht jede Einwanderung.
Aylin Cerrah:
Nein, direkt noch nicht. Ich hatte mich mit Karin Kaiser, der Einzelabgeordneten, unterhalten, zusammen mit einer anderen Genossin, die auch türkische Wurzeln hat, und sie mal direkt gefragt. Sie scheint da nicht so sehr auf AfD-Linie sein. Bei den anderen beiden bin ich mir nicht sicher, aber es hat bisher niemand vor mir rechte Parolen geäußert. Wobei Dennis Wamhoff, der im Kreistag sitzt, Artikel im Internet veröffentlicht hat, in denen er Geflüchtete als "Invasionswelle" bezeichnet. Ich kann mir also denken, was er für ein Gedankengut in sich trägt.
Gegenwind:
Was sind denn die Schwerpunkte der SPD-Fraktion in dieser Wahlperiode?
Aylin Cerrah:
Wir sind dieses Mal sehr breit gefächert. Das liegt auch daran, dass wir verschiedene Altersgruppen in der Fraktion haben. Außerdem sind wir paritätisch besetzt. Wir haben deshalb viele verschiedene Perspektiven. Zum einen möchten wir uns im sozialen Bereich weiter aufstellen. Wir wollen zum Beispiel die Tafeln und andere soziale Verbände und Vereine noch stärker zu unterstützen. Der Bereich Schule, Kultur und Sport ist ein Schwerpunkt. Die maroden Schulen wollen wir sanieren, teilweise einige Bereiche neu bauen und die Schulen natürlich modernisieren. Schule muss für Schüler*innen kostenfrei sein. Dazu zählt auch der ÖPNV. Ich wollte gerne, dass die Schülerinnen und Schüler der Oberstufen kein Geld für ihre Tickets bezahlen müssen. Das ist natürlich nicht sofort durchgegangen, dass alle ihr kostenfreies ÖPNV-Ticket bekommen, aber immerhin können jetzt 25 Prozent erstattet werden, dafür gibt es inzwischen Antragsformulare. Wir wollen demnächst gucken, wie das angenommen wurde, ob man dann vielleicht die Kosten noch weiter senken kann. Das hängt davon ab, wie die Leute es genutzt haben. Und wir haben den ÖPNV auch gestärkt. Es gibt ein Pilot-Projekt in der Ecke Lütjenburg, die Anruf-Linien, Taxis. So wollen wir den ÖPNV ausbauen, mehr Orte erreichen und mehr Zeiten anbieten. Das Projekt soll ausgeweitet werden.
Gegenwind:
Was sind Deine persönlichen Schwerpunkte?
Aylin Cerrah:
Meine persönlichen Schwerpunkte liegen zum einen im Bereich Bildung. Ich war lange Zeit aktiv im Landesschülerparlament. Und ich würde mir für den Kreis Plön ein Kreis-SchülerInnen-Parlament wünschen und/oder ein Jugendparlament. Wie das genau aussehen soll, weiß ich noch nicht. Es gibt die Möglichkeit, dass man feste Delegierte aus den Schulen entsendet, die zu einem Parlament zusammen kommen. Das strebe ich an. Oder man veranstaltet ein Jugendparlament, das ist dann eine einmalige Veranstaltung. Super wäre, man organisiert beides. Ich möchte die Demokratie stärken. Wir haben das Problem, dass viele Leute einfach nicht mehr wählen gehen, und deshalb müssen wir bei den jungen Menschen anfangen. Wer einmal nicht wählen geht, wird wieder nicht wählen gehen. Und dann ist es vorbei. Wir müssen Menschen rechtzeitig erreichen, und zwar genau dann, wenn sie wählen dürfen. Wir müssen den Leuten Demokratie näher bringen. Dafür gibt es ja auch viele gute Projekte, die schon da sind, oder Planspiele. Und in dem Bereich möchte ich was machen, wie genau das aussehen wird, ist noch offen.
Und ich bin ja auch im frauenpolitischen Beirat aktiv. Ich finde, der bekommt viel zu wenig Anerkennung. Wir haben kein Budget mit dem wir arbeiten können. Wir haben zwar einen Gleichstellungsausschuss, aber dort werden Probleme, die Frauen betreffen, nicht so stark thematisiert wie im frauenpolitischen Beirat. Ich möchte die Dinge, die wir dort besprechen, weiter nach außen tragen. Da geht es auch um die Frauenhäuser zum Beispiel. Das Frauenhaus müssten wir auch besser unterstützen. Die bekommen viel zu wenig Gehör. Und wenn man sich anhört, was die Frauen erlebt haben, die dort wohnen, wie schrecklich das ist - das sind Dinge, um die muss man sich sofort kümmern, das kann nicht warten. Wir müssen da agieren und zeigen, dass das kein "unwichtiges Frauenthema" ist. In der Fraktion habe ich vorgeschlagen, dem Frauenpolitischen Beirat ein Budget zur Verfügung zu stellen. Das hat Zustimmung gefunden. Damit könnten wir zum Beispiel unsere Veranstaltungen finanzieren. Für unsere "100 Jahre Frauenwahlrecht"- Veranstaltung mussten wir beim Kreispräsidenten nach Geld fragen. Bleibt zur hoffen, dass die anderen Fraktionen dem zustimmen.
Gegenwind:
Ihr hattet da auch einen Konflikt im Kreistag. Die großen Fraktionen sollten Vertreter für die Verkehrsbetriebe vorschlagen. Die habt Ihr gewählt, aber die Landrätin hat gesagt, so geht es nicht. Warst Du damit befasst? Hast Du dazu eine Meinung?
Aylin Cerrah:
Direkt in der ersten Kreistagssitzung wurden drei Männer vorgeschlagen. Und als es hieß, es gibt doch dieses Gleichstellungsgesetz, habe ich gegen meine Fraktion gestimmt, also mit Nein gestimmt. Es war für mich nicht tragbar, dass dort drei Männer sitzen. Wir haben ja vorhin über das Vorschlagsrecht gesprochen. Das ist etwas, das tastet niemand an, das ist so. Wenn es um das Thema Gleichstellung geht, dann wird es so ausgelegt: Das kann man so machen, aber man muss es nicht. Das stimmt aber nicht, es ist ein Gesetz. Aber wenn es um Gleichstellung geht, wird das nicht ernst genommen, und das hat mich unglaublich gestört. Da habe ich auch noch ein bisschen Streit in meiner eigenen Fraktion gehabt, denn bei uns hieß es, wir haben die beste Frauenquote, die anderen müssen sich bewegen. Doch ich bin sehr überzeugt von unseren Werten und Idealen, für mich sind Solidarität und Feminismus keine Floskeln. Obwohl ich den Einwand meiner Fraktion verstehen kann, dass bei der CDU kaum Frauen sind und die Frauen besser vertreten sein müssen. Natürlich können wir das dann den Männern nicht überlassen, dass sie die ganzen Posten übernehmen. Ich bin jetzt gespannt, wie es weiter geht. Ich hoffe, dass die CDU sich bewegt und eine Frau aufstellt. Mir wäre es aber viel lieber, wir würden zwei Frauen aufstellen. Weil in der Vergangenheit alles komplett männerdominiert war, und das Gleichstellungsgesetz gibt es eigentlich schon viel, viel länger. Nur jetzt gibt es Leute, die endlich darauf pochen. Dementsprechend würde ich mich freuen, wenn zwei Fraktionen jeweils eine Frau vorschlagen.
Gegenwind:
Den Konflikt gibt es ja in mehreren Kreistagen, zum Beispiel in Nordfriesland. Hast Du da Kontakte?
Aylin Cerrah:
Ich habe einen Text aus Husum bekommen, da gab es ja den Rechtsstreit. Daran habe ich mich orientiert. Wir haben den Gesetzestext gelesen, auch die Gleichstellungsbeauftragte hat uns etwas drüber gesagt. Das Gesetz ist eigentlich schon uralt, und zwar von 1994, aber erst jetzt befassen wir uns damit. Das zeigt, was unsere Gesellschaft von Gleichstellung hält.
Gegenwind:
Ihr hattet auch ein bisschen Streit um die Erntekrone. Hast Du den Konflikt verstanden?
Aylin Cerrah:
Ich habe die Argumente der Grünen nicht ganz nachvollziehen können. Ich fand das nicht schlimm. Die Grünen sind aus der Kreistagssitzung rausgegangen, weil sie nicht dabei sein wollten, wenn die Erntekrone übergeben wird. Wenn ich das richtig verstanden habe, meinen sie, dass nicht nur die Landfrauen gute Arbeit leisten, sondern auch andere, und es wäre eine alte Tradition, die überflüssig ist. Ich fand das aber persönlich ganz nett mit der Erntekrone, auch die Arbeit wertschätzen. Natürlich kann man auch von anderen die Arbeit wertschätzen. Aber diese Tradition ist einfach da, und ich hätte es den Landfrauen gegenüber als unhöflich empfunden, jetzt zu sagen, wir möchten euch nicht mehr im Kreistag haben.
Gegenwind:
Hast Du persönliche Pläne? Willst Du noch mehr werden als Kreistagsabgeordnete?
Aylin Cerrah:
Das weiß ich noch nicht. Ich bin seit einem halben Jahr im Kreistag, und ich bin jetzt überraschenderweise stellvertretende Bürgermeisterin von Selent geworden. Ich sehe mich erstmal hier. Ich möchte gerne mitgestalten. Ich habe meine Wählerinnen und Wählern, aber auch denen, die mich nicht gewählt haben, ein Wahlversprechen abgegeben. Ich möchte noch so viel erreichen, und es sind fünf Jahre, die ich dafür Zeit habe. Die möchte ich jetzt erstmal intensiv nutzen, um auch kommunalpolitische Erfahrung zu sammeln. Das hilft mir weiter, und wie es danach weitergeht, wird sich zeigen.
Gegenwind:
Welche Punkte willst Du in fünf Jahren fertig haben?
Aylin Cerrah:
Zum einen will ich das Jugendparlament bzw das Kreisschüler*innenparlament durchgeführt haben. Ich möchte junge Menschen mobilisieren, und ich möchte in fünf Jahren zurückblicken und zufrieden sein. Mir ist das unglaublich wichtig, weil ich das in der Schulzeit auch miterlebt habe. Ich war Schülersprecherin, ich war im Schülerparlament, und ich glaube, dass die Meinung der Jüngeren viel zu kurz kommt. Dabei müssen die jeden Tag genauso in der Schule sitzen wie die Lehrkräfte.
Und im Bereich Schule möchte ich in fünf Jahren sagen können, wir haben unsere kreiseigenen Schulen gut ausgestattet. Am Bildungssystem können wir leider nichts machen, aber wir können unterstützen, wir können mehr Demokratieverständnis fördern und die Ausstattung generell verbessern. Ich möchte nicht, dass wir marode Schulen haben. Hätten wir mehr Geld, wäre es einfacher. Ich weiß, dass dort große Summen im Spiel sind. Aber ich möchte in fünf Jahren zurückblicken und sagen, ich habe das, was ich in fünf Jahren tun kann, auch gemacht.
Und natürlich im Gleichstellungsbereich: Ich hoffe, dass ich gemeinsam mit anderen Gleichgesinnten innerhalb des Kreistages ein besseres Verständnis für Gleichstellung schaffen kann. Vielleicht gibt es dann überparteilich im nächsten Kreistag bessere Plätze für Frauen.
Gegenwind:
Vielen Dank.
Interview: Reinhard Pohl