(Gegenwind 355, April 2018)

Auftaktveranstaltung des Projektes DISSkriminierung

Diskriminierung:

Ein soziales und politisches Problem

Projekt „DISSkriminierung” startet öffentlich

Im Oktober 2017 wurde in der Türkischen Gemeinde in SchleswigHolstein e. V. ein neues Projekt mit dem Namen „DISSkriminierung” gestartet, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Programms Demokratie Leben gefördert wird.

Das Ziel dieser Arbeit ist, einen Ort bzw. eine Plattform zu schaffen, auf der von Diskriminierung Betroffene:

Zehn Jugendliche, die (potentiell) selbst von Diskriminierung betroffen sind, werden bis zum Ende der Projektlaufzeit zu Multiplikator_innen ausgebildet, um landesweit weitere Workshops und Miniprojekte umzusetzen, an denen weitere Jugendliche teilnehmen.

Auftaktveranstaltung DISSkriminierung

Perspektiven von Empowerment

Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus fand am 15.3.2018 im Ratssitzungsaal der Stadt Pinneberg in Kooperation mit dem Kriminalpräventiven Rat die Auftaktveranstaltung des Projektes „DISSkriminierung” statt. Die Veranstaltung hatte zum Ziel, das Projekt und seine Ziele vorzustellen.

Zu Beginn des Abends spiegelten junge Menschen vom Projekt Woodvalley Movement mit einem musikalischen Beitrag ihre Erfahrungen zum Thema Integration wider. Dabei äußerten sie sich kritisch gegenüber der Mehrheitsgesellschaft und zeigten auf, dass Integration keine Einbahnstraße ist.

Der Landesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein e. V., Herr Dr. Cebel Küçükkaraca, begrüßte die zahlreichen Anwesenden im Ratsitzungssaal des Rathauses Pinneberg und betonte: „Es ist unsere Pflicht, als demokratische Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftliche Entwicklungen und Debatten mit einem wachsamen Auge zu verfolgen und sie kritisch zu hinterfragen. Nur so können wir Rassismus und Diskriminierungen aufdecken und Schritt für Schritt überwinden, um unsere friedliche, demokratische Gesellschaft zu bewahren.”

Anschließend begrüßte die Pinneberger Bürgermeisterin Urte Steinberg das Publikum. Sie ging in ihrem Grußwort auf die Themen Rassismus sowie Diskriminierung ein und definierte diese als soziale und politische Probleme. Als Lösung zeigte sie auf, dass Strukturen im Bildungsbereich geschaffen werden müssen und fand warme Worte für den Einsatz der Türkischen Gemeinde in Schleswig Holstein e.V. (TGS-H) sowie das Projekt „DISSkriminierung”.

„Leider kann man nicht sagen, dass es keinen Rassismus gäbe, aber es hilft uns, wenn wir ihn als das betrachten, was er ist: Ein soziales und politisches Problem, das wir lösen können und müssen. Genau an diesem Punkt setzt Ihre lobenswerte Kampagne an. Diversität - Inklusion - Selbstvertrauen - Selbstermächtigung. Das sind Ihre Stichworte,” sagte die Bürgermeisterin der Stadt Pinneberg, Urte Steinberg.

Rassismus und Diskriminierung sind für Menschen mit Migrationshintergrund und People of Color wichtige Themen, bei denen nicht weggeschaut werden darf. Ferner unterscheiden Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen die Menschen nicht nur auf individueller Ebene, sondern werden vor allem als gesamtgesellschaftliches Phänomen (re-)produziert. So betonte Dr. Cebel Küçükkaraca, dass der Kampf gegen Rassismus und die dafür notwendige Sensibilisierungsarbeit in der Gesellschaft weiterhin notwendig sind und in vielerlei Hinsicht auch die Arbeit der TGS-H ausmachen.

Die Landtagsabgeordnete Aminata Touré machte deutlich, „dass Rassismus kein individuelles Problem darstellt, und ermutigte Menschen mit Diskriminierungserfahrungen, diese als solche zu benennen und darüber zu sprechen. Das stelle keine eigene Positionierung in einer Opferrolle dar, sondern sei ein Ausdruck von Menschen of Color, Kritik zu formulieren.” Denn von alltäglichen Diskriminierungserfahrungen zu berichten, ist in der (eigenen) Empowermentarbeit eine zentrale Säule.

In seinem Kurz-Vortrag „Mit Selbstbewusstsein gegen Diskriminierung” konnte Reinhard Pohl, seines Zeichens Journalist und freier Autor des Magazins Gegenwind und Vorstandsmitglied des Antidiskriminierungsverbandes, basierend auf seiner langjährigen Auseinandersetzung mit den Themen Migrationspolitik, Asylrecht und strukturellem Rassismus, auf einige Kernaspekte der Situation und Strukturen in Schleswig-Holstein eingehen. Tiefergreifende Ausführungen dazu finden sich auch in seiner Broschüre „Diskriminierung - Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz” zum Nachlesen.

Mohammed Shehata hat das Publikum zum Lachen gebracht, mit vielen persönlichen Erfahrungen gespickt, hat er gezeigt, wie ist es, wenn die Deutschen einem sagen, sie behandeln alle gleich. Doch wenn sie alle immer gleich schlecht behandeln, dann merkt man das. Die Bio-Deutschen sammeln eben Briefmarken und Weinflaschen, Mohammed Shehata sammelt schlechte Erfahrungen - welche er in seiner Standup Comedy mit viel Humor und Charme zum Ausdruck gebracht hat.

Ab von der Bühne und den Redebeiträgen wurde die Veranstaltung auch von jungen Künstlern mit Migrationshintergrund aus Pinneberg begleitet. Die Anwesenden wurden von dem Zauberer Elias Noro mit seinen Zaubertricks begeistert und von dem noch jungen Künstler Faisal mit der Ausstellung seiner künstlerischen Werke beeindruckt. Möglich wurde dies durch eine Zusammenarbeit mit dem lokalen Jugendzentrum Geschwister-Scholl-Haus Pinneberg dessen Technikgruppe auch die Betreuung Tontechnik übernahm.

Phasenkind hat mit seinem Song „Frei wie ein Vogel” über Mut und den Glauben an sich selbst zum Nachdenken angeregt. Der Baglama Kurs der TGS-H hat das Publikum eingeladen, den Klängen der Saz zu lauschen. Das gemeinsame Spielen ist auch Ausdruck sich mit den eigenen kulturellen Bezügen der Herkunftsfamilie auseinanderzusetzten.

Zum Abschluss haben sich zwei postmigrantische Jugendliche vorgestellt. Sie erzählten, dass sie oft als Person mit Migrationshintergrund gelabelt werden, sich selber aber eigentlich deutsch fühlen. Mit ihrem Beitrag haben sie das Publikum auf das zentrale Anliegen der Veranstaltung gebracht: Partizipation. Und so war das Publikum aufgefordert, sich selber in Form von Murmelgruppen und einem gemeinsamen Austausch einzubringen.

Durch den Abend führten Aysel Atasoy-Boyraz und Aljoscha Tischkau, die seit Oktober 2017 das Projekt DISSkriminierung in der Türkische Gemeinde in Schleswig Holstein e.V. umsetzen. Die TGS-H ist Träger_in des Projektes und wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben” umgesetzt, welches vom „Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend” gefördert wird.

Verabschiedet wurden alle mit einem musikalischen Beitrag der Band KiEliete.

Aysel Atasoy-Boyraz
Aljoscha Tischkau

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