(Gegenwind 350, November 2017)

Foto von dem z.T. verschmutzten und geschändeten Kindertransportmahnmal des Bahnhofes Dammtor
Foto von dem z.T. verschmutzten und geschändeten Kindertransportmahnmal des Bahnhofes Dammtor

Mit Antisemitismus in das Studium der Politikwissenschaften?

In der AStA Uni Hamburg Willkommenswoche der Universität Hamburg des 2.10. - 7.10.17 bezog sich auf der Veranstaltung „Wie sollte Studium sein?” an dem Tag der Einheitswerdung Deutschlands ein Student positiv auf die Bildungspolitik von 1933 bis 1939.

Der Student begründete seine Position damit, dass der AStA der Universität zu politisch sei, weshalb er diesen ablehne. Mit der Aussage der AStA sei zu politisch meinte dieser Student allerdings, dass ihm der AStA zu linkspolitisch sei. Nachdem ich den Vorfall im Plenum thematisierte und mich bei meiner Gegenrede auf die rassistische Komponente bezog sagten Mitstudierende, dass es nur ein Missverständnis gewesen sei und er den Vergleich aus Versehen zog. Sie sahen nicht, dass der Vergleich mit der Shoah nicht einfach so gezogen wird!

In der darauffolgenden Woche wurden wir in der Orientierungseinheit meines Bachelorstudiums der Politikwissenschaften in Kleingruppen eingeteilt. In meiner eingeteilten Kleingrupe sind wir 30 bis 40 Student*innen. In dieser Kleingruppe machten wir eine Führung über den Campus der Universität Hamburg. Während diesem Rundgang wurde uns über die Folgen der Shoah berichtet. Es wurde uns von „Die Weiße Rose” berichtet, welche Flyer bis nach Hamburg brachte. Weiterführend wurde uns von den faschistischen Zügen berichtet, die die Universität annahm, und es wurde uns von dem Platz der Deportierten berichtet, welcher unmittelbar neben der Universität liegt.

Die Kleingruppe spielte während des gesamten Rundganges Musik, und das auch während dem Bericht über die Weiße Rose, den Platz der Deportierten und dem Entmachten von Professor*innen der Universität Hamburg durch die Nationalsozialist*innen. Verhöhnt wurden die betroffen jüdischen Dozenten, welche durch die Nationalsozialist*innen aus dem Amt gehoben wurden von der Kleingruppe damit, dass neben der Büste eines der betroffenen Juden amüsiert posiert und in dessen Mund eine Zigarette gesteckt wurde. Danach wurde das Bild, dass von dem geschilderten Ereignis gemacht wurde als Whatsapp-Anzeigebild eingestellt.

Auf meine Kritik: „Das Bild ist vor dem geschichtlichen Hintergrund nicht amüsant. Die Büste zeigt einen Menschen der aufgrund seiner politischen Haltung von den Nationalsozialist*innen seines Amtes beraubt wurde”, wurde mir von dem Teamer entgegnet: „[...] ich verstehe deine Argument und gut, dass du das Bild geändert hast.” Ich erweiterte meine Kritik mit den Worten: „Zusätzlich muss ich noch kritisieren, dass während dem Bericht über den Platz der Deportierten und dem Entmachten von Professor*innen von uns Musik gespielt wurde.” Nach meiner Kritik fand es ein an dem Bild beteiligter Student amüsant das Bild erneut als Anzeigebild zu nutzen.

Woraufhin ich fassungslos erwiderte: „XYZ, findest du es berechtigt dich über das Gedenken an Jüd*innen denen ihre Zulassung genommen wurde zu amüsieren? Ich verstehe dieses fehlende Geschichtsbewusstsein nicht. Muss ich wirklich erläutern warum es nicht amüsant ist das Bild erneut zu nutzen, welches die Büste eines Juden zeigt, in dessen Mund eine Zigarette gesteckt und daneben amüsiert posiert wurde, dem während der Shoah die Zulassung entzogen wurde?” Daraufhin wurde ich als streitlustig diffamiert.

Nach erneuter Thematisierung vor unserer Teamerin sagte mir diese, dass Jüd*innenwitze nicht antisemitisch und Geschehenes schwarzer Humor sei! Die Teamerin weiter: Ich könne von einem Politikwissenschaftskurs nicht erwarten, dass dieser bezüglich der Erinnerungskultur politisiert sei.

Sarah Rambatz

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