(Gegenwind 345, Juni 2017)


Landtagswahl in Schleswig-Holstein:

CDU gewinnt, SPD verliert

Überraschung in Schleswig-Holstein: Die Menschen wählen anders, als die Meinungsforschungsinstitute glauben. Denn diese fragen eine kleine Anzahl von Menschen, und dann wird „hochgerechnet”. Sie sahen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU, sie sahen eine starke Nazi-Partei. Es kam aber anders: Die CDU, die Grünen und die FDP gewannen verglichen mit der vorigen Landtagswahl 2012 Stimmen dazu. SPD und SSW verloren Stimmen. Die Nazis von der AfD traten erstmals an, bekommen 5,9 Prozent und sitzen im Landtag, sind aber schwächer als im Osten oder auch im vorigen Jahr.

Wahlergebnis

Im neuen Landtag sind die Sitze so verteilt:

CDU 25 Sitze
SPD 21 Sitze
Grüne 10 Sitze
FDP 9 Sitze
AfD 5 Sitze
SSW 3 Sitze

Das sind zusammen 73 Sitze, obwohl die Verfassung nur 69 Sitze vorsieht. Aber die Verfassung sieht auch vor, dass die Sitze nach dem Ergebnis der Zweitstimmen verteilt werden. Danach hätte die CDU mit 32,0 Prozent eigentlich nur 24 Sitze erhalten. Es wurden aber 25 Direktkandidaten gewählt - einer mehr („Mehrsitz”). Zum Ausgleich bekamen auch SPD und SSW jeweils einen Sitz mehr („weitere Sitze”). Damit bestand aber das Problem, dass mit 72 Abgeordneten eine gerade Anzahl von Abgeordneten im Landtag sitzen würde, es könnte also bei Abstimmungen einen Gleichstand geben, was nach dem Landeswahlgesetz nicht erlaubt ist. Also bekam jetzt die AfD noch einen Sitze mehr („zusätzlicher Sitz”), so dass es 73 Abgeordnete gibt.

Ergebnis der CDU

Die CDU bekam 2012 408.637 Stimmen (30,8 Prozent), jetzt 471.460 Stimmen (32,0 Prozent). Sie hat also rund 62.000 Stimmen dazu gewonnen. Gewonnen wurden nur Direktmandate. Da diese in den Wahlkreisen vor allem an Männer gehen, sind nur drei Frauen in der neuen Fraktion. Gewonnen hat die CDU in allen Wahlkreisen außer in Kiel, Lübeck und Flensburg sowie am Hamburger Rand (Elmshorn, Pinneberg, Glinde, Schwarzenbek). Das beste Ergebnis bei den Erststimmen hatte die CDU in Nordfriesland-Nord mit 45,3 %, das schlechteste in Flensburg mit 31,6 %.

Bei den Zweitstimmen schnitt die CDU in Dithmarschen-Schleswig mit 37,7 Prozent am besten ab, in Kiel-West mit 22,6 Prozent am schlechtesten.

Beim Landesausschuss zwei Tage nach der Wahl kritisierte der CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther als erstes die Zusammensetzung der neuen Fraktion relativ scharf. Die CDU müsste ein Verfahren finden, um mehr Frauen gerade in den Wahlkreisen aufzustellen, in denen eine CDU-Mehrheit relativ wahrscheinlich ist. Ansonsten warb er für ein Bündnis mit den Grünen und schwor die Partei darauf ein, dass das Bündnis erfolgreich sein müsste: Nur durch einen Erfolg könne man die SPD auf Dauer in die Opposition verbannen und wieder zur „Schleswig-Holstein-Partei” werden. Dabei distanzierte er sich auch selbstkritisch von der früheren „Schweinefleisch”-Äußerung und bezeichnete die Bildungspolitik und Infrastruktur-Politik, das meint den Autobahn-Bau, als die Kernpunkte, die in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt werden müssten. Bei Umweltschutz, ökologischer Landwirtschaft, Energie müsste man den Grünen entgegen kommen. Weder er selbst noch einer der anderen Redner - auch hier traten nur zwei Frauen auf - gingen auf den möglichen dritten Koalitionspartner, die FDP, ein.

Ergebnis der SPD

Die SPD hatte 2012 noch 404.048 Stimmen, jetzt nur noch 401.806. Das sind 27,2 Prozent. Der Verlust von 2.000 Stimmen scheint nicht so dramatisch - allerdings wurden diesmal 146.056 gültige Stimmen mehr abgegeben als 2012. Davon hätte die SPD eigentlich mindestens ein Drittel holen müssen.

Direktmandate hat die SPD in den Städten und am Hamburger Rand gewonnen - überall dort, wo die CDU diese nicht gewonnen hat. Direkt gewählt wurden 10 Abgeordnete (sechs Männer, vier Frauen). Dazu kommen 11 von der Liste, darunter sechs Frauen und fünf Männer.

Die weitere Wahlniederlage besteht darin, dass die bisher regierende „Küstenkoalition” insgesamt die Mehrheit und damit die Grundlage zum weiteren Regieren verloren hat. Die SPD verlor 2.000 Stimmen, der SSW verlor 12.000 Stimmen, die Grünen gewannen 15.000 Stimmen - aber bei 142.000 zusätzlichen Wählerinnen und Wählern reicht das eben nicht.

Direkt nach der Wahl wollte die SPD nicht aufarbeiten, woran es lag, weil eine Woche später die Wahl in Nord-rhein-Westfalen stattfand, bei der man nicht „stören” wollte. So wurde Ralf Stegner, der erneut in „seinem” Wahlkreis verloren hatte, von der neuen Fraktion mit 100 Prozent der Stimmen der Abgeordneten wieder zum Fraktionsvorsitzenden gewählt und ist weiterhin Landesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender in Personalunion. Der Spitzenkandidat, Ministerpräsident Torsten Albig, erklärte, im Amt bleiben zu wollen - erst zehn Tage nach der Wahl trat er zurück und erklärte, nur noch die Geschäfte als Ministerpräsident bis zur Neuwahl im Landtag weiter zu führen, aber nicht mehr den Anspruch zu erheben, auch in der nächsten Regierung Ministerpräsident zu bleiben. Gleichzeitig erklärte er dann auch, sein gewonnenes Landtagsmandat nicht annehmen zu wollen und sich aus der (Landes-)Politik zurück zu ziehen - Grund dafür war nicht nur die innerparteiliche Kritik an seiner Politik der letzten fünf Jahre und dem mangelnden Wahlkampfeinsatz, sondern auch Kritik an seinem Stil.

Auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes, an dem Torsten Albig relativ wenig teilnahm - viele direkte Rededuelle mit dem CDU-Spitzenkandidaten Daniel Günther überließ er Ralf Stegner -, hatte er ein Interview über sein Privatleben in der Zeitschrift „Die Bunte” gegeben. Neben der Tatsache, dass es eigentlich als grundsätzlicher Fehler gilt, den (politischen) Wahlkampf so zu unterbrechen, hatte er auch noch sehr offenherzig erklärt, dass er sich von seiner bisherigen Frau getrennt habe, weil diese als „Nur-Hausfrau” keine Gesprächspartnerin auf Augenhöhe mehr gewesen sein: „Irgendwann entwickelte sich mein Leben schneller als ihres. Wir hatten nur noch ganz wenige Momente, in denen wir uns auf Augenhöhe ausgetauscht haben. Ich war beruflich ständig unterwegs, meine Frau war in der Rolle als Mutter und Managerin unseres Haushaltes gefangen.”

Danach gab es nicht nur viel Kritik an seinem Frauenbild, sondern auch Spekulationen, ob die neue Freundin Bärbel Boy als Inhaberin einer Werbeagentur über diese neue Beziehung vor allem Aufträge requirieren will. Im Gegenteil, so schrieb Albig in seiner Rücktrittserklärung, sie habe gerade durch die öffentliche Diskussion weniger Aufträge, sei nahe der Existenzkrise. Dass er selbst diese öffentliche Diskussion losgetreten hatte, erwähnte er nicht, sondern tat so, als sei „die Presse” Schuld.

Dennoch hatte dieser Umgang mit der Niederlage am Wahlsonntag schwere Folgen: Eine Woche lang hatten die Grünen für eine theoretisch mögliche Ampel-Koalition getrommelt, das wurde von der FDP und Wolfgang Kubicki damit kommentiert, es sei möglich, aber nur ohne Torsten Albig. Von der SPD kam - nichts. Eine Woche nach der Wahl, am Montag beschwerte sich Robert Habeck öffentlich: Er sei nicht mehr bereit, alleine für eine Ampel-Koalition Werbung zu machen, die SPD müsste sich jetzt aufstellen und handlungsfähig werden. Daraufhin trat Torsten Albig zwar zurück, für die FDP kam es aber zu spät. Außerdem begann am Donnerstag (18. Mai) innerhalb der Partei die neue Diskussion, ob Ralf Stegner als Vorsitzender der Partei und der Fraktion nicht auch einen Teil der Verantwortung trage und die beiden Funktionen nicht besser auf zwei Personen aufgeteilt werden sollten. Andere mahnten sofort, diese Diskussion sollte man zurückstellen, bis die Bundestagswahl vorbei sei - die FDP zog daraus die Konsequenz, dass eine Koalition mit der SPD insgesamt zur Zeit nicht möglich ist, auch die Grünen zeigten sich enttäuscht.

Andererseits ist es vermutlich nicht anders möglich: Im Wahlkampf hatte sich die SPD, insbesondere Torsten Albig, sehr überzeugt davon gezeigt, dass der „Amtsbonus” in Kombination mit einem unbekannten CDU-Gegenkandidaten ausreichen würde, um sicher zu gewinnen. Zwar blieb Daniel Günther bis zuletzt für ein Drittel der Wahlberechtigten unbekannt, aber die Selbstsicherheit auf Seiten der SPD war trotzdem eine Fehlkalkulation.

Insofern gab es wohl keine Möglichkeit, sich innerhalb von drei bis fünf Tagen zu berappeln und sich für Koalitionsverhandlungen aufzustellen, ohne eine Teil der Partei zu verärgern.

Ergebnis der Grünen

Als einziges Mitglied der Regierungskoalition konnten die Grünen Stimmen hinzugewinnen. Hatten sie 2012 noch 174.953 Wählerinnen und Wähler, waren es jetzt 190.181 - es wurden rund 15.000 Stimmen dazu gewonnen. Da die Wahlbeteiligung stark zunahm, waren das 12,9 Prozent (statt 13,2 Prozent 2012) aller Stimmen. Da aber die bundesweiten Umfragen die Grünen zwischen 5 und 7 Prozent sehen, war am Wahlabend eine Mischung aus Freude und Erleichterung zu spüren. Und es gab natürlich viel Genugtuung, die FDP hinter sich gelassen zu haben.

Den Umfragen nach war das gute Ergebnis vor allem Ergebnis der Zufriedenheit vieler mit der Arbeit der Ministerin Monika Heinold und des Ministers Robert Habeck. Die Zustimmung zu deren Politik lag in den Umfragen regelmäßig höher als die Zustimmung zum Programm der Partei, die als Partei kaum öffentlich präsent war.

Für die Grünen ist eine Koalition mit der CDU (und der FDP) schwierig. Insbesondere die CDU ist in Schleswig-Holstein von der Mitgliedschaft her sehr konservativ, nur an der Spitze mit Daniel Günther etwas moderner und aufgeschlossener. So erklärte die Grünen-Spitze, vertreten durch die gewählte Spitzenkandidatin Monika Heinold und den nicht gewählter Robert Habeck die rechnerisch mögliche Koalition mit der SPD zusammen mit der FDP zur Wunschoption. Hier erwies sich allerdings die SPD als nicht so gut berechenbarer Verhandlungspartner.

Die grüne Jugend sprach sich allerdings in einer gemeinsamen Erklärung mit den Jusos (siehe Kasten) gegen eine Koalition mit der CDU aus.

Ergebnis der FDP

Die FDP erreichte 169.037 Stimmen, ein Zugewinn von rund 60.000 Stimmen gegenüber der Wahl von 2012, wo sie 108.953 Stimmen erreichte. Von den drei Wahlzielen erreichte sie vermutlich zwei: Das Ergebnis ist mit 11,5 Prozent zweistellig, und ohne die FDP ist kaum eine Regierung zu bilden. Nicht erreichen konnte die FDP das dritte Ziel, die Grünen zu überholen und drittstärkste Partei in Schleswig-Holstein zu werden.

Kein Hindernis war für die Wählerinnen und Wähler anscheinend, dass der Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki von Anfang an erklärt hatte, das Landtagsmandat nur zur Absicherung haben zu wollen, Hauptziel bleibt die Wahl in den Bundestag im September. Nur wenn die FDP scheitert, will er im Landtag arbeiten. Andererseits sagten bei einer Umfrage im April 2017 aber auch 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler, dass die FDP ohne Kubicki keine wählbare Partei mehr ist - es bleibt also abzuwarten, wie sich der Rest der Truppe schlägt, sollte Wolfgang Kubicki nach Berlin gehen.

Bereits in der Wahlnacht war klar, dass bei fast allen möglichen Koalitionsmöglichkeiten die FDP dabei wäre. So nannte Kubicki zunächst die Möglichkeiten, gemeinsam mit den Grünen mit der CDU oder der SPD zu koalieren, als nahezu gleichberechtigte Möglichkeiten, auch wenn die Grünen stärker zur SPD und die FDP stärker zur CDU neigte. Allerdings schloss dann Kubicki erst Torsten Albig als Spitzenkandidaten der SPD aus, später die gesamte Möglichkeit einer Ampel-Koalition. Aus taktischen Gründen ist das vielleicht ein Fehler, weil man so als kleine Partei für die CDU „billiger” wird, als wenn man sich eine zweite Option mindestens als Droh-Möglichkeit offen hält. Allerdings machte es das Taumeln der SPD eine Woche nach der Landtagswahl und nach der Niederlage in Nordrhein-Westfalen mehr und mehr unmöglich, diese Option als realistisch ins Feld zu führen.

Ergebnis der AfD

Die Nazis traten erstmals an. Sie erreichten 86.711 Stimmen und wurden damit fünftstärkste Partei im Landtag. Die meisten Stimmen bekamen sie im Süden Lauenburgs, in Segeberg, Neumünster, Pinneberg und Kiel-Ost.

Die fünfköpfige Fraktion besteht aus vier Männern und einer Frau, Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein, die bereits in mehreren innerparteilichen Auseinandersetzungen als Anwältin des jetzigen Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten, Jörg Nobis, auftrat.

Alle andere Parteien erklärten, mit den Nazis nicht zusammenarbeiten zu wollen. Das wurde auch in verschiedenen Diskussionsrunden im Fernsehen und Radio am Wahlabend deutlich. Am 11. Mai wurde Jörg Nobis zum Fraktionsvorsitzenden gewählt, Claus Schaffer zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und Volker Schnurrbusch zum parlamentarischen Geschäftsführer.

Ergebnis des SSW

Der SSW verlor rund 12.000 Stimmen. Hatte er 2012 noch 61.025 WählerInnen, waren es jetzt nur noch 48.968 und damit 3,3 Prozent. Nur durch die Ausgleichsmandate bekommt er weiterhin drei Abgeordnete, sonst wären es nur noch zwei gewesen.

Der SSW hatte von Anfang an erklärt, die Küstenkoalition fortsetzen zu wollen oder in die Opposition zu gehen. Diese zweite Möglichkeit wurde auch eine Woche nach der Wahl vom Landesausschuss beschlossen. so entfielen die rechnerisch möglichen Optionen, mit der CDU und FDP zu koalieren.

Im Wahlkampf war der SSW mit der Forderung aufgetreten, eine Gebietsreform durchzuführen. Jetzt gibt es Hunderte von Klein-Gemeinden, die zwar einen Gemeinderat wählen, der hat aber nichts zu entscheiden. Denn wesentliche Entscheidungen fallen in der Amtsverwaltung, für die aber keine Wahlen stattfinden, dort sitzen meistens nur die (CDU-)Bürgermeister im Amtsausschuss. Mit der Gebietsreform wollte und will der SSW auf Gemeindeebene wieder die Demokratie einführen, indem die Ämter zur Gemeinde werden und die (nicht gewählten) Amtsausschüsse wieder durch gewählte Gemeinderäte der neuen größeren Gemeinden ersetzt werden.

Ob das den Ausschlag gab oder die kleinste Regierungspartei einfach zu wenig bemerkt wurde, ist nicht klar.

Ergebnis der Piraten

Die Piraten haben auf ganzer Linie verloren: Von 108.902 WählerInnen 2012 blieben jetzt nur 17.091 übrig, das sind 1,2 Prozent. Einzelne Abgeordnete hatten zwar immer wieder Fragen gestellt oder Vorlagen eingebracht, aber es gab weder eine erkennbare Partei noch eine erkennbare Fraktion in den ganzen fünf Jahren.

Ergebnis der Linken

Die Linke hat stark gewonnen: von 29.900 Stimmen 2012 (das waren 2,3 Prozent) nahm die Partei auf 56.018 Stimmen zu, also jetzt 3,8 Prozent. Für den Einzug in den Landtag reichte es trotzdem nicht.

Am besten schnitt die Linke in Kiel (8,2, 7,3 und 6, 2 Prozent) und in Flensburg (7,0 Prozent) ab, gefolgt von Lübeck (6,5, 5,9 und 4,6 Prozent) und Elmshorn (4,1 Prozent) sowie Norderstedt (4,0 Prozent). Es zeigte sich aber, dass die Partei nicht landesweit präsent ist und trotz vieler Abgeordneter auf Kreisebene nicht zu gemeinsamer Politik fähig ist. In anderen Parteien können die Fraktionen oder Gruppen in den Kreistagen Anträge absprechen, gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit machen - das gelingt der Linken in Schleswig-Holstein bisher nicht. Außerdem gibt es zu häufig Wechsel in der Führungsebene, es fehlt die Kontinuität.

Ob die Linke sich nach dieser Enttäuschung, die Meinungsforscher hatten sie immer zwischen vier und fünf Prozent gesehen, berappelt und im Sommer ein überzeugendes Konzept für die anstehenden Kommunalwahlen findet, bleibt abzuwarten.

Ergebnisse der übrigen Parteien

Die anderen Parteien brachten nichts zustande, eine Änderung ist auch nicht zu erwarten. Die Familienpartei bekam 9.262 Stimmen (0,6 %), die Freien Wähler 8.369 Stimmen (0,6 %), die Partei 8.219 Stimmen (0,6 %). Noch unbedeutender bleiben die „Zukunft Schleswig-Holstein”, die aus einem Bündnis hervorgegangen ist, das sich in Nordfriesland für eine bessere Krankenhausversorgung einsetzen und dazu ein Bürgerbegehren durchsetzen wollte. Sie bekam 4.333 Stimmen (0,3 %). Die LKR, die Abspaltung von der AfD unter Führung von Bernd Lucke, konnte zwar die Sitze der AfD im Europa-Parlament übernehmen und verfügt über viel Geld, was sich in einer Menge Plakate niederschlug, hatte aber keine sprechfähigen Kandidaten und bekam 3.053 Stimmen (0,2 %). Sie wird in den nächsten Jahren überhaupt keine Rolle spielen.

Gründe für den Wahlsieg

Der Hauptgrund für den CDU-Wahlsieg war, dass es der CDU gelungen ist, die Themen zu setzen. Die Hauptthemen der CDU waren der Straßenbau (Infrastruktur), die Reform der Schule (in neun Jahren zum Abitur) und die innere Sicherheit (mehr Polizei). Diese Themen spielten auf den meisten Veranstaltungen die größte Rolle.

Dagegen hatte die SPD das Thema „Gerechtigkeit” gewählt, und zwar mit dem merkwürdigen Slogan: „Mehr Gerechtigkeit für alle”. Mehr Gerechtigkeit für sozial Benachteiligte wäre vielleicht noch vermittelbar gewesen, dann hätte die SPD nur die eigene Regierungspolitik der letzten 25 Jahre erklären müssen. „Für alle” mehr Gerechtigkeit zu schaffen ergibt aber keinen Sinn und war wohl auch nicht zu erklären.

Die CDU setzte aber auch erfolgreich auf das kurze Gedächtnis vieler Wählerinnen und Wähler: Sie hatte in ihrer letzten Regierungszeit Polizeistellen gekürzt, sie hatte den Weiterbau der A20 fehlerhaft geplant und dadurch die erfolgreichen Klagen gegen den Weiterbau ausgelöst, sie hatte auf die achtjährige Schulzeit bis zum Abi-tur gesetzt und das G8 versucht, flächendeckend einzuführen. Die Wahlfreiheit hatten FDP und später die SPD auf verschiedenen Wegen ins Gesetz eingefügt.

Koalitions-Möglichkeiten

Im neuen Landtag sind (ohne die AfD) fünf Koalitionen möglich, die über eine Mehrheit von mindestens 37 Sitzen verfügen:

Die große Koalition wird von beiden großen Parteien nicht gewünscht. Das liegt vor allem daran, dass die letzte große Koalition vorzeitig an den Differenzen zwischen Peter Harry Carstensen und Ralf Stegner zerbrochen ist - zumindest ist für die CDU eine Neuauflage mit Ralf Stegner nicht denkbar.

Der SSW hat sich selbst als Oppositionspartei definiert, die beiden Möglichkeiten fallen auch weg.

Zehn Tage nach der Wahl verabschiedete sich die FDP von der Möglichkeit einer „Ampel”-Koalition und begründete das mit dem Zustand der SPD. Die Grünen gaben der Einschätzung kurze Zeit später recht, ohne sich ebenfalls ausdrücklich von der Möglichkeit zu verabschieden. Eine Einladung der SPD zu einem Sondierungsgespräch nahmen die Grünen noch an, die FDP lehnte allerdings ab, wodurch auch diese Möglichkeit entfallen ist - zumindest vorläufig.

Ab Himmelfahrt (25. Mai) sollen jetzt die richtigen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, Grünen und FDP starten, die den ganzen Juni über dauern können. Üblicherweise werden zu den verschiedenen Themenfeldern Arbeitsgruppen gebildet, die dann Kompromisse suchen, manchmal aber auch Differenzen so weit festhalten, dass weiter oben in der Verhandlungskommission entschieden werden kann, wie weit man nachgibt und einen Kompromiss eingeht. Wie lange das bei den einzelnen Themen dauert, kann nicht vorausgesagt werden.

Neuer Landtag

Die konstituierende Sitzung findet am 6. Juni statt.

Dann soll es noch zwei Sitzungen vor den Sommerferien geben: Vom 28. bis 30. Juni und vom 19. bis 21. Juli. Möglicherweise wird Ende Juni ein neuer Ministerpräsident gewählt. Vermutlich wird dies Daniel Günther sein.

Reinhard Pohl

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