(Gegenwind 319, Apirl 2015)
Unter dem Motto „Eine Stadt für alle - Norderstedt ist weltoffen”, haben sich am 16. März rund 500 Menschen auf dem Rathausmarkt versammelt, um Solidarität mit Flüchtlingen zu demonstrieren. Neben Initiator Wolfgang Blankschein und Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote sprach auch der aus Syrien stammende Mohammed Mustafa zu den Versammelten - und warb um einen unvoreingenommenen Blick.
Er sei froh, so der einst über die Türkei und Rumänien nach Deutschland geflohene Englisch-Student, jetzt in Norderstedt zu leben. Auch seine Unterbringung in den Notunterkünften am Buchenweg und die Lebensbedingungen seien in Ordnung - „weil es hier einfach sicher ist”. Was ihn manchmal etwas traurig mache, so Mustafa weiter, sind hingegen Vorurteile, denen er regelmäßig begegne: „Einige Leute glauben, dass wir hier sind, um zu stehlen”, sagt er. „Das merke ich”.
Derartigen Ressentiments entgegenzutreten, war das Ziel von Wolfgang Blankschein und des von ihm initiierten Bündnisses „Norderstedt ist weltoffen”. Dem Lehrer am Coppernicus-Gymnasium (Copp) ist es in den letzten Wochen gelungen, ein überaus breites Bündnis aus Parteien, Vereinen und Initiativen zu einem gemeinsamen Aufruf zu bewegen. Darin wenden sich die Unterzeichner „gegen das fortgesetzte Schüren von diffusen Ängsten vor einer angeblichen Überfremdung” und sprechen sich für eine weltoffene Zivilgesellschaft aus.
„Wir treten insbesondere für die Menschen ein, die unseren Schutz suchen”, heißt es in dem auch von 50 Einzelpersonen unterstützten Text. Und: „Wir dürfen keine Flüchtlinge und Asylsuchende abweisen, anderen Fluchtgründen auch die Industrieländer beteiligt sind.”
Den TeilnehmerInnen auf dem Rathausmarkt rief Blankschein am 16. März zu, man werde keine Form von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit tolerieren, Freiheit und Menschenrechte „entschieden verteidigen”. Anschließend verlas er unter dem Beifall die Namen der fast 40 zur Kundgebung aufrufenden Gruppen. Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) bemühte sich hingegen humorvoll um Solidarität: „Norderstedt”, sagte er mit Blick auf die Hamburger Landesgrenze, „ist so etwas, wie die nördliche Tür zum Tor zur Welt.” Diese Tür sei schon für die Flüchtlingstrecks des Jahres 1945 offen gewesen und sie habe sich seitdem, so der Verwaltungschef, „auch nie geschlossen”. Die Menschen, die dieser Tage nach Norderstedt kommen, seien nicht nur willkommen, sondern auch „eine Bereicherung für die Stadt”.
So einig sich die Redner inhaltlich gaben, so unterschiedlich war ihre Einschätzung bezüglich der Veranstaltung selbst. Während Blankschein noch ein wenig mehr Zuspruch erhofft hätte, rief ihm Grote von der Bühne aus zu: „Ich finde, es sieht toll aus von hier oben!” Und für den deutsch-iranischen Schüler Dariush Hassanpour, der zum Abschluss der Kundgebung sprach, „hätten eigentlich 70.000 hier stehen müssen”.
Weil das Ganze aber schließlich nur der Auftakt für eine Reihe weiterer Aktivitäten sein sollte, waren am Ende irgendwie doch alle zufrieden. Erst recht, als die Rhythmen der Trommelgruppe Fogo do Samba über den Rathausmarkt hallten.
Olaf Harning