(Gegenwind 308, Mai 2014)
Die Erfolge der Energiewende in Schleswig-Holstein haben sich längst auch in China herumgesprochen. Gleichzeitig sind die Auswirkungen des Klimawandels wie die Ausdehnung der Wüsten und Smog in den Städten dort längst angekommen. Allein in diesem Jahr investiert China mehr in neue Solar- und Windparks als in Kohle- und Atomkraftwerke und mehr als die gesamte europäische Union. Die Qualifizierung von Wartungspersonal und die Grundlagenausbildung für Wind- und Solartechnik steht aber noch ganz am Anfang. Da kann Schleswig-Holstein mit 25 Jahren Vorlauferfahrung eine wertvolle Hilfe sein.
Eine Gruppe von 14 Berufsschullehrern hielt sich deshalb ergänzend zu Solartechnik-Kursen in Hessen zehn Tage zur Fortbildung im Zentrum für nachhaltige Entwicklung, artefact, in Glücksburg auf, um sich über die Einführung der Windenergie in der beruflichen Bildung zu informieren. Dort wurden die Schulleiter und Pädagogen, die über die Münchener Hanns-Seidel-Stiftung in den echten Norden kamen, von Bürgervorsteherin Dagmar Jonas begrüßt. Doch dann ging es gleich an das intensive Arbeitsprogramm. Li Wenyu, Elektrotechnik-Lehrer aus Shandong, stellte ebenso wie die anderen Vertreter aus sieben Provinzen von der Küste bis zur inneren Mongolei, die Ausgangslage seiner Region vor: Wind- und Solaranlagen werden in großer Zahl installiert, doch die Einbeziehung der Bevölkerung in Entscheidungen, Wertschöpfung und Ausbildung hinkt noch hinterher. In der ersten Programmwoche lernte die Gruppe die technischen und pädagogischen Handlungsfelder im artefact-Zentrum kennen, suchte die Fachhochschule Flensburg für technische Grundlagen-Kurse und die bundesweit führende Windenergie-Ausbildung an der Eckener-Schule auf.
In der zweiten Woche standen der Austausch mit Qualifizierungseinrichtungen wie dem BZEE in Husum und offtec in Enge-Sande an, aber auch Besuche in Bürgerwindparks und bei kleinen innovativen Firmen der Branche wie gear-tec und wing-tec in Eggebek, die sich auf die Instandsetzung von Getrieben und Rotorblättern spezialisiert haben. Besonders beeindruckt waren die Gäste auch von dem projektorientierten Unterricht an der Berufsschule Niebüll, wo sie den Schülern bei der Gruppenarbeit etwa zur Auslegung von intelligenten Haus-Netzwerken über die Schulter schauen konnten - pädagogische Ansätze, die im Reich der Mitte noch weitgehend unbekannt sind. „Uns ist wichtig, unseren Gästen die Bedeutung von regionaler Einbindung in Beteiligung, Wertschöpfung und neue Arbeitsplätze zu vermitteln”, so Werner Kiwitt von artefact: „Die Erfolgsgeschichte und hohe Akzeptanz der Windenergie in Schleswig-Holstein wäre kaum möglich ohne die aktive Rolle von Kommunen, Landwirten und Unternehmen. Das kann ebenso wie in Europa auch für die abgelegenen Regionen Chinas eine große Chance bieten.” Nach dem Seminarabschluss im Solarzentrum der Handwerkskammer Hamburg reiste die Gruppe nun mit vielen Anregungen und Ideen zurück in ihre Heimat.
Werner Kiwitt
artefact - Zentrum für nachhaltige Entwicklung, Bremsbergallee 35, 24960 Glücksburg/Ostsee, www.artefact.de