(Gegenwind 301, Oktober 2013)
Die Neonazi-Szene Kiels und Umgebung hat in den letzten Jahren einen starken Wandel durchlaufen. Während vor wenigen Jahren noch Strukturen um die militante „Aktionsgruppe Kiel” (AG Kiel) um die Vorherrschaft auf der Straße kämpften und an dem selbst gesetzten gesellschaftlichen Kristallisationspunkt letztlich auch nach kurzem Kampf scheiterten, geben sich die verbliebenen neonazistischen Organisationen äußerlich angepasster und unauffälliger. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine nachhaltige Schwächung, denn zum einen belegen Wahlergebnisse, dass der gesellschaftliche Nährboden für neonazistische Politik unverändert vorhanden ist und zum anderen wird aus der Region Infrastruktur für zum Teil internationale rechte Kreise gestellt. Demnach steht der weitgehende Zusammenbruch der militanten Straßenbewegung und der desolate Zustand der örtlichen NPD zwar für einen Erfolg stetiger antifaschistischer Arbeit, bedeutet allerdings auch teilweise den bloßen Rückzug in kleinere Zirkel, denn ohne die Aufmerksamkeit durch große öffentliche Auftritte und spektakuläre Übergriffe lassen sich lukrative braune Geschäfte machen und jenseits antifaschistischer oder behördlicher Aufmerksamkeit die Eckpfeiler zukünftiger Politik setzen.
Aus diesem Grund hat die Kampagne „An die Substanz! - rechte Infrastruktur aufdecken - Nazis in die Pleite treiben” das Ziel eben genau jene Strukturen offen zu legen und mit der nötigen antifaschistischen Aufmerksamkeit zu bedenken. Nachfolgend ein Überblick über einige braune Geschäfts- und Erlebniswelten in Kiel und Plön. Getreu dem Motto der Kampagne sind alle Antifaschist_innen aufgerufen weitere Informationen beizusteuern und auch über die gemeinsamen Aktionen hinaus mit eigenen Inhalten und Aktionsformen aktiv zu werden.
Insbesondere um die kleine Gemeinde Martensrade im Kreis Plön hat sich ein Zirkel gut vernetzter und vermeintlich intellektueller Neonazis gebildet. Dreh- und Angelpunkt ist das Versand- und Verlagshaus von Dietmar Munier und Gerlind Mörig, deren Aktivitäten unter der „Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” zusammengefasst werden.
Munier ist schon seit Jahrzehnten ein Drahtzieher neonazistischer Aktivitäten und dementsprechend ist seine Vita durchzogen von Kontakten zu vielfältigen rechten Strukturen und Personen, weshalb hier nur beispielhaft einige genannt werden. Früher betrieb Munier eine Buchhandlung am Dreiecksplatz in Kiel, zeitweilig zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Thies Christophersen, einem ehemaligen SS-Angehörigen, der in einer Versuchsanstalt für Pflanzenschutz der ss nahe dem KZ Auschwitz eingesetzt war. Über Christophersen bestand auch der Kontakt zu dem Rechtsterroristen Manfred Roeder und dem Holocaustleugner ernst zündel, zuletzt 2012 gast auf Muniers Kastanienhof anlässlich einer Sonnenwendfeier. Neben seinen publizistischen Aktivitäten engagiert sich Munier seit langem in völkisch-neonazistischen Erziehungsmethoden und Gebietsrevisionismus. So ist er in Russland mit einem Einreiseverbot belegt, denn er verfolgt mit verschiedenen Initiativen und Vereinen die „Wiederansiedlung” von vermeintlichen „Deutschen” in Russland. Der wichtigste dieser Vereine wird unten noch thematisiert. Vor allem durch seine Aktivitäten im ehemaligen Ostpreußen hat sich Munier über die „Vertriebenen”-Szene ein weites Kontaktnetz auch über seinen angestammten Neonazismus hinaus geschaffen. So gilt er trotz bester Kontakte zu militanten Neonazis als vertrauenswürdiger Funktionär und Wohltäter quer durch neurechte und konservative Kreise, bis hin zu teilen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Die „Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” ist nach dem Niedergang des NPD-Hausverlags „Deutsche Stimme” der mutmaßlich einflussreichste deutschsprachige Verlag mit explizit neonazistischer Ausrichtung. In dem unübersichtlichen Verlagsgeflecht werden diverse faschistische Schriften und Devotionalien produziert und vertrieben. Augenfällig ist insbesondere die Strategie hinter den bekanntesten Formaten „Zuerst!”, „Deutsche Militärzeitschrift” (DMZ) und „Der Schlesier”. Alle eint eine eindeutig positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus und die Beteiligung neonazistischer Autor_innen. Gleichzeitig werden die Inhalte, im Unterschied zu vielen anderen Neonazi-Schriften, professionell aufbereitet und wird in Layout und Inhalt auf explizite subkulturelle Szene-Codes der klassischen Neonazis verzichtet. Auch kommen Autor_innen der neuen rechten zu Wort. So werden die erwähnten Schriften auch über ohnehin schon politisierte eigene Kreise hinaus als „Fachzeitschriften” wahrgenommen, schließlich gelten die Analysen militärischer Strategien in der DMZ bei Militärangehörigen als zutreffend, die „Vertriebenen” betrachten den „Schlesier” als ihr Sprachrohr und rechtskonservative Kreise beziehen sich schon einmal auf „Zuerst!”. Dementsprechend hoch sind die Auflagen, „Zuerst!” hatte eine Erstauflage von 86 000 Exemplaren, „der Schlesier” soll eine wöchentliche Auflage von 12 000 Stück haben. An diesem für Neonazis ungewohnt lukrativen Geschäft verdienen auch andere kräftig mit. So ist sich der bekannte Bauer-Verlag nicht zu schade, den Vertrieb für „Zuerst!” zu übernehmen. Zu dem Martensrader Publikationshaus gehören verschiedene Verlage und Vertriebe, wobei die „Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” eine übergeordnete Rolle spielt, so läuft die Infrastruktur (Fuhrpark, Webseiten) unter dem Dach von „Lesen und Schenken”. Weitere Namen aus dem Geflecht sind „Arndt-Verlag”, „Nation & Europa”, „Orion-Heimreiter-Verlag” oder „Fortuna-Buchservice”. Als Mitarbeiter_innen und Redakteur_innen sind schon viele aus dem Personenkreis der neuen rechten oder dem organisierten Neonazismus in Martensrade tätig gewesen. Redaktionelle Hauptfigur ist Manuel Ochsenreiter, Chefredakteur der wichtigsten Publikation „Zuerst!”. Ochsenreiter ist omnipräsent auch in anderen Publikationen aus Muniers Verlagen und tritt als Referent auf. Strategisch positionieren Ochsenreiter und Munier „Zuerst!” zwischen der Bedienung der angestammten Klientel, so nimmt „Zuerst!” An Fachmessen für rechte Publizistik teil, wie 2012 am „Zwischentag” der Zeitschrift „Sezession”, und einem weltpolitischen Anstrich. Ochsenreiter reist regelmäßig in den nahen Osten und versucht sich dort als vermeintlich seriöser Korrespondent, wobei das Resultat meist doch nur einschlägige Erlebnisberichte für Neonazis und Militaristen sind. So ließ sich Ochsenreiter 2008 auf einem von der Hisbollah abgeschossenen Panzer der israelischen Armee ablichten und aktuell füllt er die Martensrader Formate mit seinen Berichten aus Syrien. Jüngst für Aufsehen sorgte „Zuerst!”, als es zur Urlaubssaison die zehn schönsten „deutschen” Reiseziele benannte, von denen ein guter Teil nicht in den heutigen Grenzen Deutschlands liegt. Auf seinem früheren Posten als Chefredakteur von der „deutschen Militärzeitschrift” wurde Ochsenreiter von Guido Kraus beerbt.
Antifaschist_innen fällt das Martensrader Verlagshaus auch immer wieder im Zusammenhang mit der örtlichen Neonazi-Szene auf. Insbesondere die NPD hat über ihren bei Munier angestellten stellvertretenden Landesvorsitzenden Jens Lütke gute Kontakte zu dem Verlagshaus. So können Firmenwagen für Aktionen der Neonazi-Szene genutzt werden, kann Lütke auch immer wieder Parteiarbeit während seiner Arbeitszeit verrichten, bekommt für Aktionen frei und fungiert das Martensrader Verlagshaus als interne Kontaktadresse der NPD. Über den finanziellen Zusammenhang zwischen Munier und der NPD ist noch nicht alles bekannt, direkte Förderung über Spenden liegt im Bereich des Möglichen und das Ausmaß der stattfindenden indirekten Förderung (Fuhrpark, Räumlichkeiten, Arbeitszeit, sonstige Infrastruktur) dürfte auch noch nicht in Gänze bekannt sein.
Das Anwesen in Martensrade umfasst Wohngebäude, Ställe, Verlagsgebäude und Druckerei. Unter dem Schutz eines Wachturms entstand eine braune Parallelwelt, deren Strukturen trotz des großen Bekanntheitsgrades weitgehend intransparent sind. Neonazis können sich in dem kleinen Ort abgeschieden von der kritischen Öffentlichkeit vernetzen und ideologische wie wirtschaftliche Grundlagen für verschiedene Bereiche rechter Politik legen.
Die Neonazi-Szene betrachtet die „Lesen und Schenken Verlagsgesellschaft” zwiegespalten. Angerechnet wird Munier, dass er sich trotz der großen Bekanntheit nie distanziert hat von den klassischen neonazistischen Spektren um NPD und Kameradschaften. Im Gegenteil stellt Munier Neonazis immer wieder Treffpunkte, Fahrzeuge, Arbeitsplätze und vermutlich Geld zur Verfügung. Auch genießen die Führungspersonen der Kreise um Munier ein hohes Ansehen, schließlich haben diese erreicht wovon die schlecht organisierten und zerstrittenen Milieus der Kameradschaften oft nur träumen können: gut vernetzte und über Jahrzehnte etablierte Strukturen, die auch eine praktische politische Relevanz jenseits des „Kampfes um die Straße” haben. Andererseits wird der „weichgespülte” inhaltliche Kurs der Martensrader Publikationen kritisiert. Teile der Neonazis fordern außerdem eine Aufklärung der Rolle Tino Brandts, V-Person des „Verfassungsschutzes” und mutmaßliche Schlüsselperson im „NSU”-Komplex. Dieser hatte vor seinem Outing als V-Person bei dem „Zuerst!”-Vorläufer „Nation & Europa” gearbeitet. Gerade weil Munier damals offiziell noch nicht an der Publikation beteiligt war, verwundert sein mangelnder Aufklärungswillen einige Neonazis. Stimmen in der Szene mutmaßen, dass der „Verfassungsschutz” weitreichenderen Einfluss auf rechte Publizistik hatte als allgemein bekannt und auch der „NSU”, über den Multifunktionär Tino Brandt, in diesem Netzwerk eine Rolle spielen könnte.
Als einer der engsten Vertrauten Muniers bei der Umsetzung seiner politischen Ziele gilt Henning Pless. Die neonazistischen Aktivitäten von Pless wurden vom antifaschistischen Recherche-Portal La Quimera ausführlich beschrieben. An dieser stelle deshalb nur einige grundlegende Informationen, für eine Vertiefung sei der oben genannte Artikel empfohlen. Pless ist Vorsitzender des „Schulvereins zur Förderung der Russlanddeutschen in Ostpreussen e.V.”, einem von Munier gegründeten Verein der versucht über eine Schule und diverse Kulturveranstaltungen „deutsche” Traditionen in dem Dorf Jasnaja Poljana (ehemals Trakehnen) zu reaktivieren. Früher war Pless 1. Bundesführer der „heimattreuen deutschen Jugend”, einem völkischen Jugendverband, der aufgrund seiner offensichtlichen Anlehnung an die „Hitler-Jugend” verboten wurde. Damals schon galt Dietmar Munier als treibende kraft im Hintergrund. So übernimmt Henning Pless immer wieder aufgaben neonazistischer Politik als Vertrauensperson von Munier. Aktuell organisiert er dessen „Lesertreffen”, die sich zu einem der wichtigsten Zusammenkünfte der verschiedenen rechten Strömungen im deutschsprachigen Raum entwickelt haben. Dort treffen neben Neonazis auch Militaristen, neue Rechte und „Vertriebenen”-Verbände zusammen um jenseits grosser öffentlicher Aufmerksamkeit Strategien rechter Politik zu diskutieren. Diese Vernetzungstreffen der deutschen Rechten werden offiziell von Pless´ „Schulverein” ausgerichtet. Referent_innen berichten zu einschlägigen Themen, so referierte 2012 „Zuerst!”-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter im neonazistischen Duktus über „Medien-Manipulationen”, Alfred Mechtersheimer sprach über „Deutschland als Friedensmacht” und Dmitrij Chmelnizki gab seine Thesen zu „Stalins Angriffskrieg” zum besten. Für einen Überblick über das Treffen 2013 sei wiederum ein Blick in den La Quimera-Artikel empfohlen.
Privat und beruflich lebt Pless ein, im Vergleich zu anderen langjährigen neonazistischen Funktionären, unauffälliges Leben. Er nimmt nicht an Demonstrationen und Übergriffen der Szene teil, betreibt mit dem „Heilcentrum Pless” eine vermeintlich seriöse Heilpraxis mitten in der Kieler Innenstadt und pflegt sein Image als Wohltäter für die Sache der „Vertriebenen”. So richteten der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis und das ehemalige Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ortwin Lowack Grußworte an den „Schulverein” anlässlich der Jahreshauptversammlung 2012, die im Rahmen des „Lesertreffens” in Weissenstein (Bayern) stattfand. Persönlich an Pless lobte Ortwin Lowack dessen „Idealismus, positive Lebenseinstellung und vorbildhafte Arbeit” die „den jungen Menschen in Ostpreussen eine neue (oder alte?) Kulturelle und geistige Perspektive und Tiefe” vermitteln könne. Dieses Statement verdeutlicht einmal mehr die Gefährlichkeit von Henning Pless und Dietmar Munier, denn trotz ihrer explizit neonazistischen Ausrichtung haben sie durch den Verzicht auf militanten Szene-Habitus Fürsprecher bis in den Bundestag gewinnen können.
Etwas weniger bekannt aber nicht minder beachtenswert ist der Kieler „Regin-Verlag” um Dietmar Sokoll. Der Verlag des ehemaligen Burschenschaftlers Sokoll („Alte Hallesche Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf”, einer Verbindung des Rechtsaussen-Dachverbands „Deutsche Burschenschaft”) verlegt und vertreibt diverse rechte Literatur. So verlegte der „Regin-Verlag” Werke in Andenken an rechte Vordenkerinnen wie Oswald Spengler oder Savitri Devi. Auch aktuelle Autorinnen sind der neuen Rechten oder dem Neonazi-Spektrum zuzuordnen. Schlagzeilen machte der Verlag 2013, als er ein Werk über „Inselfaschismus” des Autors Eric Fröhlich ankündigte. Das Werk wird im Spätsommer erwartet. Fröhlich war eine Führungsfigur der „Nationalen Sozialisten Chemnitz” und stand der „Weissen Bruderschaft Erzgebirge” nahe. So nahm er mit wichtigen Unterstützerinnen der „NSU”-Terroristinnen an Szene-Veranstaltungen wie paramilitärischen Märschen teil. Außerdem soll er zu Ralf Wohlleben, mutmaßlicher Hauptunterstützer der neonazistischen Terrorzelle, Kontakt gehalten haben, weshalb sich auch die Bundesanwaltschaft im Rahmen des „NSU”-Verfahrens für ihn interessiert. Der „Regin-Verlag” wurde im April 2013 vom NDR in einem Beitrag thematisiert.
Das aktuell bekannteste von Neonazis betriebene Geschäft Kiels ist „PLS-Werkzeuge” („PLS” = „Polenschlüssel”) am Vinetaplatz. Unter dem rassistischen Namen werden von Personen aus der Mischszene zwischen militanten Neonazi- und „Bandido”-Strukturen Einbruchswerkzeug und Bewaffnung vertrieben. Die Hintergründe des Geschäfts wurden im Januar von La Quimera beschrieben, weshalb wir darauf aufbauend hier nur einige aktuelle Entwicklungen beleuchten werden. Das Geschäft hat im Moment Montag bis Freitag ab 10.00 Uhr bis nachmittags geöffnet. Der Hauptakteur Alexander Hardt hat, nachdem die Geschäftsführung im Nachgang der Veröffentlichung der neonazistischen Hintergründe schon einmal wechselte, aktuell wieder den Posten des Geschäftsführers übernommen. Er selbst ist seit einem Umbau vor einigen Wochen seltener im Geschäft anzutreffen, stattdessen haben Kieler Neonazis um Timo R. und Tobias Sch. die Verantwortung vor Ort übernommen. Bei dem Umbau half auch Timo R.s Bruder Andy R. . Die Neonazis geben sich zunehmend aggressiv, zeigen oft mit mehreren Personen Präsenz vor dem Laden und bedrohen Menschen. Die Aufteilung der Verantwortung zwischen verschiedenen Neonazis spricht zum einen für eine wirtschaftliche Etablierung, zum anderen für eine Absicherung des Geschäfts in Anbetracht der drohenden Inhaftierung von Hardt. Weiterhin unklar ist die Rolle Peter Borcherts, zigfach vorbestrafter neonazistischer Gewalttäter und ehemaliger NPD-Landesvorsitzender, der vermutlich in einigen Monaten aus der Haft entlassen wird. Bei der Eröffnung firmierte Borchert mit auf dem Klingelschild am Geschäft. Eine Möglichkeit besteht darin, dass „PLS-Werkzeuge” als braunes Resozialisierungsprojekt für Borchert vorgesehen ist und sich Borchert aus der Haft kommend und der mit Haft bedrohte Hardt buchstäblich die Klinke in die Hand geben. Borchert verbindet eine längere Geschichte mit dem Kieler Stadtteil Gaarden, in welchem der Vinetaplatz liegt. Bei früheren Versuchen sich in Gaarden zu etablieren musste er stets nach teils heftigen Auseinandersetzungen mit Antifaschist_innen den Stadtteil wieder verlassen. Eine mögliche aktive Rolle Borcherts bei „PLS” würde also für eine Eskalation der Lage sprechen.
Unauffälliger aber nicht weniger explizit neonazistisch ist der Versandhandel „Support Wear” von Matthias Kussin. Die dahinter stehende Firma „MK-Service” („MK” = Matthias Kussin) betreibt unter den Namen „Asathor-Auktion”, „Support-Wear”, „Aryan Blood Records” und „Amalek-Textilien” Produktion und Versand von Artikeln für die militante Neonazi-Szene. Die Aufmachung der Produkte und Webseiten ist eindeutig nationalsozialistisch und beworben wird das Geschäft auf einschlägigen Portalen wie „Altermedia”. Um die Bindung an die Kameradschaftsszene unter Beweis zu stellen, wurde beispielsweise zu dem neonazistischen „Tag der Deutschen Zukunft” ein Sonderverkauf mit Solidaritätsbeitrag veranstaltet. Ansässig ist der Versandhandel an der Privatadresse von Kussin im Göteborgring in Kiel-Mettenhof.
Hinter dem Namen Matthias Kussin verbirgt sich Matthias Lehnecke, früherer NPD-Kandidat und neonazistischer Gewalttäter aus Kiel. Lehnecke betrieb früher den „Ruf des Nordens”-Versandhandel, dessen Emailadresse immer noch als Kontaktadresse von „MK-Service” genutzt wird. Verheiratet ist Matthias mit Melanie Kussin, langjährige Aktivistin des Kieler Kameradschaftsspektrums und mit guten Kontakten zu „Club88”-AktivistInnen um Christiane Dolscheid, Frank Rieckmann oder Michael Denz, deren Nachnamen er annahm.
Ein besonderes Beispiel für gesellschaftliche Verankerung auf der einen und neonazistische Politik auf der anderen Seite ist Eckart August. Öffentlich gibt sich August als familienfreundlicher Betreiber des „Eselpark Nessendorf” im Kreis Plön. Das Konzept ist aufgegangen: Der Eselpark wird omnipräsent im ganzen Bundesland als Ausflugsziel beworben und auch Ausflugstipps von großen Medien und Tourismusindustrie weisen oft auf den Betrieb der Familie August hin.
Antifaschist_innen stellt sich jedoch ein ganz anderes Bild der Szenerie dar. Eckart August ist bekannt für sein langjähriges Engagement in der NPD und soll auch finanziell der klammen Neonazi-Partei schon das eine oder andere Mal ausgeholfen haben. Jüngst in die Schlagzeilen geriet August, als bekannt wurde, dass der „NSU” im Urlaub auf seinem Eselpark zu Gast war. Dies ist kein Beweis dafür, dass August wusste es mit der untergetauchten neonazistischen Terror-Zelle zu tun zu haben, allerdings gibt es viele Hinweise, dass die Gruppe um Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sich ihre GastgeberInnen sehr sorgfältig aussuchte. So häuften sich Anschläge in Regionen wo Kontaktpersonen der drei Terroristen lebten und auch Anschlagspläne für Schleswig-Holstein wurden bekannt. Die TerroristInnen machten gern Urlaub im nahen Fehmarn und besuchten anscheinend auch Szene-Veranstaltungen in Schleswig-Holstein. Da entsprechend des Vorgehens in anderen Regionen auch für die Aktivitäten im Norden Deutschlands mutmaßlich örtliche Unterstützung vorhanden war, bleiben an August als eine der wenigen belegten Kontaktpersonen einige Fragen offen, die dieser wohl nie beantworten wird.
Dies war kurzer Einblick in neonazistische Geschäftswelten in Kiel und Umgebung. Auch wenn sicherlich die prominentesten Beispiele aufgeführt wurden, entziehen sich viele kleine und große Rückzugsräume der Neonazis oft der kritischen Öffentlichkeit. Um den Namen der Kampagne „An die Substanz!” auch Programm werden zu lassen, rufen wir alle Antifaschist_innen auf, zu helfen neonazistische Infrastruktur aufzudecken und gegen bekannte rechte Geschäfte aktiv zu werden. Teilt uns eure Informationen mit und organisiert euch!
VERSALZEN WIR DIE BRAUNE BRÜHE! NAZI-LÄDEN ZU AUTONOMEN ZENTREN, NAZIS ZU PLEITEGEIERN UND RASSISTISCHE SCHUNDBLÄTTER INS KLO!
KAMPAGNE „AN DIE SUBSTANZ! RECHTE INFRASTRUKTUR AUFDECKEN - NAZIS IN DIE PLEITE TREIBEN”
September 2013 | Infos & Kontakt: andiesubstanz.noblogs.org