(Gegenwind 296, Mai 2013)


Fahrradstation der Diakonie am Bahnhof Husum mit Aufbewahrung, Reparatur und Verleih.

Verbände

ADFC Schleswig-Holstein fordert an Qualität und Nachhaltigkeit ausgerichtete Mobilität

Im Vorfeld von Wahlen ist es üblich, dass die Verbände und Initiativen Positionspapiere mit Forderungen an die politischen Parteien veröffentlichen. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club, Landesverband Schleswig-Holstein e.V. (ADFC), hat 10 Aktionsfelder als wichtigen Baustein für nachhaltige Mobilität definiert.

„Je häufiger Radverkehr zum Thema gemacht wird, desto besser für die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden”, stellt der Vorsitzende des Landesverbandes Hans-Jürgen Heidemann, in der neuen Ausgabe Fahrradzeitung für Schleswig-Holstein „PETT MAN SÜLM” fest. Der ADFC befasst sich, wie die Beschreibung der Aktionsfelder zeigt, immerhin nicht nur mit dem Fahrradfahren sondern in Ansätzen auch mit der Regional- und Stadtplanung und mit der Mobilität insgesamt. Eine Kooperation mit anderen Bündnissen oder Verbänden, wie „Bahn für Alle”, dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) oder dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) ist allerdings nicht gerade obligatorisch. Eine nicht unerhebliche Zahl von Radfahrergruppen ist sogar überhaupt nicht organisiert oder lediglich einem Sportverein angegliedert.

Das politische Potenzial von Bürgerinitiativen, Vereinen und Verbänden

Insgesamt ist die Zusammenarbeit der Initiativen und Verbände trotz einiger Netzwerke und Mitgliedschaften in Dachverbänden wie dem Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) oder dem Deutschen Naturschutzring (DNR) nicht so wirkungsvoll wie sie sein müsste. Dies auch deshalb, weil die Einzelorganisationen und die Dachverbände grundsätzliche Kritik am politischen System scheuen. Diese Politik dürfte wohl auch ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die Medien kaum über den zweijährlich stattfinden Deutschen Naturschutztag berichten. In der Regel sind die Akteure, wie die Mehrheit der Bevölkerung, selbst zu sehr in das System eingebunden und oft auch nicht bereit oder in der Lage, gesellschaftspolitische Zusammenhänge zu analysieren. Eine systematische Berücksichtigung sozialer Aspekte findet bislang ebenfalls kaum statt. Internationalen Zusammenschlüsse, wie „Friends of the Earth” sind zwar gebildet worden, konnten aber auch noch keine bedeutsamen Wirkungen erzielen. Mehrere Verbände mit unterschiedlichen Zielrichtungen, Verbraucherinitiativen, Tierschutzvereinigungen, Erzeugergemeinschaften der ökologischen Landbewirtschaftung und die Umweltverbände haben es immerhin geschafft, sich in einem „Agrarbündnis” zusammenzuschließen, das seit einigen Jahren einmal jährlich u.a. eine Großdemonstration in Berlin durchführt.

Die Forderungen des ADFC

Die vom ADFC benannten Aktionsfelder enthalten keine quantitativen Forderungen. Wünschenswert wären prinzipiell konkretere Hinweise oder Forderungen zum Energieverbrauch der verschiedenen Verkehrsmittel, zur Umweltverträglichkeit, den volkswirtschaftlichen Kosten und zur Verkehrssicherheit. Die Verbindung von Fahrradverkehr und öffentlichem Personen Nah- und Regionalverkehr sollte stärker herausgestellt werden. Beispiele: flächendeckend überdachte und gepflegte Fahrradabstellplätze, Revitalisierung von Bahnhofsgebäuden, auch Rückkauf, Nutzung der Gebäude als Rasthäuser, barrierefreie Bahnsteige, geschlossene Wartehäuschen, Verbesserung der Bahninfrastruktur und der Tarifstruktur. Die Durchsetzung der konkreten Forderungen müsste gegebenenfalls auch durch Demonstrationen oder andere geeignete Aktionsformen unterstützt werden (Anm).

Die vom ADFC benannten 10 Aktionsfelder, leicht gekürzt:

  1. Mobilität ganzheitlich betrachten und ernst nehmen.
  2. AG „Fahrradfreundliche Kommunen” einrichten.
  3. Anwendung aktueller Regelwerke als Mindeststandard.
  4. Ausreichende Bereitstellung von Verkehrsraum, Fahren auf der Fahrbahn als Regelfall.
  5. Radstationen mit Service, überdachte Fahrradabstellanlagen.
  6. Nahmobilität bei der Planung von Wohnquartieren berücksichtigen (Steigerung sozialer Attraktivität).
  7. Bei der Planung von Verkehrsvorhaben neue Entwicklungen berücksichtigen.
  8. Vernetze Routen und Radschnellrouten einrichten und pflegen.
  9. Vorteile durch Beispiele und Vorbildverhalten darstellen.
  10. Fahrradmitnahme ausbauen, mehr Fahrradverleihsysteme schaffen.

Das Bündnis „Bahn für Alle” zur Mobilität

Weitergehende Forderungen zur Mobilität und zum Bahnbetrieb stellt das Bündnis „Bahn für Alle” in seinem Alternativen Geschäftsbericht der DB AG, erschienen am 20.03.2013, auf.

Das Bündnis fordert u.a.:

Im Bereich Service und Preisgestaltung sind bislang erhebliche Potenziale vernachlässigt worden. In allen größeren Bahnhöfen müssen Verkaufsstellen für Bahntickets erhalten bleiben bzw. wieder eingerichtet werden. Für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ist eine optimale Betreuung zu gewährleisten. Die Fahrradmitnahme sollte in allen Zügen möglich sein. In allen Fernzügen sollte ein Bordrestaurant vorhanden sein. Das Preissystem muss übersichtlich sein, die Bahncard 50 und die Bahncard 100 müssen ausgebaut und verbilligt werden. In der Schweiz liegen die Nutzerquoten um den Faktor 10 (BC 50) bzw. 50 (BC 100) höher als in der BRD. Insgesamt muss das Bahnfahren preiswerter und familienfreundlicher werden.

Klaus Peters

Anmerkung:
In einigen europäischen Städten finden in der Regel einmal jährlich relativ spektakuläre „Nacktradeldemonstrationen” statt. Die politische Wirkung dieser Veranstaltungen ist bisher jedoch ziemlich unbedeutend geblieben.

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