(Gegenwind 273, Juni 2011)
Nach den Urteilen in Sachen antimilitärische Gleisblockade geht der Protest gegen die Auslandseinsätze in Nordfriesland weiter. Die Aktivitin Hanna Poddig legte Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein und lokale AntimilitaristInnen rufen zu Pfingsten (10.6-13.6) zur Beteiligung an einem Friedenscamp vor der Husumer Fliegerhorstkaserne auf.
Im Februar 2008 musste ein Transportzug der Bundeswehr seine Fahrt zu einem Übungsmanöver für mehrere Stunden unterbrechen, weil eine antimilitaristische Blockadeaktion die Weiterfahrt verhinderte. Eine Person hatte sich an die Gleise angekettet und weitere Antimilitarist_innen demonstrierten mit ihr gemeinsam gegen die deutsche Armee und deren Kriegsbeteiligungen. „Das Gerede von ‚humanitären Einsätzen’ ist reine Propaganda. Es geht dabei schlicht um das Aufzeigen militärischer Handlungsfähigkeit, und den Ausbau von wirtschaftlichen Einflussgebieten” analysierte die AktivistIn damals.
In der Folge kam es zu verschiedenen Verfahren, so müssen sich die Aktivist_innen sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich verantworten. Das Strafverfahren gegen die Aktivistin, die sich 2008 an die Gleise gekettet hatte, sollte im Dezember 2009 in Husum eröffnet werden. Aufgrund von Protestaktionen vorm und im Gericht wurde das Verfahren vertagt und im Mai 2010 neu eröffnet.
Das Strafverfahren endete mit einer Verurteilung zu 90 Tagessätzen wegen Störung öffentlicher Betriebe und Nötigung. Gegen dieses Urteil legte sie Rechtsmittel ein, das Revisionsverfahren vor dem Oberlandesgericht Schleswig läuft noch. Weitere Strafverfahren gegen die beteiligten Unterstützer_innen sowie zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit der Nord-Ostseebahn bzw. Veolia als Mutterkonzern bzgl. der Kosten des Schienenersatzverkehrs kommen ebenfalls auf die vier Aktivist_innen zu.
Die DB Netz AG forderte von der damals angeketteten Aktivistin die Reparaturkosten des Gleises, die nach der Räumung der Aktion durch die Feuerwehr entstanden waren. Dagegen legte die heute 25jährige Aktivistin Rechtsmittel ein. „Weder das Landgericht in Flensburg, noch das Oberlandesgericht in Schleswig haben sich ernsthaft mit meiner Argumentation auseinandergesetzt. So bleibt mir nun nur noch der Gang vor das Verfassungsgericht” kommentiert sie die juristische Auseinandersetzung. „Die damalige Aktion hätte als Versammlung behandelt und dementsprechend nach Versammlungsrecht aufgelöst werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, bestand für mich zu keinem Zeitpunkt die Pflicht, mich aus dem Gleisbereich zu entfernen.” Zu diesem Ergebnis kommt auch ein juristisches Fachgutachten von Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano. Darin heißt es, die zivilrechtliche Forderung der DB Netz stelle einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit dar.
Auch in Husum ist das Thema Antimilitarismus weiterhin aktuell. Die Husum stationierten Soldat_innen sind regelmäßig Bestandteil der NATO Response Force und weltweit an allen sogenannten „Auslandseinsätzen” beteiligt.
Um darauf und auf weitere Kritikpunkte an Krieg und Militär aufmerksam zu machen wird erneut vor dem Haupttor der Fliegerhorstkaserne an der Flensburger Chaussee in Husum ein Protestcamp stattfinden. „Sicherheit geht GANZ anders” ist das Motto der Aktion, unter der aus Einzelpersonen bestehende Vorbereitungsgruppe zum Mitmachen aufruft. „Um GANZ anders Sicherheit zu schaffen, müssen die Wohlstandsgefälle in der Welt und in den Ländern ausgeglichen werden. Um wirklich Sicherheit in der Welt zu schaffen, sind nicht Militär und „Auslandseinsätze” nötig, sondern das Ende der weltweiten Ausbeutung der bisher Benachteiligten” fordern sie in ihrem Aufruf. Das Camp wird über Pfingsten (10. -13.6.2011) stattfinden. Wer das Camp, das Rahmenprogramm oder die Mobilisierung mitgestalten möchte, ist herzlich eingeladen, sich auch schon in die Vorbereitungen einzubringen.
Hauke Thoroe
Weiter Infos und Termine gibt es unter www.militarismus-jetzt-stoppen.de.vu