(Gegenwind 264, September 2010)
Hilfe von Haustür zu Haustür - über die Kontinente hinweg: Persönliche Begegnungen motivieren Menschen, sich in den Ländern des Südens zu engagieren. Die eigene Betroffenheit der MigrantInnen, Erlebnisse während eines Auslandsaufenthalts oder Berichte aus dem Freundeskreis oder aus der Nachbarschaft über das persönliche Schicksal von hilfsbedürftigen Menschen geben den Impuls, sich einer der kleinen Nichtregierungsorganisationen (NRO) anzuschließen, die in der Entwicklungshilfe beziehungsweise -zusammenarbeit tätig sind, oder sogar selbst eine eigene Organisation aufzubauen. Gegenüber großen Hilfsorganisationen, deren Strukturen und Leistungen für den Einzelnen direkt kaum überschaubar und überprüfbar erscheinen, zeichnen sich kleine regionale NROs durch transparent wirkende und Vertrauen weckende Strukturen aus.
Sie ermöglichen ein Engagement in zeitlich, räumlich und finanziell begrenzten Projekten. "Ich will nicht lange reden, sondern etwas tun" oder "Ich will wissen, dass die Hilfe ankommt" oder "Der Verwaltungsapparat soll nicht einen Großteil des Geldes schlucken" lauten einige der Prämissen für das Engagement. Direkt und konkret soll die Hilfe ansetzen und die Spuren individuellen Wirkens erkennen lassen, wie nachbarschaftliches Engagement von Haustür zu Haustür. Doch wer nimmt sonst noch Einfluss auf das Eine-Welt-Engagement der InitiatorInnen?
Die wirtschaftliche Bedeutung der nicht-staatlichen Entwicklungshilfegelder übersteigt seit Jahren die staatlichen Investitionen. Die Kürzungen der staatlichen Entwicklungshilfe von angestrebten 0,51 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf zu erwartende 0,4 Prozent in diesem Jahr verstärken diese Entwicklung. Während weltweit im vergangenen Jahr laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 119,57 Milliarden US-Dollar an staatlicher Entwicklungshilfe ausgegeben wurden, schickten allein MigrantInnen nach Schätzungen der Weltbank 317 Mrd. US-Dollar in ihre Herkunftsländer zurück. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Kapitaltransfers sowie der nicht-staatlich organisierten Entwicklungshilfe kann daher nicht unterschätzt werden.
Termine Bündnis Eine Welt S-H, BEI:
19. September, 9 bis 16 Uhr, Marktplatz Plön
2. Politischer Kirchentag Plön, "Markt der Möglichkeiten"
BEI: Ausstellung "Entwicklungsland D", Film mit anschließender Diskussion
terre des hommes: Präsentation der Kampagnen "Schutzschirm für Kinder", Rechte für Menschen - Regeln für Unternehmen!, "Faire Beschaffung - jetzt!"
Weitere Infos zum 2. PKTP unter www.politischer-kirchentag-ploen.de
13. bis 26. September, an verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein
Faire Woche 2010 - Fair schmeckt mir!
Verschiedene Restaurants in Schleswig-Holstein bieten an einem Tag während der Fairen Woche ein besonderes Gericht mit fair gehandeltem Kakao an.
Weitere Informationen gibt es ab Anfang September unter www.bei-sh.org/php/termine.php?id=170
30. September, 10 bis 17 Uhr, Geographisches Institut, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Paxistag Globales Lernen 2010: "Anregen - austauschen - ausprobieren"
Weitere Informationen unter www.bei-sh.org/php/termine.php?id=172
7. Oktober, 9 bis 17 Uhr, Akademie für Natur und Umwelt, Flintbek
Seminar: "Nachhaltig beschaffen - wie kann Schleswig-Holstein das schaffen?"
Weitere Informationen unter www.bei-sh.org/php/termine.php?id=173
9. Oktober, ab 17 Uhr, Interkulturelle Wochen, KulturForum Kiel
BEI: 17 bis 20 Uhr: verschiedenen BEI-Mitgliedsgruppen präsentieren ihre Projekte (u.a. Africare, Gyeyen - Save us, Sahel, Frauenwege in Togo, Senegal-Verein) und Ausstellung von Schülerbildern "Mal die Wel in Deinen Farben"
17 bis 19 Uhr: Spiele aus afrikanischen Ländern für Kinder
Africare: ab 20 Uhr: Afrikafest mit Live-Musik
Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln hängt die Verwendung der privaten Einzelüberweisungen in erster Linie vom Bildungsgrad der MigrantInnen ab: Da Geringqualifizierte oft aus Familien mit einem niedrigen Einkommen stammten, sicherten ihre Überweisungen den Familien in den Ländern des Südens die Grundversorgung. Die finanziellen Mittel mittelqualifizierter MigrantInnen werde hingegen häufiger für private Investitionen (Immobilien) gespart, während die Geldtransfers Hochqualifizierter eher für sogenannte produktive Investitionen genutzt werde, also zum Beispiel für Existenzgründungen.
Unterliegen die privaten Transfers keiner externen Kontrolle, müssen kleine NROs, die ihre Projekte über externe Geldgeber finanzieren, ihre Ziele bei Projektantrag und den Erfolg nach Projektabschluss gegenüber den Geldgebern erklären sowie gegenüber den Organisationen Rechenschaft ablegen, in deren Namen die Projekte durchgeführt werden. Dennoch wird gerade bei den kleinen NROs die fehlende oder mangelhafte Evaluation ihrer Projekte bemängelt. Es fehlen die finanziellen Mittel und die Strukturen für eine Qualitätsentwicklung - und kontrolle. Dagegen spricht nicht, dass von kleinen NROs wesentliche Impulse für die Einführung von Qualitätsstandards ausgehen und diese daraufhin in der eigenen Arbeit mit beispielhaften Charakter für weitere Projekte angewendet werden.
Eine der Aufgaben der entwicklungspolitischen Landesnetzwerke besteht unter anderem in der Beratung und der Qualifizierung seiner Mitgliedsgruppen. Eine weitere Aufgabe liegt in der kontinuierlichen kritischen Reflektion entwicklungspolitischer Inhalte in kooperativer Auseinandersetzung mit den Eine-Welt-Engagierten. Beim Bündnis EineWelt Schleswig-Holstein, BEI, sind derzeit 65 Gruppen und Vereine aktiv. Nicht nur aufgrund der Unterschiedlichkeit der Projektarten und Projektorte sowie der politischen und der sozialen Heterogenität der in den Mitgliedsgruppen Engagierten, sondern auch weil die NROs mit ihren Projekten durchaus in Konkurrenz zueinander stehen, stellt die Zusammenführung der Mitgliedsgruppen zum gegenseitigen Austausch und zu Fortbildungen eine besondere Herausforderung dar und bildet das Herzstück der Arbeit des BEI.
An der Schnittstelle zwischen Politik und der konkreten Arbeit der Mitgliedsgruppen hat das Landesnetzwerk als überparteilicher und überkonfessioneller Verband die Möglichkeit, sich an der Diskussion über Entwicklungsziele seiner Mitgliedsgruppen zu beteiligen, wie es auch aufgrund der Nähe zur Praxis die Legitimation besitzt, entwicklungspolitische Ziele gegenüber der Politik zu formulieren und auf deren Einhaltung zu pochen.
Nicole Gifhorn
Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein, BEI