(Gegenwind 263, August 2010)

Grüner Institutsleiter regiert nach Gutsherrenart

"top-down" statt "bottom-up" in der Regionalentwicklung

Ökologischer Fußabdruck

Seit einigen Jahren wird in vielen ländlichen Regionen in Schleswig-Holstein der strukturelle Wandel durch Regionalentwicklungsprogramme - meist durch die EU gefördert - vorangetrieben. Dabei soll der Einbindung der lokalen Bevölkerung ein zentraler Stellenwert zukommen - "Bottom-Up"-Prinzip.

Dies sollte auch in dem kleinen Dorf Trenthorst (Ortsteil der Gemeinde Westerau bei Reinfeld) nicht anders sein. So lud die Bürgermeisterin der Gemeinde Westerau die Anwohner 2009 zu einem ersten Treffen ein. Dabei teilte das ortsansässige vTI (von Thünen Institut, Institut für Ökologischen Landbau) mit, dass es in den nächsten Jahren einige Gebäude und Flächen abgeben möchte (fast das halbe Dorf) und sich dafür eine dorfverträgliche Nachnutzung wünsche, die auf von BürgerInnen entwickelten Ideen basiert.

Vielleicht zu schön um wahr zu sein...

Es ist ja nicht so häufig, dass die BürgerInnen in die Politik eingebunden werden, dementsprechend motiviert machte sich eine Arbeitsgruppe an die Arbeit und entwickelte Ideen für die zur Disposition stehenden Flächen und die Dorfentwicklung darüber hinaus. Es entstanden Ideen wie Naturlehrpfad, Herberge, Ansiedlung von Handwerkern mit altem (Kunst-)Handwerk oder einer Energiewenderegion. Auch Vorschläge zur zukünftigen Organsationsform, z.B. Genossenschaft, wurden gemacht. Klar, bis zur Projektrealisierung würde es noch ein weiter Weg sein, aber die ersten Schritte wurden gegangen...

Ökologischer Fußabdruck

Unter dem Ökologischen Fußabdruck wird die Fläche auf der Erde verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen (unter Fortführung heutiger Produktionsbedingungen) dauerhaft zu ermöglichen. Das schließt Flächen ein, die zur Produktion seiner Kleidung und Nahrung oder zur Bereitstellung von Energie, aber z. B. auch zum Abbau des von ihm erzeugten Mülls oder zum Binden des durch seine Aktivitäten freigesetzten Kohlendioxids benötigt werden (Wikipedia). Demnach benötigen wir für unseren heutigen Lebensstandard deutlich mehr Fläche, als uns eigentlich zustehen würde (in Deutschland etwa 3 mal soviel).

Kritisiert wird am Ökologischen Fußabdruck unter anderem, dass er auf wackliger und spekulativer Datenbasis beruhe, die Ursachen für Umweltprobleme verschwimmen würden, und rein auf deren Individualisierung der Umweltauswirkungen gesetzt wird.

So kritisiert der in der Umweltbildungs-Szene bekannte Richard Häusler in einer ANU (Netzwerk für Umweltbildung in Deutschland) Veröffentlichung die zugrunde liegende "Food-und-Boden-Ideologie": "Alle Produktivität auf Fläche umzurechnen, führt zu zweifelhaften Ergebnissen... Daraus könnte man also folgern, dass der Lebensstil der US-Bevölkerung bei weitem weniger ökologisch defizitär ist als der in Japan oder Holland, ja sogar in Indien! Dass die USA einen Löwenanteil an Treibhausgasen verursachen, verschwindet in dieser Vergleichsrechnung völlig..."

Zu dem Projekt Ökologischer Fußabdruck in Trenthorst ist bisher bekannt, dass die pro Person benötigte Fläche im Ist-Zustand, nachhaltigen, und für ein autarkes Deutschland auf einer realen Fläche dargestellt werden soll. Die Fläche für ein autarkes Deutschland soll in Form der Deutschen Landesgrenzen auch real beackert und "belebt" werden, angrenzende Gebäude sollen teilweise für weitere Informationen mit genutzt werden. Das Modell soll vor allem von Schulklassen und anderen Besuchergruppen besichtigt werden können. Gefördert werden soll das Projekt aus dem EU-Programm "Health Check", welches der Umstrukturierung der Landwirtschaft und ländlichen Entwicklung dienen soll.

Kritische Texte zum Ökologischen Fußabdruck:
de.wikipedia.org/wiki/Umweltraum#Kritik
www.umweltbildung.de/uploads/tx_anubfne/fussabdruck_haeusler.pdf
unterben.wordpress.com/2008/09/26/leben-auf-okopump-eine-kritik-des-okologischen-fusabdrucks/

"Top-down" statt "Bottom-up"

Der Institutsleiter - Prof. Dr. Rahmann - , der nach eigenen Aussage ein "Macher" ist und wenig vorm "Gerede" des AKs hielt (bei dem er nicht selber anwesend war), hatte sich aber dem "Top-Down"- Prinzip verschrieben und brachte seine Idee für ein Projekt "Ökologischer Fußabdruck" lieber gleich auf Vorstands- und Landesebene ein.

Als sich hierüber einige ortsansässige BürgerInnen wunderten und jemand wagte, berechtigte Kritik zu äußern und die Frage nach dem persönlichen ökologischen Fußabdruck des "grünen" Institutsleiters stellte, ließen einige Betretungsverbote (des Institutsgeländes) nicht lange auf sich warten...

"Sippenhaft" und Ausschluss der Öffentlichkeit

Mit den verteilten Betretungsverboten verfolgte der Institutsleiter offensichtlich das Ziel, KritikerInnen von mehreren öffentlichen Veranstaltungen (die in Räumen des Instituts stattfanden), wo er sein Projekt vorstellte, auszuschließen. Ein Anwohner, der trotz Betretungsverbot erschien (und nach Aufforderung die Veranstaltung nicht verließ) wurde vom Institutsleiter öffentlich diffamiert und vorgeführt. Besonders schlimm: selbst bei der Sitzung des AK Umweltbildung von Holsteins Herz stoppte niemand diese Vorwurfssalven des Institutsleiters, bis der Beschuldigte es selber tat.

Auf Nachfrage, was ihm vorzuwerfen sei, antwortete der Institutsleiter: "Er sei in Sippenhaft seiner Frau". Die Antwort offenbart zumindest das Rechtsverständnis des Institutsleiters...

Die für den Folgetag geplante Projektvorstellung für den Trenthorster Arbeitskreis wurde vom Institutsleiter lieber abgesagt, befürchtete er etwa Kritik? Die bekam er dann trotzdem, Zitat aus dem Protokoll des Treffens: "Gutsherrenart"!

Antiquierte Umweltbildung

Neben der Vorgehensweise gibt es aber auch inhaltliche Bedenken an dem Projekt. So beruht es auf einem für Laien kaum nachprüfbaren Zahlenwust, womit demonstriert werden soll, welche Landfläche der "Durchschnittsdeutsche" zur Zeit nutzt bzw. eigentlich für sein Überleben nur nutzen dürfte. Auch wenn die genaue Art der Präsentation dieses Themas und das dahinterstehende umweltpädagogische Konzept noch weitgehend im Dunkeln blieb, beruht das Projekt offensichtlich auf einer veralteten Umweltbildung der Schwarzmalerei: "wir Menschen nutzen den Planten zu stark". Diese Feststellung, die schon der Club of Rome 1972 in seinem ersten Bericht festhielt, mag zwar nach wie vor richtig sein, nur sie demotiviert und das ist das Gegenteil von dem was Umweltbildung - gerade bei der heutigen Jugend - erreichen will und soll. Moderne Konzepte der Umweltbildung, wie Naturerleben, Bildung zur Nachhaltigen Entwicklung oder politische (Umwelt-)Bildung motivieren und regen zum Selber machen an!

Seilschaften?

Viele Seiten zeigten zwar Verständnis für die vorgebrachte Kritik, aber blieb eine Intervention bisher aus. Von Seiten Holsteins Herz findet man das Projekt wohl zu "gut" um es durch irgendwelche Auseinandersetzungen zu gefährden. Oder könnte ein Grund sein, dass der Herr Prof. Dr. Rahmann als Vertreter der Grünen Stormarns mit im Vorstand sitzt? So wundern sich selbst langjährige MitstreiterInnen von Holsteins Herz, wie viel Geld mit einmal vorhanden ist und wie schnell alles plötzlich geht.

Auch die lokale Bevölkerung äußert Kritik meist nur hinter vorgehaltener Hand, weil es in so einem kleinen Dorf - verständlicherweise - vielfältige Abhängigkeiten vom Institut gibt.

Da das Projekt ja noch nicht endgültig bewilligt ist und erst recht noch nicht in die Tat umgesetzt wurde, besteht natürlich die Chance, dass sich das Blatt noch wendet. Wäre doch schön, wenn es auch in der Regionalentwicklung wieder heißt: "Bottom-Up" anstatt "Top-Down"!

Holsteins Herz

...ist eine von 21 ländlichen Aktivregionen in Schleswig-Holstein, wo die Regionalentwicklung vorangetrieben werden soll. Finanziert werden in diesen Regionen ein Regionalmanagement und von Gemeinden, Institutionen und BürgerInnen eingebrachte Projekte - meist durch EU-Mittel. Alle Regionen haben sich auf ein unter Bürgerbeteiligung entstandenes Entwicklungskonzept festgelegt, die hier festgeschriebenen Ziele und Strategien sollen später für die Projektentwicklung und Bewilligung maßgeblich sein. Dabei ist durch die EU das "Bottom-Up" Prinzip (was mehr als Bürgerbeteiligung bedeutet, eher vielleicht Bürgerwirken) bereits vorgegeben, denn in den Aktivregionen sollen Projekte entstehen, die das Leben der vor Ort lebenden Bevölkerung verbessern - Regionalentwicklung eben!

Zitat aus dem Infoblatt "Zukunftsprogramm ländlicher Raum": "Die Leader-Methode der EU ist Grundlage für eine nachhaltige Regionalentwicklung, die in der Region verwurzelt ist, aus ihr heraus entsteht und sich auf die Kompetenzen der Menschen vor Ort stützt."

www.aktivregion.schleswig-holstein.de
www.holsteinsherz.de

Auf dieser Fläche mitten im Dorf Trenthorst soll das Projekt Ökologischen Fussabdruck entstehen
Auf dieser Fläche mitten im Dorf Trenthorst soll das Projekt Ökologischen Fussabdruck entstehen

Jörn Hartje
BU

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