(Gegenwind 258, März 2010)

Peter Lehnert

Interview mit Peter Lehnert (CDU), Integrationsbeauftragter der Landesregierung Schleswig-Holstein

"Integration ist eine Querschnittsaufgabe"

Die neue Landesregierung aus CDU und FDP hat in ihrer Geschäftsordnung die Zuständigkeiten der Ministerien in einzelnen Punkten geändert. Das Justizministerium ist jetzt für Gleichstellung und Integration zuständig. Gleichzeitig wurde mit dem Landtagsabgeordneten Peter Lehnert ein "Beauftragter für Integration" ernannt, der dem Justizministerium zugeordnet ist. Wir baten ihn, sich selbst und seine neue Aufgabe im Interview vorzustellen.

Gegenwind:

Könnten Sie sich als erstes selbst vorstellen?

Peter Lehnert:

Ich bin seit 1980 politisch aktiv, zunächst im kommunalpolitischen Bereich. Ich war lange Jahre Ratsherr in der Stadt Pinneberg, und seit 1992 bin ich Landtagsabgeordneter. Ich habe zunächst im Finanzausschuss gearbeitet, bin dann in den Innen- und Rechtsbereich gewechselt. In den letzten sieben Jahren war ich Vorsitzender des Innen- und Rechtsarbeitskreises der CDU-Landtagsfraktion und später stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Gegenwind:

Welche Verbindung haben Sie in der ganzen Zeit zum Thema Integration und Einwanderung gehabt?

Peter Lehnert:

Beides sind originäre Schwerpunktthemen im Innen- und Rechtsbereich. Zum einen geht es oft um juristische Fragen, zum anderen um die Gesetzgebung im Bereich der Innenpolitik. Aber ich habe auch eine ganze Reihe von Berührungspunkten im Rahmen der Kommunalpolitik gehabt. Integration ist ein ganz wichtiges Betätigungsfeld, das vor allem auf kommunaler Ebene bearbeitet werden muss. Integration muss vor Ort gelebt werden.

Gegenwind:

Was ist Ihre Aufgabe als Integrationsbeauftragter?

Peter Lehnert:

Meine Aufgabe ist es, eine sogenannte Zweibahnstraße zu organisieren zwischen Landesregierung und den Menschen mit Migrationshintergrund in Schleswig-Holstein. Ich möchte den Migrantinnen und Migranten selbst, vor allem aber den Migranten- Organisationen und -Verbänden als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Darüber hinaus formuliere ich für mich selbst auch den Anspruch, möglichst oft vor Ort Erfahrungen zu sammeln. Ich habe schon eine Reihe von Terminen vereinbart, um mich über die ganz konkrete Lebenssituation von Migratinnnen und Migranten zu informieren. Die Erkenntnisse, die ich aus diesen Gesprächen, diesen Vor-Ort-Ansichten erlange, werden mir helfen, den Minister zu beraten und entsprechende Empfehlungen für die Landesregierung daraus abzuleiten.

Gegenwind:

Wie ist es mit den anderen Ministerien? Auch das Bildungsministerium oder das Arbeitsministerium haben mit Integration zu tun. Dürfen Sie dort auch eingreifen, Ratschläge geben?

Peter Lehnert:

Eingreifen nicht, aber über Empfehlungen an den Justizminister kann ich dann aktiv werden. Denn dieser ist federführend für die Integration zuständig. Aber selbstverständlich ist Integration eine Querschnittsaufgabe, die gerade den Bildungsbereich betrifft. Beispielsweise die Aufgaben im Zusammenhang mit der frühkindlichen Erziehung sollten wir möglichst schnell auch im Landtag und seinen Gremien beraten. Dabei geht es um die Fragen der Sprachförderung im Bereich der Kindertagesstätten, der frühkindlichen Förderung und der Schulen - das sind natürlich ganz zentrale Punkte für die Integration. Später geht es auch um Ausbildungsplätze für Menschen mit Migrationshintergrund. Das sind Querschnittsaufgaben, die wir gemeinsam mit allen Akteuren koordinieren wollen.

Gegenwind:

Gibt es Probleme dadurch, dass in allen anderen Bundesländern die Innenminister zuständig sind? Die Innenministerkonferenz entscheidet ja bestimmte Fragen wie Abschiebestopps oder jetzt die Altfallregelung. Ist Schleswig-Holstein da noch mit im Spiel?

Peter Lehnert:

Ersteres ist in Schleswig-Holstein unproblematisch, weil das Schwerpunktthema Integration, mit dem wir uns befassen, sich zunächst auf die Bevölkerungsgruppen konzentriert, die lange Zeit hier leben und einen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Die anderen Bereiche erfordern eine enge Koordinierung zwischen Justiz- und Innenminister. Ich bin sicher, dass das gut funktioniert.

Gegenwind:

Wie weit rechnen Sie auch mit Konfrontationen? Mitte Januar hat Ihr Minister sich zur Optionspflicht anders geäußert als die CDU-Position die letzten Jahre war. Das Gesetz schreibt vor, dass hier geborene Kinder von Ausländerinnen und Ausländern mit unbefristetem Aufenthalt die ausländische und deutsche Staatsangehörigkeit parallel bekommen, sich aber mit 18 Jahren für eine entscheiden müssen. Ihr Minister hat gesagt, er würde sich für das Recht einsetzen, beide zu behalten. Müssen Sie als Integrationsbeauftragter in Zukunft in bestimmten Fragen auch Stellung gegen die eigene Fraktionsmehrheit nehmen?

Peter Lehnert:

Ich spreche hier ja nicht für die CDU-Fraktion, sondern als Integrationsbeauftragter der Landesregierung. In dieser Funktion habe ich eine gewisse Neutralität zu wahren. Das hindert mich aber nicht daran, als Integrationsbeauftragter in Einzelfällen eigenständige Positionen zu vertreten. In diesem Bereich lege ich Wert auf Unabhängigkeit.

Gegenwind:

Wie unterscheiden sich Ihre Aufgaben von denen des Flüchtlingsbeauftragten des Landtags? Das liegt ja relativ nah beieinander.

Peter Lehnert:

Der Flüchtlingsbeauftragte des Landtages, wie der Name schon sagt, berät den Landtag in seiner Gänze. Meine Aufgabe ist eben die spezielle Beratung der Landesregierung. Außerdem habe ich in erster Linie eine beratende Funktion im Bereich der Menschen mit Migrationshintergrund, die einen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Herr Jöhnk hat eher den Schwerpunkt im Bereich Flüchtlinge, Asylbewerber, ausländerrechtlicher Status, was nicht nur, aber in der Regel Fragen von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus betrifft. Insofern gibt es nicht zwingend Überschneidungen. Die wird es sicherlich aber in dem einem oder dem anderen Fall geben. Dann wird es wichtig sein, eine enge Koordinierung und Abstimmung vorzunehmen.

Gegenwind:

Wünschen Sie, dass sich Vereine jetzt an Sie wenden? Wünschen Sie sich auch, dass sich jetzt Einzelpersonen mit Problemen an Sie wenden?

Peter Lehnert:

Selbstverständlich können sich auch Einzelpersonen mit ihren Problemen an mich wenden, und ich würde sie dann an die entsprechenden Stellen vermitteln, die ihnen möglicherweise weiterhelfen können. Denn meine Funktion ist nicht die eines Ombudsmannes oder Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten, die mit ihrem Apparat eigenständig tätig werden könnten. Von Vereinen und Verbänden habe ich schon eine ganze Reihe von Terminanfragen. Viele Termine sind bereits vereinbart. Das ist natürlich gewünscht, um mich umfänglich sachkundig zu machen, vor Ort die Probleme aufzugreifen und offen anzusprechen.

Interview: Reinhard Pohl

Peter Lehnert, Beauftragter für Integration beim Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration, Lorentzendamm 35, 24103 Kiel, Telefon: 0431 988-2500, Telefax: 0431 988-2505, Email: peter.lehnert@jumi.landsh.de

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