(Gegenwind 257, Februar 2010)
Mehr als ein halbes Dutzend Vereine und Organisationen, darunter der Gegenwind (Gesellschaft für politische Bildung e.V.) gründeten am 18. Januar in Landeshaus den "Anti-Diskriminierungsverband Schleswig-Holstein e.V."
Seit 2005 gibt es in Deutschland das "Allgemeine Gleichbehandlungs-Gesetz (AGG)", entstanden aus dem rot-grünen Entwurf für ein Anti-Diskriminierungsgesetz. Damit hat die Bundesregierung mehrere EU-Richtlinien umgesetzt, mit denen die Diskriminierung wegen der Herkunft, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder der Religion nicht nur verboten, sondern wirksam bekämpft werden sollen.
Das AGG krankt daran, dass es für die Durchsetzung kaum Kontrollen gibt. Betroffene können gegen Arbeitgeber, Vermieter oder Disco-Beisitzer klagen, wenn sie sich gegen eine Diskriminierung wehren wollen - aber sie stehen alleine da, und es gehört Mut und Risikobereitschaft dazu, zum Beispiel gegen den eigenen Arbeitgeber zu klagen.
Hier will der Antidiskriminierungsverband in Zukunft aktiv werden. Er will Anlaufstellen schaffen, wo Opfer von Diskriminierungen beraten werden, bevorzugt natürlich bei den einzelnen Mitgliedsvereinen. Dazu will er sich durch die Eintragung das Recht sichern, entsprechend den Vorschriften des AGG Opfer von Diskriminierungen auch vor Gericht zu vertreten, wenn diese sich keinen Anwalt leisten wollen oder können.
Dazu gibt es auch Regelungen im Gesetz, die bisher theoretisch geblieben sind, So sollen Betriebe über die Regelungen des AGG informieren und innerhalb der Firma beauftragte schaffen, an die sich Opfer von Diskriminierungen wenden können. Die Umsetzung dieser Regelungen wird bisher von niemandem überprüft - der Verdacht ist sicherlich nicht unbegründet, dass die meisten Firmen Schleswig-Holsteins diese Vorschrift bisher erfolgreich ignoriert haben. Auch hier will der neue Verband aktiv werden.
Wichtig ist aber vor allem die Öffentlichkeitsarbeit. Mit der Vertretung einzelner Diskriminierungsopfer, die sich erfolgreich wehren, soll auch eine Öffentlichkeitsarbeit verbunden werden. Damit können andere ermutigt werden sich ebenfalls zu wehren - vielleicht können Diskriminierungen damit auch im Vorfeld schon verhindert werden. Denn welche Firma, welche Wohnungsbaugesellschaft, welche Disco mochte schon riskieren, bei einer Diskriminierung auch öffentlich an den Pranger gestellt zu werden?
Eine erste Gründung im Frühjahr 2009 war gescheitert, weil das Amtsgericht Kiel die Eintragung des Vereins in das Register verweigerte. Das ist aber Voraussetzung, um die Rechte aus dem AGG in Anspruch nehmen zu können.
Auf der Gründungsversammlung wurde ein dreiköpfiger Vorstand aus Mona Golla (ZBBS, Kiel), Krystyna Michalski (Paritätischer, Kiel) und Ilhan Isözen (Haus der Kulturen, Lübeck) gewählt. Diese sollen zunächst dafür sorgen, dass der neue Verein eingetragen und damit rechtsfähig wird. Dann sollen weitere interessierte Vereine und Verbände aufgenommen werden, um nach Möglichkeit bei der nächsten Mitgliederversammlung einen größeren Vorstand wählen zu können.
Privatpersonen können jederzeit als Fördermitglieder beitreten. Kontakt ist über den Paritätischen möglich - es ist aber auch möglich, über den Gegenwind mit dem Anti-Diskriminierungsverband in Kontakt zu treten.
Reinhard Pohl