(Gegenwind 246, März 2009)

HSH Nordbank - Shopping Passage

Krise: Politik reagiert mit Aktionismus und Täuschung

Faule Kredite, frisches Geld

Die Banken- und Finanzkrise hat auch eine große Zahl kluger Kommentare und Analysen hervorgebracht. Einige Politiker und Journalisten haben es sich nicht nehmen lassen, sogar Karl Marx zu zitieren. Für die Bürger ist das Verständnis von Ursachen und Wirkungen der Krise und der vorgeschlagenen Maßnahmen deshalb nicht gerade einfacher geworden. Das System soll nämlich keineswegs infrage gestellt werden.

Eine wirkliche Durchdringung der wirtschaftlichen Abläufe, ihre Bewertung und die Erkenntnis der Notwendigkeit ihrer grundlegenden Veränderung sind aber nur auf der Basis der von Karl Marx und Friedrich Engels erarbeiten wissenschaftlichen Grundlagen zur "politischen Ökonomie" möglich.

Doch wer setzt sich mal eben mit den drei Bänden des Kapitals auseinander? Selbst die Auswahl und Durcharbeitung geeigneter Sekundärliteratur erfordert einen großen Aufwand. Die Grundprinzipien der kapitalistischen Wirtschaftweise sind jedoch relativ einfach und allgemeingültig.

Wirtschaftskrisen sind eng mit dem Kapitalismus verbunden. Die ersten größeren Krisen entwickelten sich im 17. Jahrhundert, eine Häufung verschiedener Krisen trat dann im 19. Jahrhundert ein. Zu den bekanntesten Krisen gehören die Weltwirtschaftskrise von 1929, die Ölkrise des Jahres 1973 und die "New-Economy-Krise" ab 2000. Die Gründe können verschiedenartig sein und sich auch überlagern (Überproduktion, Rohstoffmangel, Naturkatastrophen, Kriege, Spekulation und Betrug). Die häufigste Ursache für größere Krisen und mehrjährig wiederkehrende Rezessionen ist die Überproduktion.

Zahlen und Daten zu den Staatsfinanzen

(Angaben für 2008)

Verschuldung/Maastricht-Kriterium:
(Staats-)Verschuldung darf 3 % des Brutto-Nationalprodukts nicht überschreiten, d.h. ca. 75 Milliarden Euro.

Quelle: Bundesregierung/Landesregierung SH

Die Überproduktionskrise ist eine gesetzmäßig wiederkehrende Wirtschaftskrise des Kapitalismus, weil die "Anarchie" des Marktes das Kapital immer wieder zu viele Waren im Vergleich zur Nachfrage bzw. Kaufkraft produziert. Die Ursache dieser durch die von Karl Marx aufgedeckten Gesetzmäßigkeit liegt in dem Widerspruch der privaten Aneignung und Akkumulation der Produktionsgewinne (durch Eigentümer der Produktionsmittel bzw. Anteilseigner), des von den Arbeitskräften produzierten "Mehrwerts" und dem Zwang, immer mehr zu rationalisieren und die Lohnkosten zu senken (Produktivitätssteigerung). Eine weitere Folge des "Gesetzes des tendenziellen Falls der Profitrate", die sich aus der Konkurrenzsituation im kapitalistischen System ergibt, sind die Ausweitung der Produktion und die Bildung von Zusammenschlüssen /Monopolen. Sollte die Lohnquote ein Niveau erreichen, das die Profitrate beeinträchtigt, werden Investitionen hinausgezögert oder überhaupt nicht mehr getätigt.

Ein wesentliches Element zur Steuerung der Lohnquote ist die Höhe der Arbeitslosigkeit. Es wird davon ausgegangen, dass die kapitalistische Wirtschaft eine Sockelarbeitslosigkeit von ca. 6 % benötigt, um den gewünschten Druck ausüben zu können. Zur Sicherung der kapitalistischen Verhältnisse wurden in der Vergangenheit in verschiedenen Ländern der Welt auch immer wieder staatsterroristische Systeme aufgebaut. Der Zwang zur Ausweitung der Produktion und zur Sicherung von Ressourcen ist Grund für den Einsatz militärischer Gewalt, Krieg und Barbarei.

Daten zum Arbeitsmarkt (Dez. 2008)

(Zahlen ab- bzw. aufgerundet)

Quelle: Bundesagentur für Arbeit/Statistisches Bundesamt

Die Finanzkrise ab 2007

Die aktuelle Finanzkrise ist eine Krise, die im Frühsommer 2007 mit der US-Immobilienkrise (auch Subprimekrise) begann. Seit Ende 2008 hatte sie auch Auswirkungen auf die globale Realwirtschaft. Die Krise wurde durch stark fallende Immobilenpreise in den USA ausgelöst, die sich nach einer längeren Preissteigerungsphase zu einer Immobilenblase entwickelt hatten. Die eigentliche Ursache war die in großem Umfang, leichtfertig erfolgte Vergabe von Immobilenkrediten an finanziell schwache Kreditnehmer. Die Hypotheken wurden ebenfalls in großem Umfang "verbrieft", d.h. in andere Finanzprodukte eingebunden, global verkauft. Die Käufer (Banken und andere Finanzinstitute) führten keine angemessenen Risikoabwägungen durch. Im Herbst 2008 ging der Internationale Währungsfond (IWF) von Verlusten in Höhe von 1,3 Millionen US-Dollar aus.

Die Finanzspekulation der Finanzinstitute und Anleger - die teilweise durch die Banken und Institute getäuscht worden sind - war und ist durch ein einige Megatrends initiiert und beschleunigt worden.

Durch zwei langfristige Megatrends:

  1. Enorme Zunahme des privaten Kapitalvermögens,
  2. Internationalisierung der Finanzvermögen.

Diese Megatrends lassen sich auf vier wesentliche Ursachen zurückführen:

  1. Umverteilung von Vermögen von unten nach oben,
  2. erhebliche Zunahme von kapitalgedeckten Rentensystemen,
  3. expansive Kreditpolitik der Banken,
  4. starke Internationalisierung von Kapitalflüssen und -anlagen.
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HSH Nordbank

Die HSH Nordbank ist 2003 aus der Fusion der Hamburgischen und der Schleswig-Holsteinischen Landesbank hervorgegangen. Die Bilanzsumme beträgt rund 240 Mrd. Euro. Die HSH Nordbank ist wie andere Landesbanken eigentlich eine öffentliche Regionalbank, inzwischen aber mit insgesamt rund 4900 Mitarbeitern weltweit tätig. Neben den beiden Bundesländern mit rund 30 % sind der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein mit knapp 15 % und seit 2006 auch neun amerikanische Investorengruppen, mit über 25 %, Eigentümer der Bank (Übernahme des WestLB-Anteils). Der Schwerpunkt der HSH Nordbank liegt im Bereich der Finanzierung von Transport (weltweit größter Schiffsfinanzierer) , Energie und Immobilen. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist die HSH Nordbank als Namensgeber und Sponsor der Hamburger Fußballarena.

Die Bilanzsumme liegt bei 204 Mrd. Euro. Die Verluste betrugen Ende 2008 ca. 2,4 Mrd. Euro. Die Bank hat aber bei der Finanzmarktstabilisierungsanstalt des Bundes einen Garantierahmen von 30 Mrd. beantragt. Trotzdem will die HSH Nordbank 70 Millionen Euro Dividende auszahlen. Der bisherige Vorstandsvorsitzende ist von seinem Amt zurückgetreten. Aufsichtsratsvorsitzender ist der ehemalige Hamburger Finanzsenator Peiner.

Kommentar des Steuerzahlerbundes zur Entwicklung: "Die Fehlentwicklungen bei der HSH Nordbank sind auch auf jahrelanges Verhalten der Politik in den Aufsichtsgremien zurückzuführen, die das Landesparlament aber leider immer mitgetragen hat. Nicht mehr die strukturpolitischen Aufgaben der Landesbanken alten Stils standen im Vordergrund sondern Profite, die als Dividenden Haushaltslöcher stopfen sollten. Die Risiken hat die Politik unterschätzt oder mangels Sachkompetenz nicht erkannt. " (Der Steuerzahlerbund tritt für einen Ausstieg aus der Bank ein. Zukünftige Risiken lägen dann aber wieder bei den Anlegern und letztlich auch beim Staat/Steuerzahler.)

Glossar

Wirtschaftsformen

Begriffe im Bank- und Finanzwesen

Gegenmaßnahmen

Als Gegenmaßnahmen sind Garantieerklärungen (Rettungsschirm) in Höhe von rund 500 Mrd. Euro, Kredite und Beteiligungen bereitgestellt worden. Ferner eine Senkung der Leitzinsen erfolgt. Als klassische keynesianistische Maßnahme sind zwei Konjunkturprogramme entwickelt worden. Die Maßnahmen sind aus mehreren Gründen sehr umstritten. Die Abstimmung auf europäischer Ebene, mit den USA und auf globaler Ebene ist unzureichend. Den Maßnahmen fehlt eine angemessene soziale Dimension. Auf einen Eigenanteil bei Investitionen der Gemeinden wird weitgehend verzichtet, daher ist die Gefahr von Fehlinvestitionen groß.

Banken und Wirtschaftsunternehmen kommen zu leicht an frisches Geld, der Staat müsste sich Sicherheiten generell durch Beteiligungen und Mitsprache verschaffen.

Es kommt zu Wettbewerbsverzerrungen, bisher gut geführte Unternehmen und Banken werden gegenüber anderen benachteiligt.

Als vorsorgende Regulierungsmaßnahmen werden u. a. vorgeschlagen: Überführung von Banken und Unternehmen in öffentliches Eigentum, staatliche Beteiligungen, Kommunalisierungen, Einführung einer Börsenumsatzsteuer, echte Kontrolle des Finanzmarktes, Verbot bestimmter risikoreicher Anlageprodukte.

Die neoliberalen Politiker scheuen sich bisher, stärkere Einschränkungen zuzulassen und die staatlichen Beteiligungen dauerhaft wirksam zu erweitern. Sie wehren sich auch gegen eine deutliche Anhebung der unteren und mittleren Einkommen, gegen Arbeitszeitverkürzungen und angemessene Mindestlöhne1. Durch diese Maßnahmen ließe sich die dringend notwendige Binnennachfrage wirksam und sozial gerechter stärken. Insofern sind die nächsten Krisen vorprogrammiert, zumal wirksame Sanktionen fehlen. Die Verlockung ist sogar groß, jetzt mit billigem Geld in neue Risiken einzusteigen. Es besteht prinzipiell auch die Gefahr, dass schon kurz nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme wegen der dann zurückgehende Nachfrage wieder erhöhte wirtschaftliche und finanzpolitische Probleme auftreten.

Im November 2008 beschlossen die G-20- Staaten (sowie Niederlande und Spanien) einen Katalog von 50 Einzelmaßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte, u. a.

Inwieweit die G-20-Staaten und andere Länder diese Maßnahmen umsetzen und ob sie die gewünschte Wirkung entfalten, ist unklar.

Die Konjunkturprogramme I u. II der Bundesregierung

Das K I hat einen Umfang von insgesamt rund 23 Mrd. Euro für Bund, Länder und Gemeinden und umfasst 15 Einzelmaßnahmen, es erstreckt sich über den Zeitraum bis 2011.

Schwerpunkte:

Einkommens- und Vermögensverteilung (2007)

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

Das K II hat einen Umfang von rund 50 Mrd. endet aber 2010.

Schwerpunkte:

Von diesen Konjunkturprogrammen werden die Reichen mehr profitieren als die Armen. Die Steuerbefreiungen für Neufahrzeuge und die Abwrackprämien nutzen der Automobilbranche (Industrie und Handel) und vor allem Besserverdienenden, die voraussichtlich am stärksten nachgefragten kleineren Neufahrzeuge werden überwiegend Importfahrzeuge sein. Die Verschrottung von fahrbereiten oder reparaturfähigen Kraftfahrzeuge ist zudem als große Ressourcenvernichtung einzustufen.

Für linke Bewegungen sind Krisenzeiten Herausforderungen, weil die Unzufriedenheit mit den Verhältnissen und das offensichtliche Versagen der Eliten Spielräume für die Durchsetzung von Alternativen bieten, gleichzeitig aber wachsende Arbeitslosigkeit und tendenzielle wachsende Repression politische Handlungsspielräume begrenzen.

Klaus Peters

Literatur:

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