(Gegenwind 234, März 2008)
Bettina Jürgensen, langjährige Betriebsratsvorsitzende des Kieler Kommunikations- und Veranstaltungszentrums "Die Pumpe", ist aus politischen Gründen entlassen worden.
Nach einer jahrelangen Mobbing- und (gescheiterten) Einschüchterungskampagne ist der Vorstand unter Leitung des vor zwei Jahren eingesetzten Geschäftsführers Adalbert Schwede nun am Ziel.
In einer Güteverhandlung beim Kieler Arbeitsgericht stellte der Richter am 28. Januar eindeutig fest, dass die so genannte "umfassende Umstrukturierung" der Arbeit in der "Pumpe", mit der der angebliche Wegfall des Arbeitplatzes von Bettina Jürgensen begründet wurde, sich nur auf diesen einen Arbeitsplatz bezog und einzig und allein das Ziel hatte, eben diese Angestellte aus dem Betrieb zu entfernen. Herr Schwede und sein Anwalt nahmen diese Klarstellung ohne jede Regung oder irgendeinen Widerspruch hin. Man könne die Maßnahme moralisch verurteilen, so der Richter, aber das sei nicht Verhandlungsgegenstand - auch solches Verhalten gehöre zur unternehmerischen Freiheit. Zu prüfen sei lediglich, ob sich die sachliche Feststellung halten lasse, dass sich durch den Einsatz eines neuen Computerprogramms der Aufwand für die von Bettina bisher ausgeübte Tätigkeit so weit reduzieren lasse, dass der Rest tatsächlich von Herrn Schwede selbst mit erledigt werden könne.
Die Gründe für dieses unerhörte Vorgehen gegen eine Beschäftigte durch den Vorstand einer Einrichtung, in der viele immer noch einen Hort der alternativen Kultur und Kommunikation sehen - und den einige auch noch als solchen zu nutzen versuchen - liegen, so wurde auch vor Gericht deutlich, wesentlich in dem beharrlichen und erfolgreichen Widerstand der Kollegin gegen ungerechtfertigte Schlechterstellung in der Arbeit und Beschneidung tariflicher Leistungen. Mit innerbetrieblicher Umsetzung, Schikanen und unhaltbaren Abmahnungen reagierte der Vorstand auf die Standhaftigkeit der Kollegin, die aus dem Kreis der Beschäftigten des Betriebes zu wenig Unterstützung erfuhr. (In einem Laden mit solcher Beschäftigungsstruktur - viele, oft wechselnde Teilzeitkräfte, viele StudentInnen - herrschen andere Bedingungen als in einem Industriebetrieb.) Im Mai 2006 hatte Herr Schwede seinen Posten angetreten; im August erklärte er im Gespräch mit den fest angestellten Beschäftigten des Kommunalen Kinos: "Sie brauchen mir gar nichts zu erzählen, Frau Jürgensen, über Sie kann man sowieso alles nachlesen", und: "Wer einmal vorm Arbeitsgericht war, hat in dem Betrieb keine Zukunft mehr - egal ob er oder sie gewonnen hat oder nicht". Erst danach begann die Serie der Abmahnungen, und die Suche nach einer Möglichkeit, Bettina vor Erreichen der 15jährigen Betriebszugehörigkeit im Februar 2008 rechtswirksam zu kündigen, wurde verstärkt.
Solange Bettina Betriebsrätin war, konnte sie nicht gekündigt werden; nach ihrem Ausscheiden aus diesem Amt bestätigte sich bald, dass die damit verbundenen Befürchtungen nur zu berechtigt waren. Widerständige Gewerkschafterinnen - Bettina gehört als ver.di-Mitglied dem Vorstand des Fachbereichs 8 in Kiel an - sind in diesem Laden nicht erwünscht. Die Tatsache, dass Bettina, Landesvorsitzende der DKP Schleswig-Holstein, eine bekannte Kommunistin ist, kommt hier erschwerend dazu. Der politische Hintergrund der Entlassung wird auch verdeutlicht durch die Ankündigung, politische Filmreihen, wie sie Bettina organisiert und betreut hat, nicht mehr im Kommunalen Kino laufen zulassen. Die große Beliebtheit, der sich Bettina aufgrund ihrer Persönlichkeit und ihrer Fachkompetenz erfreut (nicht nur in der "Pumpe"!) und die entscheidend zum Zustandekommen und Gelingen vieler Projekte beigetragen hat, wird so schnell niemand anderes erreichen; Herr Schwede ganz gewiss niemals. Auch das ist ein Minuspunkt für die künftige Arbeit der Einrichtung. Die vom Vorstand eingeleitete Kommerzialisierung des KoKi könnte ein erster Schritt zu seiner Liquidierung sein. Ebenso sollte das Vorgehen des "Pumpe"-Vorstands als Kampfansage gegen alle linken Projekte begriffen werden, die dieses Zentrum noch nutzen und in Zukunft nutzen wollen. Einer bereits erheblich beschädigten Einrichtung, in der antifaschistische, entschieden demokratische und linke Gegenkultur ihren Platz fand und nur zum Teil noch findet, droht zumindest mittelfristig das Aus. Mit dem Wegfall von Projekten wie eben den Filmreihen bestünde auch keine Notwendigkeit und Berechtigung der öffentlichen Bezuschussung mehr. Die Stadt wird sich jedenfalls freuen, wenn ihr der Pumpenvorstand einen Grund zur Kürzung der Mittel liefert.
Bettina hat den über lange Zeit gegen sie vorgetragenen systematischen Angriffen widerstanden. Sie hat sich trotz der damit verbundenen enormen Belastungen nicht mürbe machen lassen. Mit der so genannten betrieblichen Umstrukturierung, deren Gründe nun gerichtsnotorisch sind und für alle offen liegen, hat der Vorstand endlich eine Möglichkeit gefunden, die lange beabsichtigte Kündigung auszusprechen und Bettina vor die Tür zu setzen.
Notwendig ist nun eine klare Stellungnahme der die "Pumpe" nutzenden Verbände und des Vereines "Die Pumpe" gegen die reaktionäre Politik des Vorstandes, die zur Kündigung von Bettina geführt hat und gegen alternative Kunst und Kultur gerichtet ist. Die Methoden des Herrn Schwede und seiner Parteigänger müssen öffentlich gemacht und diskreditiert werden. Um Räume für alternative Kultur in Kiel muss erneut und verstärkt gekämpft werden.
Dietrich Lohse