(Gegenwind 233, Februar 2008)

Türkisch-Unterricht an Schleswig-Holsteins Schulen?

Türkisch-Unterricht: Ein normales Fach in der Schule, warum nicht? (Niçin olmasin?)

Ali Erdogan

In Schleswig-Holstein leben über 150.000 MigrantInnen, davon die Mehrheit türkischstämmig. In den Schulen werden verschiedene Sprachen als Fremdsprache angeboten, aber bisher nicht die türkische Sprache oder nur freiwillig nach der deutschen Schule am Nachmittag in der sog. "türkischen Schule" von Lehrern des türkischen Konsulat (aus der Türkei), die in der deutschen Sprache und auch die deutsche Kultur nicht so gut auskennen. Der Unterricht ist nur für "türkische" Schülerinnen und Schüler, eigentlich deutsche Schüler mit türkischen Migrationshintergrund, denn fast alle sind hier geboren und haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Viele sind ihrer "Muttersprache" nicht mächtig, d.h. weder die türkische LehrerInnen noch die "türkische" SchülerInnen können sich gut untereinander verständigen, da die türkischen LehrerInnen die deutsche Sprache nicht so gut sprechen können und die "türkische" SchülerInnen ihrer Muttersprache nicht so gut verstehen können. Außerdem entspricht die Vorstellung der türkischen LehrerInnen aus der Türkei (Konsulat) nicht immer den Vorstellung hier geborenen deutschen Kinder mit türkischem Migrationshintergrund über Deutschland, vor allem die Erziehungsstil in der Schule.

Seit über 20 Jahren wird in Deutschland über Integrations- und Kommunikationsschwierigkeiten in der Gesellschaft geklagt und vor allem die "Ausländer, insbesondere die Türken" als schwierig integrierbar und konservativ dargestellt. Sowohl für Integration als auch für Kommunikation sind zwei Gruppen notwendig. Bis vor kurzem wurden in Deutschland für Ausländer, insbesondere für Türken der 1. und 2. Generation keine Sprachkurse mit Landeskunde angeboten, obwohl in anderen europäischen Ländern (Holland, Dänemark, Schweden u.a.) schon längst praktiziert wird und mit guten Ergebnissen.

Jetzt werden solche Kurse seit ein paar Jahren auch in Deutschland angeboten.

Die Integration darf und kann nicht einseitig und ohne Kommunikation entstehen, wie ich oben bereits ausgeführt habe, sonst besteht die Gefahr der Assimilation. Als weitere Integrationsmaßnahme ist es notwendig, auch in den deutschen Schulen in Schleswig-Holstein die türkische Sprache als ein "normales" Unterrichtsfach einzuführen, wie schon bereits seit über 15 Jahren in anderen Bundesländern (Nordrhein Westphalen, Berlin u.a.) auch mit guten Ergebnissen geschehen. Es geht hier um Türkisch-Unterricht von normalen Lehrerinnen und Lehrern im normalen Unterricht, unterrichtet für alle, nicht nur für deutsche SchülerInnen mit türkischen Migrationshintergrund. Es muss auch als Abiturfach zur Wahl stehen!

Zur Förderung der Integration für deutsche SchülerInnen und für die Identitätsbildung der deutschen SchülerInnen mit türkischem Migrationshintergrund fordere ich nicht nur die türkische Sprache, sondern auch die Geschichte, Kultur und Literatur des Heimatlandes in den Unterricht einzubauen. Die Förderung der Muttersprache in Wort und Schrift stärkt die persönliche und berufliche Qualifizierung der SchülerInnen und fördert die Heranbildung einer stärkeren Identität und damit die Integration, nicht etwa die Desintegration oder gar Segregation.

Dadurch werden auch viele Vorurteile bereits in der Schule von beiden Seiten reduziert, so dass auch die "Jugendkriminalität", welche zurzeit vor den Wahlen so heftig diskutiert wird, abgebaut werden kann. Vorurteile können nur mit guten Wissen über die "Vorurteilten" abgebaut werden, egal von welche Seite auch immer. Das gilt nicht nur für nationale, sondern auch für religiöse und andere Vorurteile.

Ich hoffe, dass Türkisch als normales Unterrichtsfach bereits für das Schuljahr 2008/2009 eingeführt wird oder spätestens bis zum Schuljahr 2009/2010.

Dr. med. Ali Erdogan
Arzt und Dolmetscher für Türkisch in Schwarzenbek

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