(Gegenwind 223, April 2007)

Interview mit Samar Hamati

"Für diese Menschen kann ich etwas tun"

Samar Hamati

Gegenwind:

Wo kommst du her? Wie bist du nach Deutschland gekommen?

Samar Hamati:

Ich komme aus Syrien. Ich habe dort einen Mann geheiratet, der in Deutschland lebte. Das war 1998.

Gegenwind:

Welche Sprachen konntest du, als du nach Deutschland kamst?

Samar Hamati:

Ich konnte Arabisch und Englisch und ein bisschen Französisch.

Gegenwind:

Wie lange hat es gedauert, bis du Deutsch konntest?

Samar Hamati:

Ich habe Deutsch von Anfang an in der Volkshochschule gelernt. Aber die ersten zwei, drei Jahre habe ich häufiger Englisch als Deutsch gesprochen. Ich habe später auf die arabischen Fernsehsender verzichtet, mehr deutsche Sendungen gesehen und angefangen, auch Deutsch zu sprechen.

Gegenwind:

Seit wann, würdest du sagen, kannst du deutsch?

Samar Hamati:

Kann man deutsch? Die ersten zwei Jahre konnte ich ja auch ein wenig deutsch sprechen, natürlich nicht wie heute. Man lernt jeden Tag mehr. Ich denke, nach zwei oder drei Jahren konnte ich gut Deutsch sprechen.

Gegenwind:

Wann hast du zum ersten Mal gedolmetscht?

Samar Hamati:

Das war 2004. Ich habe bei der Polizei in der Aufnahmestelle für Asylbewerber hier in Lübeck gedolmetscht. Vorher hatte ich schon ab und zu privat gedolmetscht, das mache ich jetzt auch noch. In der Kaserne hat mein Mann gedolmetscht, und der hat mich mitgenommen. Ich glaube, da war jemand aus Algerien, der an einer Tankstelle irgendwas gestohlen hatte.

Gegenwind:

Bist du jetzt als Dolmetscherin berufstätig?

Samar Hamati:

Ja. Ich dolmetsche viel beim Bundesamt für Migration, wo die Anhörungen zu Asylanträgen stattfinden. Dann bin ich oft bei der Bundespolizei, dem früheren Bundesgrenzschutz, und bei der Polizei hier. Bei Ärzten war ich nur drei- oder viermal über ein Büro, einmal war ich in der Fachklinik in Neustadt. Bei Gerichten war ich bisher wenig, einmal in Plön eine Scheidungssache auf Englisch. Und dann bin ich bei einer Firma in Ahrensburg, die Milch und Milchprodukte nach Arabien exportiert. Da muss ich deutsch, englisch und arabisch können.

Gegenwind:

Kannst du deinen Lebensunterhalt mit der Arbeit verdienen?

Samar Hamati:

Bisher nicht. Ich will meine Themen noch erweitern, ich will in Zukunft auch interkulturelles Training anbieten. Ich bin ja Araberin, ich kenne die arabische Mentalität, Kultur und Tradition. Es gibt hier Menschen, die sich dafür interessieren, weil sie in arabische Länder fliegen wollen oder sonst Kontakte aufbauen möchten. Für diese Menschen kann ich etwas tun.

Gegenwind:

Welche Probleme gibt es, wenn man Deutsch - Arabisch dolmetscht?

Samar Hamati:

Wenn man beide Sprachen ausreichend kann, gibt es keine Probleme. Das eigentliche Problem ist, dass ich mich immer auf alle Gesprächsteilnehmer, die arabischen und die deutschen, konzentrieren muss. Ich muss die ganze Zeit konzentriert arbeiten, während die zwischendurch ihre Pausen haben. Das ist die Schwierigkeit. Manchmal gibt es auch kulturelle Probleme, dass zum Beispiel Menschen aus Libyen es gewohnt sind "laut" zu essen, was in Deutschland als unhöflich gilt. Als Dolmetscherin muss man da auch vermitteln und erklären, was in anderen Ländern "normal" ist.

Gegenwind:

Ist die Organisation der Verständigung, das Dolmetschen, hier gut geregelt?

Samar Hamati:

Nein, das denke ich nicht. Es gibt hier Behörden, die Leute als Dolmetscher bestellen, die nicht so gut Deutsch können.

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