(Gegenwind 198, März 2005)

Landtagswahl

Die Wahl ist vorbei - wer hat gewonnen?

Die Wahl ist gelaufen. CDU und FDP haben eine relative Mehrheit von einem Sitz gegenüber Rot-Grün im Landtag: Mit 35 zu 34 Stimmen im Parlament könnte aber die bisherige Regierung weitermachen, wenn der SSW sie unterstützt. Dieses Heft ging am 21. Februar in den Druck - die Stimmen sind ausgezählt, das Ergebnis steht noch nicht fest.

Hat die CDU gewonnen?

Die Umfrageergebnisse für den Spitzenkandidaten der CDU wurden vom Sommer 2004 bis zum Wahltermin immer schlechter. Bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten hätte er danach gerade mal ein Drittel der Stimmen bekommen. Trotzdem hat die CDU gewonnen. Ob das Wählerinnen und Wähler sind, die von der CDU überzeugt wurden, oder solche, die von anderen Parteien enttäuscht sind, ist immer schwer zu sagen - ich vermute das zweite. Außerdem profitierte sie davon, dass die Wahlbeteiligung niedriger war und insbesondere enttäuschte Ex-AnhängerInnen von Rot-Grün nicht zur Wahl gingen. 60.000 Stimmen zugelegt, die SPD überflügelt, stärkste Fraktion im Landtag - und trotzdem reicht es nicht, die Regierung zu übernehmen.

Hat die SPD gewonnen?

Nach den Umfrageergebnissen hat die SPD im Sommer 2004 zurückgelegen, im Herbst dazu gewonnen, Anfang des Jahres 2005 geführt und jetzt knapp verloren. Fast 80.000 Stimmen weniger als bei den letzten Landtagswahlen - trotzdem kann Heide Simonis weiter regieren, wenn auch mit zwei Juniorpartnern. Ob und wie das funktioniert, werden erst die nächsten Wochen zeigen.

Haben die Grünen gewonnen?

Innerhalb der Koalition haben sie nur wenige Stimmen verloren. Aufgrund der Verkleinerung des Landtages haben sie einen Sitz weniger, relativ zu den anderen Parteien sind sie gleich stark geblieben. Sie wollten viel mehr - und sind jetzt für die SPD einerseits noch unverzichtbarer, müssen sich den Einfluss auf die Regierung aber mit dem SSW teilen.

Hat der SSW gewonnen?

An Stimmen nicht - aber an Einfluss. Ob das gut oder schlecht für die Partei ist, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Dass die Partei aber von über 60.000 Stimmen im Jahre 2000 auf knapp über 50.000 Stimmen jetzt abgerutscht ist, tut ihr sehr weh.

Hat die FDP gewonnen?

Sie behauptet: Ja. Ich behaupte: Nein. Die FDP hat fast 17.000 Stimmen verloren, hat an Einfluss verloren und ist im Bündnis mit der CDU Schuld daran, dass es für eine Regierungsmehrheit nicht reicht. Wolfgang Kubicki gefiel sich darin, wochenlang die CDU anzugreifen, dann die Grünen und auf der Zielgeraden den SSW. Das schien hauptsächlich ihm selbst zu gefallen, von den FDP-WählerInnen wurde das zum Teil anders gesehen.

Der Haushalt - das unbekannte Wesen

Im Jahre 2003 verabschiedete die Regierungskoalition den Doppelhaushalt 2004/2005. Damit ersparte sie sich die Diskussion über Schulden und Kürzungen mitten im Wahlkampf. Die CDU sprach die katastrophale Haushaltssituation im Wahlkampf nur verhalten an - hohe Schulden wurden kritisiert, andererseits wollte man aber Wahlversprechen wie 650 neue LehrerInnen-Stellen machen.

Wer Rot-Grün gewählt hat aus Angst vor Kürzungen und Streichungen bei Initiativen, Projekten und Beauftragten, wird jetzt erleben, dass vieles - "leider, leider" - von Rot-Grün so gekürzt wird, wie CDU und FDP es für den Fall ihres Wahlsieges angekündigt haben. Hätte das Wahlergebnis für CDU und FDP gereicht, hätten sie genauso ihre Wahlversprechen wieder eingesammelt.

Wer auf die Herausforderungen der Globalisierung ausschließlich mit Steuersenkungen für Unternehmen antwortet, kann Sozialpolitik und Zivilgesellschaft nicht mehr finanzieren, wenn schon das Eigentum an den Bürogebäuden der Regierung nicht mehr zu halten ist. Das nicht ausgewiesene Defizit ist höher als die Summe aller freiwilligen Leistungen (wozu z.B. die Zuschüsse an Projekte gehören).

Insofern könnte es gut sein, dass diejenigen die Wahlen gewonnen haben, die jetzt nicht die Verantwortung für die Landespolitik tragen müssen.

Reinhard Pohl

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