(Gegenwind 197, Februar 2005)
In der vorigen Ausgabe des Gegenwind berichteten wir über die Wahlkampf-Auftaktveranstaltung der NPD in Steinburg. Nachdem sich eine etwa 70-köpfige Gruppe von Antifaschistinnen vor dem Versammlungsort eingefunden hatte und aus dieser Gruppe vereinzelt Steine geworfen wurden, hatte der NPD-Ordnerdienst unter massiven Einsatz von Gewalt einzelne Personen aus dieser Gruppe, aber auch umstehende Einzelpersonen, angegriffen und massiv verletzt.
Das ARD-Fernsehmagazin Panorama veröffentlichte nunmehr am 6. Januar Bilder, die beweisen, dass sich NPD-Landtagskandidaten nicht nur durch Steinewerfen an den Ausschreitungen beteiligten, sondern darüber hinaus eine anwesende Frau, nachdem sie zu Boden geworfen wurde, mit Tritten traktierten.
Die Veröffentlichung behindert massiv den Versuch der NPD, sich bei Wählern der "Republikaner" und der "Deutschen Volksunion" als Wahlpartei anzudienen, da ihr gewalttätiger Charakter erneut offen zu Tage tritt.
Im Saal wurde die neue "Volksfront von rechts" beschworen. Zu den Klängen einer Polka-Kapelle bekundeten Funktionäre der "Deutschen Volksunion" sowie der "Republikaner" im Saal, die NPD bei der Landtagswahl unterstützen zu wollen. Kay Oeckel, ehemaliger Landesvorsitzender der "Schill-Partei" in Schleswig-Holstein und nun NPD-Mitglied erklärte: "Rechts von der CDU müssen alle zusammenstehen."
Diese Einigkeit im extrem rechten Spektrum wird nun auch offiziell vertreten. In einer unter dem Namen "Hamburger Signal" verbreiteten Erklärung, die unter anderem von dem Hamburger "Republikaner"-Landesvorsitzenden Thomas Nissen und dem sächsischen "Republikaner"-Landeschef Thomas Jäckel unterzeichnet ist, wird verkündet: "Der Bruderkampf ist eingestellt. Wir rufen dazu auf, in Schleswig-Holstein die NPD zu wählen."
Auch die schleswig-holsteinischen militanten Neo-nazis machen sich weiterhin für die Sammlungsbewegung stark. In Steinburg erklärte Martin Engelbrecht, eine der schleswig-holsteinischen Symbolfiguren der militanten "freien Kameradschaften" und Herausgeber der Publikation "Durchblick": "Die Gräben sind zugeschüttet." Engelbrecht ist, dem bundesweiten Vorbild der "Kameradschaftsführer" Thomas Wulff, Thorsten Heise und Ralf Tegethoff folgend, inzwischen in die NPD eingetreten.
Die neue Einheit wird sogleich auf der Straße demonstriert. Nachdem aus der antifaschistischen Gegendemonstration einige Steine gegen den Versammlungsort geworfen wurden, stürmt die überwiegend aus Niedersachsen importierte Ordnertruppe aus dem Saal. Nicht nur junge Skinheads, sondern auch Ingo Stawitz, immerhin Landtagskandidat der NPD Schleswig-Holstein, Stefan Köster, Landesvorsitzender der NPD Mecklenburg-Vorpommern, und Bundesvorstandsmitglied Manfred Börm, verantwortlich für den bundesweiten Ordnerdienst der NPD, beteiligen sich an den Auseinandersetzungen. Börm und Stawitz werfen vor laufender Kamera Steine.
Die Kamera zeigt weiter, wie anschließend eine weglaufende Frau von einem jungen Skinhead mit einem Mülleimer zu Boden geschlagen wird. Die Frau berichtet anschließend, dass, während sie am Boden lag, Ingo Starwitz hinzu kam und auf sie eintrat.
Plötzlich ertönt ein Schuss. Die Polizei erklärt hierzu, ein Beamter in Zivil habe Warnschüsse abgegeben, als ein Teilnehmer der NPD-Veranstaltung mit einem Stuhl auf eine am Boden liegende Person einschlagen wollte.
Die Staatsanwaltschaft Itzehoe ermittelt nunmehr gegen Börm, Köster und Stawitz sowie andere Teilnehmer der NPD-Veranstaltung wegen gefährlicher Körperverletzung.
Die Berichterstattung dürfte die NPD im laufenden Wahlkampf hart treffen. Gerade das militante Auftreten des ehemaligen Landesvorstandes um den inzwischen inhaftierten Peter Borchert hatte nicht nur viele alte NPD-Mitglieder aus der Partei getrieben, sondern auch das Ansehen der Partei in der rechten Szene beschädigt. Während man nunmehr um die Stimmen von rechtskonservativen NPDlern, "Republikanern" und DVU-Wählern ringt, beweist der Vorfall in Steinburg erneut, dass die NPD ihren militanten Neonazismus kaum mehr verbirgt. Dies dürfte sie für viele rechte Wähler, die an der Vorstellung einer "bürgerlichen" rechten Sammlungsbewegung festhalten, unwählbar machen.
Avanti - Projekt undogmatische Linke