(Gegenwind 188, Mai 2004)

Ein Bericht aus Eckernförde, Ortsteil Schilda

U-Boot-Standort Binnenhafen, derzeitig Planung

Das erste kommunale U-Boot Deutschlands

Ob eine Marine zur Landesverteidigung und zur Absicherung weltweiter Handelswege nötig sei, oder ob U- wie Schnellboote, Zerstörer und all die anderen hässlichen wie bedrohlichen Kriegsschiffe möglichst bald abgewrackt werden sollten - darüber sind sich wie überall auch am Marinestandort Eckernförde Menschen nicht einig.

Im Zuge der Diskussion um die Einrichtung eines „Unterwassertechnologiezentrums” (UTZ) mit U-Boot als Kern (siehe Gegenwind 186 und Gegenwind 187) hat sich nun die Eckernförder CDU besonders weit über die Reling gelehnt. Am Tage der Einwohnerversammlung zum UTZ (6.4.04) wurde unter der Überschrift „Keine Stimmung gegen Marine machen” in der Eckernförder Zeitung über die Stellungnahme des Ortsvereinsvorsitzenden Jost de Jager berichtet.

Darin „warnt” de Jager vor „dem Aufkommen einer bundeswehrfeindlichen Stimmung in Eckernförde”; „negative Auswirkungen für Eckernförde in Bezug auf das neue Stationierungskonzept des Bundesverteidigungsministeriums” könnten „nicht ausgeschlossen werden.” (...) „Wenn an einem Tag 4.000 Menschen aus Kappeln und Umgebung für den Erhalt des Marinestützpunktes Olpenitz demonstrieren und in Eckernförde am Standort der U-Flotille eine wenn auch nur verschwindend geringe Minderheit für eine U-Boot-freie Zone eine Bürgerinitiative gründet, dann »hat dies eine verheerende Außenwirkung für unsere Stadt«, so Jost de Jager, der alle Eckernförderinnen und Eckernförder dazu aufruft, sich gegen diese bundeswehrfeindlichen Strömungen zu stellen.” Einzig für die Sorge, „die uns von verschiedener Seite gegenüber geäußert wird”, nämlich „eine zu große Dominanz des UTZ-Projektes im Hafen”, zeigte de Jager Verständnis. Dafür arbeite die CDU „an einem Konzept mit einem abgesenkten U-Boot, das sich gut in die Silhouette des Hafens einpassen soll”.

Mit anderen Worten: wer prinzipiell gegen die Ausstellung eines U-Bootes in Eckernförde ist, darf sich nicht wundern, wenn der Mann, der Deutschland am Hindukusch verteidigen lässt, den gesamten Marinestandort Eckernförde schließt.

Dass indes vor Ort nicht nur eine verschwindend geringe Minderheit zur Stellungnahme gegen das UTZ mit seinem „ersten kommunalen U-Boot Deutschlands” bereit ist, bewies der Ablauf der Einwohnerversammlung in der Stadthalle. Zunächst stellte Hannes Ewerth vom „Förderverein UTZ” das Projekt in einer 20-minütigen Diashow vor, ohne dass der Bürgerinitiative „U-Boot-freie Innenstadt” von der Bürgervorsteherin Karin Himstedt (CDU) die gleiche Zeit zur Replik eingeräumt wurde. Viele bunte Bildchen über „Meerestechnologie” weltweit konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass als einziges konkretes Ausstellungsobjekt bisher nur das U-Boot existiert, das in rein technokratischer Manier, ohne die Folgen eines kriegerischen Einsatzes dieser heimtückischen Waffe mit darzustellen, präsentiert werden soll. In welcher Weise „die andere Meerestechnologie” ausgestellt werden würde, blieb völlig im Dunkel - selbst für einen UTZ-freundlichen Betrachter eine äußerst schwache Vorstellung. Zudem entpuppte sich Ewerths Zahlenmaterial über die möglichen Kosten des UTZ als realitätsfremd. Jede einzelne Position erwies sich im Laufe des Abends als zu niedrig angesetzt - Punkt für Punkt gnadenlos seziert von Bürgermeisterin Jeske-Paasch (SPD).

Was die BI nicht zu träumen gewagt hatte, und womit wohl auch sonst angesichts der „Warnungen” de Jagers kaum jemand gerechnet hatte: rund 90 Prozent der 23 DiskussionsrednerInnen aus dem Publikum (darunter 5 von der BI) bezogen während der mehr als dreistündigen Veranstaltung aus ganz unterschiedlichen Beweggründen Position gegen das UTZ. Die Hauptargumente:

Die Reaktion der auf dem Podium sitzenden Politiker war zunächst angenehm zurückhaltend. Mit zunehmender Kritik aus der Versammlung am UTZ sah sich jedoch der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Günther zu mehreren ausufernden Reden genötigt. Gewählt auf Grund des Wegbleibens eines Teils der SPD-Wählerschaft bei der letzten Kommunalwahl wegen Schröders „Reform”-Politik in Berlin, fiel Herrn Daniel zum UTZ auch nichts anderes ein als (sinngemäß): „Basta - wir machen das!”

Für den Fraktionsvorsitzenden der SPD, Klaus Witzig, standen die möglicherweise gewaltigen Folgekosten für das UTZ im Mittelpunkt seiner ablehnenden Argumentation: Ausbau des Hafenbeckens zum Traditionsseglerhafen, Erweiterung des OIZ sowie obendrein Neubau des UTZ mit unkalkulierbaren Folgekosten - das alles sei laut Witzig für Eckernförde „eine Nummer zu groß”. Ähnlich äußerten sich Petra Körner für die Grünen sowie der Vertreter der FDP, Jan Hendrik Strunk. Micha Bund, fraktionslos, kündigte eine genaue Prüfung der Pro- und Contra-Argumente an, ebenso Hartmut Steins vom SSW, der dem Konzept sowie der Annahme des „U-Boot-Geschenks” am 13.2.04 in der Ratsversammlung bereits zugestimmt hatte. Gegen Ende der Versammlung ließ Jost de Jager es sich nicht nehmen, noch einmal seine durch die Presse bereits verbreitete Demagogie gegen die Bürgerinitiative vorzutragen.

Dass solcherart Auslassungen sogar zu toppen sind, bewies mit einem Leserbrief am nächsten Tag in den Kieler Nachrichten ein Roland Voigt, Mitglied des UTZ-Förderkreises, mit Argumenten noch dümmer als Brot. Er sei der gleichen Meinung wie die Bürgerinitiative: „kein U-Boot in die Kieler-Straße. Wie soll man denn da noch kaufen, oder mit einem Kinderwagen vorbeikommen.” (...) „Was haben denn die Gründer der Bürgerinitiative bis jetzt für Eckernförde geleistet. Wenn man die Namen liest, weiß man aus welcher Richtung der Wind weht.” (...) „Die Damen und Herren, hier besonders auch die Künstler, wissen, worum sie kämpfen. Kann man doch rhythmischen Krach in der Alten Straßenmeisterei betreiben, »Das Haus« nutzen, im Künstlerhaus mit Stipendium arbeiten (!) (Ausrufezeichen im Original) und sonstige durch den städtischen Haushalt finanzierte Wohltaten genießen...” - die unappetitliche Suada eines U-Boot-Experten.

Dass die Luft für CDU und SSW in Sachen UTZ zunehmend dünner wird, zeigt zum einen der Vorschlag von BI und SPD an die Ratsversammlung, einen Bürgerentscheid in die Wege zu leiten. Zum anderen gibt es jetzt (10.4.04) eine Stellungnahme des Vorstands des Wirtschaftskreises Eckernförde, der Interessenvertretung vor allem der Kaufleute der Innenstadt, denen laut CDU das UTZ im Hafenbereich Kunden zuführen soll: Der Wirtschaftskreis spricht sich für den Ausbau des OIZ an der Außenmole des Hafens aus. Er schlägt vor, für das UTZ „einen Standort im Bereich der WTD zu prüfen” (Wehrtechnische Dienststelle 71). In diese Richtung zielte auch bereits eine Stellungnahme des „Arbeitskreises Hafen”. Sollte dieser nicht neue Vorschlag (ca. 2001) zur Ausführung gelangen, stellt sich die Frage, ob den Forderungen der BI mit einer Verbannung des U-Bootes aus dem Innenstadt- und Hafenbereich auf das Gelände neben der WTD 71 (Süd) am Ortseingang genüge getan wäre. Die Vorstellung, das fast 50 Meter lange U-Boot „kostengünstig” hoch über dem Badestrand aufzubocken, wird vielen Eckernfördern gewiss nicht gefallen. Und auch hier stellt sich die Frage: Wer soll das bezahlen?

Die Bürgerinitiative wird auf Dauer nicht um die Klärung der Frage herumkommen, ob sie die Ausstellung eines Kriegsschiffes prinzipiell ablehnt - wie die mehr als 60 Unterzeichner des Aufrufes „Nein zum U-Boot!” aus dem Kunst- und Kulturbereich -, ob sie also eine konsequent pazifistische Position beziehen will, oder sich mit der Teilnahme an einer Diskussion um den „richtigen” Standort begnügt.

Rainer Beuthel

Letzte Meldung: Nach Berichten vom 22. April ist für die CDU-Rathausfraktion der UTZ-Standort Gaethjestraße/Binnenhafen aufgrund von „Sorgen der Bügerinnen und Bürger” vom Tisch. Man werde das Projekt jedoch weiter vorantreiben. Am 28. April wurde das U-Boot nach Eckernförde gebracht. (R.B.)

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