(Gegenwind 188, Mai 2004)
Als Katayoun Golmohammadi 1996 nach Deutschland kam, wusste sie nicht, ob ihr Mann noch lebt. Der kritische Wissenschaftler und Autor mehrerer Bücher über den Islam, die im Iran verboten worden waren, war verhaftet worden und "verschwunden". Sie war damals in der oppositionellen Tudeh-Partei aktiv und floh mit Hilfe ihrer Familie gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn nach Deutschland und beantragte in Lübeck Asyl. Der Asylantrag wurde abgelehnt, mit Hilfe eines Rechtsanwaltes klagte sie dagegen. Die Verhandlung über ihren Asylantrag vor dem Gericht verpasste sie, weil sie die Benachrichtigung nicht erhielt - bis heute weiß sie nicht, wo der Fehler lag.
Doch auch hier blieb sie aktiv, drei Jahre später beantragte sie erneut Asyl. Diesmal hatte sie mehr Hoffnung, denn jetzt war auch ihr Mann wieder aufgetaucht. Er war schließlich aus dem Gefängnis freigekommen, nicht ohne schwer gefoltert worden zu sein. Aber er musste das Land verlassen. So kam er auch nach Deutschland und beantragte in Bayern Asyl. Auch sein Antrag wurde abgelehnt, allerdings durfte er zu seiner Frau ziehen, die inzwischen ein Wohnung in Bad Schwartau gefunden hatte.
2001 wurden beide Asylanträge vom Verwaltungsgericht abgelehnt. Dabei hatte sie erst einen guten Eindruck, ließ sich die Richterin doch auf eine viereinhalbstündige Diskussion über die Aktivitäten der beiden im Iran und in Deutschland ein. Aber letztlich kam sie zum Ergebnis, dass es keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine lebensbedrohende Verfolgung der beiden im Iran gäbe.
Inzwischen hatten sich beide der CPI, einer monarchistischen Partei angeschlossen. Im Rahmen dieser Organisation nahmen sie nicht nur an Versammlungen und Demonstrationen hier in Deutschland teil, er verfasst auch Artikel und Texte, die in den Iran geschmuggelt, dort kopiert und verteilt wurden. Damit wollen sie ihren Beitrag dazu leisten, die Regierung zu stürzen - denn sie beantragen nicht Asyl, um ihr Leben lang hier zu bleiben, sie wollen zurück, sobald es im Iran demokratische Verhältnisse gibt.
2003 wurde ein neuer Asylantrag wiederum abgelehnt. Und seit August will die Ausländerbehörde in Eutin sie dazu zwingen, in den Iran zurückzukehren. Die Sachbearbeiterin kündigte an, sie würden nicht einmal mehr eine Duldung erhalten, wenn sie nicht drei Passanträge ausfüllen und jeweils vier Fotos beifügen würden - sie weigerten sich. Zunächst wurde die Arbeitserlaubnis widerrufen. Das hieß aber nicht, dass Katayoun nicht mehr arbeiten soll - seit Januar 2004 arbeitet sie in einem Kindergarten. Aber sie wird nicht mehr dafür bezahlt, es handelt sich um gemeinnützige Arbeit für gerade mal einen Euro pro Stunde.
Gleichzeitig mit dem Entzug der Arbeitserlaubnis wurde die Sozialhilfe gestrichen, sie bekamen nur noch Einkaufsgutscheine. Mehrere Monate bemühten sie sich darum, mit diesen Gutscheinen klar zu kommen, aber kaum ein Geschäft in ihrem Wohnort war bereit, diese zu akzeptieren. Denn das bedeutet ja, dass jemand aus diesem Geschäft zum Sozialamt gehen muss, um für die Gutscheine wieder Geld zu bekommen, und dafür fehlt den meisten Geschäften das Verständnis. Ihr Mann hatte in dieser Zeit einen schweren Unfall mit dem Fahrrad, den er auf die ganze Situation, den Stress zurückführt.
Katayoun beschwerte sich massiv, und seit Dezember 2003 erhält sie wieder Sozialhilfe, allerdings nur noch 145,72 Euro im Monat. Ihr Mann bekommt, ebenso wie ihr Kind, jeweils 122,71 Euro. Das reicht kaum zum Leben und soll sie wohl dazu bringen, ihre Wohnung in Bad Schwartau mit einer Gefängniszelle in Teheran zu tauschen.
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Portraits: Reinhard Pohl