(Gegenwind 177, Juni 2003
Tevfik Senocak ist eigentlich Doktor der Meeresbiologie. Denn er war 1980 als Student nach Deutschland gekommen, zu einem Onkel nach Berlin. Er studierte in Berlin die deutsche Sprache. Er fing mit Biologiestudium in Kiel an und spezialisierte sich dann auf Meeresbiologie. Doch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind im Moment nicht gut, das Angebot ist übersichtlich klein. Neben seiner Doktorandenzeit hat er ein Jahr lang beim BUND als Meeresbiologe gearbeitet.
Aber es gibt ja nicht nur einen Beruf, es gibt auch eine Berufung. Und Tevfik Senocak hat bereits in der Türkei gezeichnet. Es waren zunächst Federzeichnungen, zum Teil realistisch wie eine Fotografie. Seit 1995 ist die Malerei seine Hauptbeschäftigung, im Wesentlichen malt er in Öl auf Papier oder auf Leinwand. Die Motive sind unterschiedlich: Für die Akt- und Portraitmalerei benötigt er Modelle, die er in der Regel nicht bezahlen kann. Zum Glück verfügt er über einen großen Bekanntenkreis. Andere Motive haben mit dem Meer zu tun, womit Wohnort und Studium sich wieder treffen. So zeigen Bilder von ihm Schiffe oder Küstenlandschaften.
Tevfik Senocak ist Künstler mit Leib und Seele. Das kommt seinem Werk zugute, hat aber auch Nachteile. So hatte er Zeit seines Lebens Schwierigkeiten, sich von eigenen Werken zu trennen, deshalb gibt es bisher kaum Verkäufe von Bildern, geschweige denn, dass er davon leben kann. Dabei wäre das schon vorteilhaft, denn die Arbeitslosenhilfe liegt nur knapp über dem Sozialhilfesatz, und Farbe oder auch Bilderrahmen gibt es nicht umsonst.
Inzwischen hat er einige Ausstellungen gemacht, die allerdings in der Regel dadurch zustande kamen und kommen, weil Freunde es vermittelten oder Besitzer von möglichen Ausstellungsräumen auf ihn zu kamen. Denn so wenig er bisher Bilder verkaufen konnte, so liegt es ihm auch nicht, sich selbst zu verkaufen. Rund zwei Dutzend Ausstellungen, die meisten in Kiel oder Umgebung, haben inzwischen stattgefunden, und für einige Bilder stehen auch inzwischen Verkaufspreise fest. Ausstellungen fanden bisher beispielsweise im Literaturhaus, bei Pädiko, in der Pumpe, der Volksbank oder der Eckernförder Bank statt. Aber auch bei Opel-Ohms in Gettorf oder den Stadtwerken Eckernförde waren seine Bilder schon zu Gast, ebenso in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Lübbersdorf (Ostholstein).
Nach seinen Plänen gefragt, fällt ihm viel ein. Studieren möchte er vielleicht, für ein Kunststudium auf der Muthesius-Schule hatte er sich 1988 beworben. Allerdings gab es hier 40 Bewerbungen für einen Studienplatz. Der Bildhauerei möchte er sich auch zuwenden. Doch dazu braucht man richtig Platz, mehr als seine Zwei-Zimmer-Wohnung mitten in Kiel zu bieten hat. Und: Ausstellungen machen. Allerdings hofft er weiterhin, dass sich die Gelegenheiten praktisch "von selbst" ergeben, denn er will sich weiterhin auf die Malerei, nicht auf den Verkauf konzentrieren. Welche Räume geeignet sind? "Alle Räume, in denen meine Bilder sich wohlfühlen." Möglich sind kleine Ausstellungen von mehreren Bildern zu einem Thema, aber auch größere, in denen das Gesamtwerk repräsentiert werden kann. Nur nicht ganz groß, mehr als 20 Bilder sollen es nicht sein. Denn nach 20 Bildern kann eine normale Besucherin oder ein normaler Besucher nicht mehr aufnehmen.
Reinhard Pohl
Kontakt über die Gegenwind-Redaktion oder direkt: Tevfik Senocak, Tel. 0431/6409590
Seit Anfang 2002 treffen sich auf Einladung des Flüchtlingsbeauftragten des Landes und der AWO-Migrationsberatung (Projekt KISS) regelmäßig Künstlerinnen und Künstler, die nach Schleswig-Holstein eingewandert sind. Beim Stammtisch KÜSTE (Künstler-Stammtisch für EinwanderInnen) geht es um Fragen wie Künstlerversicherung, Organisation von Ausstellungen oder Informationen über Auftrittsmöglichkeiten.
Im Laufe des Jahre 2003 werden wir eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern im Gegenwind vorstellen, vielleicht können wir damit auch Kontakte vermitteln und Auftrittsmöglichkeiten schaffen. KünstlerInnen und Künstler, die Kontakt suchen oder im Rahmen der Serie vorgestellt werden möchten, wenden sich an: