(Gegenwind 170, November 2002)
Die Kinderrechtsorganisation terre des hommes führt seit 1998 am 20. November den Aktionstag Straßenkind für einen Tag durch. Dabei sollen Kinder und Jugendliche einen Tag lang mit typischen Straßenkinderarbeiten auf die Lage von Straßenkindern aufmerksam machen. Die Resonanz bei allen Beteiligten und in der Öffentlichkeit sowie den Medien war immer außerordentlich positiv. In diesem Jahr soll die Aktion erstmals auch in Schleswig-Holstein stattfinden. Die terre des hommes-Arbeitsgruppe Lübeck will sich daran beteiligen. Sie sucht noch weitere Schulklassen und Jugendgruppen, die mitmachen.
Zum Jahrestag der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention (20.11.1989) ruft terre des hommes Kinder und Jugendliche dazu auf, in die Haut von Straßenkindern zu schlüpfen: Straßenkind - für einen Tag!
Schülerinnen und Schüler haben das Thema im Unterricht vorbereitet und sind am Aktionstag als "falsche" Straßenkinder unterwegs. Unterstützt werden sie durch Erwachsene (z.B. ehrenamtliche tdh-MitarbeiterInnen oder Eltern), die am Informationsstand die Öffentlichkeit über die Lage von Straßenkindern informieren und für Straßenkinderprojekte Geld sammeln.
Natürlich kann man diese Aktion auch an jedem anderen Tag machen. Der Jahrestag der Kinderrechtskonvention ist allerdings ein vorzüglicher Anlass. Zudem steigt das Medieninteresse bei einem bundesweiten Aktionstag.
Für unnütz gehalten, als lästig empfunden, wie Ungeziefer: Straßenkinder. Weltweit sollen es nach UN-Angaben 80 bis 100 Millionen sein, die auf den Straßen der Städte um ihr Überleben kämpfen, allein gelassen oder von Zuhause geflohen. Und es werden immer mehr - auch bei uns in Deutschland.
Sie versuchen irgendwie zu überleben: indem sie Bonbons oder Zeitungen verkaufen, Autoscheiben waschen, Lumpen sammeln, Lasten tragen, betteln, stehlen oder im Müll nach Essbarem suchen. Die Straßenkinder haben den Kontakt zu ihren Eltern und Verwandten verloren, sind oft genug wegen Hunger und Misshandlung von dort oder aus Heimen geflohen. Jetzt leben sie auf der Straße. Dort verdienen sie nicht nur Geld, hier wird auch gelacht, geweint, gestritten und gespielt. Für die obdachlosen Kinder und Jugendlichen wird die Straße zum Zuhause.
Straßenkinder tragen einen Großteil der sozialen Folgen, die durch die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft entstehen. Staatsschulden und eine rücksichtslose Wirtschaftspolitik tragen in vielen Ländern insbesondere der "Dritten Welt" zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten bei. Kinder - die schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft - werden davon am härtesten getroffen. So ist es kein Wunder, dass für Straßenkinder die Kinderrechte kaum wirksam werden.
Kinder, die auf der Straße leben, brauchen ein besonderes Maß an Liebe, Zärtlichkeit und Geborgenheit. Sie brauchen medizinische Versorgung, Bildung und Aufklärung. Straßenkinder haben die gleichen Probleme mit dem "Großwerden" wie andere Heranwachsende auch. Aber sie müssen wie Erwachsene leben: auf sich allein gestellt, selbstverantwortlich für die Sicherung ihrer nackten Existenz. Deswegen brauchen sie unsere Unterstützung.
Mit diversen Arbeiten verdienen sich "Straßenkinder" ihren Lebensunterhalt. Und das soll mit dieser Aktion deutlich gemacht werden. Während einiger Stunden üben die Kinder eine von ihnen gewählte Arbeit. Erwachsene sollten die Aktion begleiten. Sie können dies praktischerweise mit einem Infostand tun. Auf diesem werden z. B. die Falter ausgelegt, Hintergrundmaterial verkauft und Spenden gesammelt.
Natürlich können auch Erwachsenen die "Straßenkinder-Tätigkeiten" ausüben. Sie müssen nur aufpassen, dass sie nicht mit "echten Bettlern" oder Obdachlosen verwechselt werden. Schließlich sollen Passanten/Kunden neugierig gemacht werden, was denn hier passiert, und eben "Ungewohntes" in ihrem Ort sehen.
Auf öffentlichen Straßen, Plätzen, Supermarktparkplätzen etc. können z.B. folgende Aktivitäten stattfinden:
Eine Vorbereitung des Themas im Unterricht hält terre des hommes für absolut notwendig. Viele Passanten werden die falschen "Straßenkinder" ausfragen über das Leben von echten Straßenkindern. Und dann ist es natürlich sinnvoll, wenn sie Antwort geben können. Auch sollten sie sagen können, was mit den Spenden passiert, und wie man Straßenkindern mit Spenden helfen kann.
Bewährtes Info-Material für Kleine und Große ist vorhanden. Jede interessierte Schulklasse oder Gruppe bekommt ein Aktionspaket mit einem ausführlichen Aktionsleitfaden, einem Themenheft Straßenkinder, einem Unterrichtsbogen, Faltern, Plakaten und Bestellformular für weitere Materialien.
Das Aktionsmaterial für die eigentliche Aktion können die "Straßenkinder" sich unproblematisch selbst besorgen (Schuhputzzeug, Schwamm und Eimer, Tageszeitungen, letztere vielleicht geschenkt von der Lokal-Zeitung).
Horst Hesse
Wer Interesse hat mitzumachen, kann sich melden bei Horst Hesse, Tel. 0451- 501856, eMail: horst.hesse@gmx.de.
Weitere Informationen zu der Aktion gibt es im Internet unter www.tdh.de/strassenkind/.