(Gegenwind 170, November 2002)
Die Schülerinnen und Schüler Schleswig-Holsteins nehmen die Landesregierung in die Verantwortung. Die Probleme wie Lehrermangel und Unterrichtsausfall drängen. "Besonders in der Oberstufe ist das manchmal krass", fasste Andrea Schmidt, neue Landesschülersprecherin zusammen.
Auf der ersten Sitzung im neuen Schuljahr (4.-6. Oktober) standen unter anderem Neuwahlen und Satzungsanträge auf der Tagesordnung des Landesschülerparlaments der Gymnasien und Gesamtschulen. Nach zehn Jahren erfolgreicher Arbeit als Landesverbindungslehrer kandidierte Hartmut Tödt nicht wieder. Als Dank für seine Arbeit wollen ihm die Schülerinnen und Schüler auf ihrer nächsten Sitzung ein Fest ausrichten.
Ralf Stegner, der Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Bildungsministerium, stieß um elf Uhr am Sonntag, dem 6. Oktober, zu den Schülerinnen und Schülern. Zur Frühstückszeit also, doch waren die Jugendlichen schon früh aufgestanden und hatten Andrea Schmidt zu ihrer neuen Landesschülersprecherin gewählt.
In seinem Statement stellte Stegner die Bedeutung des Schülerparlaments heraus. "Beteiligung statt Belehrung" sei das Motto, so sagte er. Mäßigen Beifall erhielt der Staatssekretär dafür. "Unsere Vorschläge werden immer sehr wohlwollend aufgenommen. Aber passiert ist an den Schulen bisher nichts", erklärte Florian Lesch aus dem Landesvorstand. Einige der 70 Schülervertreter formulierten es noch deutlicher. Sie sei nicht hergekommen um wieder nur leere Worte zu hören. Sie wolle endlich Taten sehen und dass ihre Ideen verwirklicht werden, so sagte eine Schülerin aus Quickborn.
Tatsache ist, dass Regierung und Landesschülervertretung in einzelnen Punkten gleicher Meinung sind. So wollen beide den Ausbau vom Ganztagsschulangebot, doch ist in diesem Bereich noch nicht viel passiert. Auch teilt Stegner die Meinung der Schülervertreter, dass in die Bildung investiert und der Bildungsetat aufgestockt gehört, jedoch könne bei der derzeitigen Haushaltslage auch er nur davon träumen. Recht gab der Staatssekretär den Schülerinnen und Schülern auch, dass "einige Schulen aussehen wie Justizvollzugsanstalten". Doch die Kassen der Kommunen als Schulträger seien ebenso leer.
Lieber sind Stegner solche Veränderungen, die kein Geld kosten. In dieser Hinsicht nannte er die geplante Reform der Orientierungsstufe. Dadurch, dass nur noch Schrägversetzungen nach oben erlaubt seien, müssten die Lehrer "sich mit den Kindern auseinandersetzen, die sie haben, und nicht mit denen, die sie sich wünschen". Auch zu den großen Bedenken der Schülervertreter zu Vergleichsarbeiten äußerte sich der Staatssekretär mit Fliege. Er stimmte zu, dass man bei einer Klasse, die besonders schlecht abschneidet, nicht den Schülerinnen und Schülern die Schuld zuschieben darf. Dann müsse man sich fragen, "ob der Lehrer möglicherweise eine Fortbildung braucht".
Im Rahmen ihrer Kampagne "Raus aus der Bildungsmisere" plant die Landesschülervertretung jetzt den nächsten Höhepunkt fürs kommende Frühjahr: Einen Kongress mit 300 Schülerinnen und Schülern aus ganz Schleswig-Holstein. Da wollen sie dann weitere Forderungen erarbeiten.
Jörg Reschke
In Schleswig-Holstein bestehen drei Landesschülervertretungen für die verschiedenen Schularten: Realschulen, Gymnasien und Gesamtschulen, Berufsschulen. Die Hauptschulen haben keine Interessenvertretung auf Landesebene.
Das Landesschülerparlament der jeweiligen Schulart ist das höchste beschlussfassende Gremium. Jede Schule delegiert eine/n SchülerIn zu den Sitzungen des Landesschülerparlament. Anträge, Resolutionen und Wahlen erfolgen durch das vier Mal im Schuljahr tagende Parlament.