(Gegenwind 165, Juni 2002)
Oder: Wie es dazu kommen kann, dass eine 1200-Hektar-Farm nach 45 Jahren harter Arbeit wohl bald den Banken gehören wird.
Fünf Jahre lang beobachteten die Kieler Dokumentarfilmer Christoph Corves und Delia Castiñeira den Existenzkampf des 1955 aus Deutschland in die USA eingewanderten Wulf auf seiner Farm in Idaho. Ihr Film Ein Traum von Amerika zeigt die fatalen Auswirkungen der Globalisierung im Landwirtschaftssektor.
Langsam und eindringlich wird der Zuschauer in die aktuellen Verhältnisse der Farmer in Idaho eingeführt: Tagtägliche Arbeitsabläufe werden gezeigt; Wulf selbst, aber auch seine Familienmitglieder, Freunde und Nachbarn äußern sich zu Preisûverfall, Überschuldung und Farmensterben. Eingestreute Landschaftsaufnahmen verstärken den Eindruck von Niedergang und Verödung des ohnehin bevölkerungsarmen Bundesstaats, symbolisieren aber auch die fast ausweglose soziale Isolation der Farmer. Diese wissen genau um die Mechanismen ihrer Misere, benennen ihre Probleme mit einer Nahrungsmittelindustrie, die durch monopolistische Machtstellung landwirtschaftliche Produkte weit unter Herstellungswert von ihnen kauft und sie dadurch immer weiter in die Verschuldung treibt.
Doch auch der nicht endenwollende, oft von Galgenhumor getragene Kampfesmut des Farmers Wulf wird gezeigt, der seine Farm nicht aufgeben möchte und immer wieder hoffnungsvoll in ein weiteres Jahr hinüberrettet.
Die Unmittelbarkeit der Szenen ohne einen distanzschaffenden Kommentar lässt den Zuschauer förmlich am Schicksal Wulfs mitfiebern und schafft in diesem eine Identifikationsfigur, durch die die diffusen Ängste vor der Machtfülle multinationaler Konzerne an einem nachvollziehbaren Beispiel konkretisiert werden.
Christiane Bumann
Ein Traum von Amerika. BRD 2001. Regie: Christoph Corves und Delia Castiñeira.
KoKi in der Kieler Pumpe: 2. Juni, 20.30 Uhr, mit anschließender Diskussion; 4. und 5. Juni, 18.30 Uhr.
TV-Erstausstrahlung: Arte, 24. Juni, ca. 22.20 Uhr.