(Gegenwind 160, Januar 2002)

"Schule ohne Rassismus" in Pinneberg

Projekte gegen Gewalt und für Verständigung

Am 4. September 1997 wurde der Georg-Kerschensteiner-Schule in Pinneberg der Titel "Schule ohne Rassismus" verliehen. Damit war die Grund- und Hauptschule die erste in Schleswig-Holstein, die die Bedingungen erfüllt hatte, die diese bundesweite Aktion stellt (vgl. Gegenwind 159, Seite 23, Schule ohne Rassismus - 70 Prozent gegen Rassismus). Dass gerade diese Schule den Schritt als erste in Schleswig-Holstein und fünfundzwanzigste in Deutschland schaffte, ist nicht selbstverständlich. Denn die Regeln der Bundeskoordination sind doch recht "intellektuell" formuliert. Doch der Knoten wurde einfach zerschlagen: Die Georg-Kerschensteiner-Schule formulierte die Regeln neu.

1995 kam die Idee über eine Lehrerfortbildung an die Schule, 1997 fiel der Beschluss, und die Unterschriftensammlung fing an: Zusätzlicher Anreiz, die Voraussetzungen jetzt zu erfüllen, war das anstehende 30-jährige Jubiläum der Schule. Folgende Regeln wurden Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern sowie den Angestellten zur Unterschrift vorgelegt:

"Regeln für das Zusammenleben an der Georg-Kerschensteiner-Schule

Was wir wollen:

Was wir nicht wollen:

Die Suche nach einem Schirmherrn war nicht ganz einfach. Schließlich fanden sich dann zwei: Als Schirmfrau wurde die Hamburger Kinder- und Jugendbuchautorin Kirsten Boie gewonnen, die diese Rolle nicht nur formell übernahm, sondern jetzt regelmäßig Lesungen in der Schule veranstaltet. Schirmherr wurde der Pinneberger Bürgermeister Horst-Werner Nitt. Das Soll an Unterschriften wurde übererfüllt: Statt der verlangten 70 Prozent kam an der Schule 80 Prozent Zustimmung zu den Regeln zusammen.

Georg-Kerschensteiner-Schule

Im November treffe ich mich in der Schule mit Manuel und Florian, die die 9. Klasse besuchen, und mit Erodite, die die Schule bis zum Sommer besucht hatte und jetzt eine Ausbildung macht. Sie erzählen von der Projektwoche, die im letzten Jahr stattfand. Während für die Schülerinnen und Schüler der Grundschule im Wesentlichen LehrerInnen die Vorbereitung verschiedener Projekte übernahmen, suchten sich die älteren Schülerinnen und Schüler selbst Themen. So gab es zum Beispiel "verstecktes Theater" in der Innenstadt Pinneberg, bei dem einige Schüler andere auf offener Straße "abzogen", d.h. die Jacke raubten. Beim ersten Versuch gingen Dutzende von PassantInnen achtlos vorbei, nur zwei mischten sich ein. Bei der zweiten "Aufführung" wurde dreimal bei der Polizei angerufen (die natürlich Bescheid wusste), aber es waren wieder nur drei von sehr vielen AugenzeugInnen.

In einer anderen Projektgruppe wurde ein Tanzkurs angeboten: Schülerinnen und Schüler der Hauptschule, an der bei ca. 300 SchülerInnen immerhin 36 Sprachen gesprochen werden, brachten sich gegenseitig Tänze ihrer ehemaligen Heimat bzw. der ihrer Eltern bei (Foto). In dieser Gruppe war Erodite aktiv. Florian berichtet über die parallel erstellte Projektzeitung, für die auch Zeitzeugen gesucht wurden, mit denen die Gruppe Interviews führte. Als Abschluss gab es einen Tag der Offenen Tür, bei dem die Ergebnisse nicht nur Eltern und anderen Interessierten präsentiert wurden, es gab auch eine Einführung für Eltern, wie man Gewalt im Internet aufspürt und nachvollziehen kann, wo die eigenen Kinder gerade surfen - da gibt es ja häufig ein Bildungsgefälle von jung nach alt.

Die Ideen für die einzelnen Gruppen der Projektwoche kamen aus dem Handbuch der Aktion, in dem hundert Projektvorschläge aufgelistet und beschrieben sind.

Solche Projektwochen sind relativ aufwendig, gerade für kleinere Kinder ist viel Vorbereitung erforderlich. Deshalb will die Schule das nur alle zwei Jahre machen. In den Jahren dazwischen werden Schulfeste oder ähnliches geplant.

Reinhard Pohl

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