Seit dem 1. Januar 2005 haben alle AusländerInnen, die einreisen und erstmals eine Aufenthaltserlaubnis von über 12 Monaten erhalten, das Recht auf Teilnahme an einem Integrationskurs. Das gilt bisher nur für Aussiedler. Jetzt gilt es also für anerkannte Asylbewerber, angeworbenen Arbeitskräften und Selbstständige, nachgezogenen Ehepartnern etc.
Die Integrationskurse umfassen 600 Stunden Sprachunterricht (Basiskurs und Aufbaukurs), bei Vollzeitkursen mit bis zu 25 Unterrichtsstunden pro Woche, bei Teilzeitkursen mindestens 5 Unterrichtsstunden pro Woche. Die Zahl der TeilnehmerInnen pro Kurs kann bis zu 25 betragen.
Dazu gibt es Orientierungskurse, die die Rechtsordnung, Kultur und Geschichte Deutschlands vermitteln sollen. Sie umfassen 45 Unterrichtsstunden.
Das Recht auf Teilnahme an einem Kurs gilt für AussiedlerInnen unbegrenzt, für berechtigte AusländerInnen zwei Jahre lang. Alle Kurse sind für AusländerInnen kostenpflichtig (1 € pro Stunde), SozialhilfeempfängerInnen sind befreit. AussiedlerInnen und ihre ausländischen Familienmitglieder sind grundsätzlich von der Eigenbeteiligung befreit. Die übrigen Kosten der Kurse werden vom Bund getragen.
Wer schon länger hier ist ("Bestandsausländer") oder keine Aufenthaltserlaubnis benötigt (EU-BürgerInnen), muss eine Zulassung beantragen. Darüber hinaus kann man als "SelbstzahlerIn" teilnehmen, wenn Plätze frei sind.
Wer kein Deutsch kann, wird von der Ausländerbehörde verpflichtet, an dem Integrationskurs teilzunehmen. Wer das nicht erfolgreich tut, bekommt Probleme, die Aufenthaltserlaubnis zu verlängern. Außerdem werden zehn Prozent der öffentlichen Leistungen (Sozialhilfe) gestrichen.
Für die Integrationskurse soll es verbindliche Inhalte und Abschlussprüfungen geben. Man kann die Abschlussprüfungen auch ablegen, ohne zum Kurs zu gehen.
Zuständig für alle Kurse ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Es gibt vier Gruppen, die an den Integrationskursen teilnehmen dürfen bzw. müssen:
Spätaussiedler erhalten nach § 9 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes eine Bestätigung ihrer Teilnahmeberechtigung vom Bundesverwaltungsamt in Friedland. Wenn sie weiterverteilt sind, müssen sie sich eine Liste der Kursträger besorgen und melden sich bei einem Kursträger an. Die Teilnahmeberechtigung gilt unbefristet, der Kurs ist kostenlos. Gleiches gilt für ausländische Familienmitglieder von AussiedlerInnen.
Ausländerinnen und Ausländer sind berechtigt zur Teilnahme, wenn sie erstmals eine Aufenthaltserlaubnis über 12 Monate bekommen (das kann auch eine Niederlassungserlaubnis sein) oder mehrere kürzere Aufenthaltserlaubnisse zusammen 18 Monate überschreiten. Nicht teilnahmeberechtigt sind sie, wenn die Ausländerbehörde feststellt, dass sie keinen Integrationsbedarf haben oder wenn die Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (z.B. wegen Abschiebehindernissen wie Krankheit) erteilt wurde. Wenn jemand teilnahmeberechtigt ist, stellt die Ausländerbehörde fest, ob diejenige oder derjenige zur Teilnahme verpflichtet ist (siehe unten). Ist das nicht der Fall, bekommt sie oder er von der Ausländerbehörde die Teilnahmeberechtigung und eine Liste der Kursträger am Ort. Die Berechtigung gilt zwei Jahre lang.
Wer nicht zur Teilnahme berechtigt ist, kann selbst oder über einen Kursträger die "Zulassung" beantragen. Der Antrag wird an das Bundesamt geschickt. Dieses kann die Teilnahme zulassen, wenn freie Kursplätze verfügbar sind. Bevorzugt werden AntragstellerInnen, die den Sprachkurs benötigen, weil sie die Niederlassungserlaubnis oder die Staatsbürgerschaft beantragen wollen. Außerdem sollen später diejenigen bevorzugt werden, die schon mal eine Berechtigung hatten (für ein oder zwei Jahre), aber damals ohne eigene Schuld nicht am Kurs teilnehmen konnten. Abgelehnte Flüchtlinge haben vermutlich keine Chance.
Wer nach § 44 Aufenthaltsgesetz berechtigt ist, aber sich nicht auf einfach Art mit der Ausländerbehörde verständigen kann, kann zur Kursteilnahme verpflichtet werden. Außerdem kann die Bundesagentur für Arbeit BezieherInnen von Leistungen nach SGB II (also Arbeitslosengeld-BezieherInnen) der Ausländerbehörde melden und "anregen", dass sie zur Teilnahme verpflichtet werden. Das wird die Arbeitsagentur tun, wenn sie glauben, dass jemand keinen Job findet, weil sie oder er zu schlecht Deutsch kann. Auch andere können der Ausländerbehörde eine solche Verpflichtung vorschlagen, z.B. Schulen, die bemerken, dass eine Mutter den Kindern nicht bei den Hausaufgaben helfen kann. Auch Beratungsstellen können eine Verpflichtung "anregen". Die Ausländerbehörde prüft dann, ob das stimmt, prüft, ob es freie Kursplätze gibt und prüft, ob diese zumutbar erreichbar sind, also z.B. öffentliche Verkehrsmittel dorthin fahren. Die Ausländerbehörde kann dazu auch beim Bundesamt einen Fahrtkostenzuschuss beantragen. Dann wird die "Verpflichtung" ausgestellt, und die Ausländerin oder der Ausländer muss dann "unverzüglich" zu einem Kursträger gehen, sich anmelden und anfangen.
Der Integrationskurs besteht aus 600 Stunden Deutschunterricht und aus 45 Stunden "Orientierungskurs".
Der Basissprachkurs besteht aus 300 Stunden, unterteilt in drei Module à 100 Stunden. Jedes Modul muss von den TeilnehmerInnen im Voraus bezahlt werden. Es soll normalerweise mit der Prüfung A2 abgeschlossen werden. Es kann Kurse mit schnellerem Lerntempo geben, die nach 250 Stunden mit der A2-Prüfung enden. Ebenso kann es langsame Kurse oder Kurse mit vorgeschalteter Alphabetisierung geben, die nach 300 Stunden mit der A1-Prüfung enden.
Der Aufbausprachkurs besteht ebenfalls aus 300 Stunden, unterteilt in drei Module à 100 Stunden. Jedes Modul muss von den TeilnehmerInnen im Voraus bezahlt werden. Er endet mit der B1-Prüfung. Bei schnellem Lerntempo kann die B1-Prüfung bereits nach 500 Unterrichtsstunden abgelegt werden. Bei langsamen Lerntempo endet der Kurs nach 600 Stunden mit der A2-Prüfung. Die TeilnehmerInnen können auf eigene Kosten Kurse bis zum B1-Prüfung wiederholen.
Alle Prüfungen können auch ohne Besuch des Sprachkurses abgelegt werden - wer gut Deutsch kann und nur das Zertifikat braucht, kann eine Zulassung nur für die Prüfung bekommen.
An den Sprachkurs schließt sich der Orientierungskurs an, hier kann die Prüfung nur abgelegt werden, wenn der Kurs vollständig besucht wurde.
In 45 Stunden lernen die TeilnehmerInnen an Grundwissen:
Dieses Grundwissen kann, wenn die Zeit und das Interesse reichen, durch Aufbauwissen ergänzt werden.
Die Orientierungskurse müssen zusammen mit einem Abschlusstest von den Kursträgern entwickelt und vom Bundesamt genehmigt werden. Der Text kann schriftlich oder mündlich sein und muss fragen zu den drei Gebieten des Grundwissens umfassen.
Es ist möglich, Integrationskurse für spezielle Zielgruppen anzubieten:
Das Bundesamt stellt den örtlichen Bedarf dafür fest.
Der Integrationskurs kostet für AusländerInnen 2,05 Euro pro Unterrichtsstunde, bei 630 Stunden also 1291,50 Euro. Davon muss die Teilnehmerin oder der Teilnehmer 1 Euro selbst bezahlen (zusammen 630 Euro). Automatisch befreit sind die Familienangehörigen von Spätaussiedlern. Wer zu wenig Geld hat, kann einen Antrag auf Befreiung beim Bundesamt stellen (die Kursträger haben die Formulare dafür). Für die Befreiung reicht z.B. eine Bescheinigung über Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II. Dann bezahlt das Bundesamt die gesamte Summe.
Dieser Befreiungsantrag kann gestellt werden, wenn die Zulassung beantragt wird. Eine zweite Möglichkeit ist, ihn nach der Zulassung bei der Anmeldung zu stellen. Die Formulare dafür gibt es bei der Ausländerbehörde oder beim Kursträger (und auch in Internet unter www.bamf.de).
Die TeilnehmerInnen müssen ihren Beitrag für jedes Modul, also 100 oder 45 Stunden, im voraus bezahlen. Wer verpflichtet ist und sich nicht unverzüglich anmeldet oder nicht regelmäßig teilnimmt, kann vom Bundesamt durch Kostenentscheid auch verpflichtet werden, die gesamten 630 Euro (oder 1291,50 Euro) im Voraus zu bezahlen.
Bei SelbstzahlerInnen kann der Sprachkursträger einen Preis aushandeln.
Die Kursträger müssen für die Abrechnung mit dem Bundesamt die Anwesendheit kontrollieren. Diese Kontrolle erstreckt sich aber auch auf die Verpflichtungen, die von der Ausländerbehörde ausgesprochen wurden. Insofern agieren die Kursleiter/innen (die Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer) in einer Doppelrolle.
Versäumnisse werden der Ausländerbehörde in bestimmten Fällen sofort gemeldet, letztlich aber mit der Abrechnung dem Bundesamt. Wer zur Teilnahme verpflichtet wurde, kann mit einer 10-prozentigen Kürzung von Leistungen bestraft werden. Verpflichtete beziehen in der Regel Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe.
Die Prüfungen sind zunächst kostenlos. Wer eine Prüfung unentschuldigt versäumt, muss die Kosten bezahlen, ebenso muss für eine Wiederholung bezahlt werden. Jede Prüfung kann bei Nicht-Bestehen ganz oder teilweise wiederholt werden.
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