(Gegenwind 327, Dezember 2015)

Verdeckte Ermittlerin im No-Border Camp

Das BKA zeigt sich im Fall der Auslandseinsätze der enttarnten verdeckten Ermittlerin Maria B. aus Hamburg nicht aufklärungswillig.

Das Brüsseler Büro der europäischen Netzwerks „Police Working Group on Terrorism” erstellte 2010 eine umfangreiche Liste mit 380 Namen vermeintlich international bei einem antirassistischen „No-Border-Camp” Aktiver an das Bundeskriminalamt (BKA) und gab diese an das Bundeskriminalamt (BKA) weiter. Öffentlich wurde dies, weil ihm die Liste, „aus der hervorgeht, dass die Hamburger LKA-Ermittlerin unter dem Tarnnamen ‚Maria Block’ ins Visier der Brüsseler Polizei geriet”, zugespielt wurde, wie der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko Donnerstag erklärte. Wie die Teilnehmenden des Camps auf die Liste gerieten, verrät einiges über die Bereitschaft der Brüsseler „Police Working Group on Terrorism”, aktive Linke prophylaktisch als mögliche Verdächtige zu erfassen, ohne konkrete Tatvorwürfe nachzuweisen. So wurde einigen der Aufgeführten vorgeworfen, bei einem Polizeirevier Scheiben eingeschmissen zu haben. Andere wurden nur wegen verdächtig erscheinender Kleidung erfasst.

Dass antirassistische Aktivitäten für Grenzöffnung für Flüchtlinge suspekt sind, legt der gesamte verdeckte Einsatz von „Maria Block”, so ihr Tarnname, von 2008 bis 2012 nahe: Die Polizeibeamtin war auf antirassistische Gruppen angesetzt, ihre Ausforschung linker Aktivitäten begann sie im antirassistischen Café in den ehemals besetzten Häusern in der Hamburger Hafenstraße.

Wie in Hamburg, so gibt auch die bundesweite Polizeibehörde BKA gegenüber dem zur Auskunft verpflichteten Staatsekretär Dr. Günter Krings erst nach dreimaligem Nachhaken seitens des Abgeordneten Andrej Hunko zu, dass Maria B. im Zusammenhang mit dem No-Border-Camp 2010 auf der Liste genannt wurde - etwas, dass Hunko auf der Liste selbst entdeckt hatte. Auf seine eigentliche Frage antwortet der Staatsekretär nicht: „Zu eventuellen Straftaten der ‚Maria B’ im Zusammenhang mit dem ‚No Border Camp’ 2010 in Brüssel liegen dem Bundeskriminalamt keine Informationen vor.” Angeblich würde das BKA, wenn es die Anforderung ausländischer Polizeidienststellen zur Observation von deutschen Linken bei dortigen Aktivitäten durch in der jeweiligen Szene aktive verdeckte Ermittler an die jeweiligen LKAs weiterleiten würde, gar nicht wissen, wessen Einsatz dort vermittelt wird: „Klar- und Tarnnamen der ins Ausland vermittelten verdeckten Ermittler sind dem BKA grundsätzlich nicht bekannt”, so Staatsekretär Krings.

„Die Antworten des Bundesinnenministeriums bestätigen mich darin, dass das BKA die Aufklärung zur Tätigkeit der verdeckten Ermittlerin Maria Böhmichen behindert”, so Andrej Hunko. Dabei war Maria B. sehr rührig: „Nach den hier vorliegenden Informationen hat das BKA folgende Auslandseinsätze der als „Maria Block” auftretenden verdeckten Ermittlerin des Landeskriminalamtes Hamburg koordiniert: Einsatz im Zusammenhang mit dem No-Border-Camp in Lesbos/Griechenland im August 2009, Einsatz im Zusammenhang mit dem No-Border-Camp in Brüssel/Belgien Ende September/Anfang Oktober 2010 sowie Einsatz im Zusammenhang mit dem Weltklimagipfel in Kopenhagen/Dänemark im Dezember 2009”, wie Staatsekretär Krings bereits am 10. September einräumte. Aber auch beim BKA sei ihr Name bis zu ihrer Enttarnung im August durch eine Recherchegruppe aus dem Umfeld der von Maria B. ausgeforschten radikalen Linken Hamburgs nicht bekannt gewesen, so Krings. Aus seiner Begründung, warum zur verdeckten Ermittlung von Maria B. nicht alle Fragen beantwortet werden können, spricht eine Stigmatisierung antirassistischer Proteste: „Verdeckt eingesetzte Personen bewegen oder bewegten sich in verbrecherischen und terroristischen Umfeldern, deren Angehörige sich durch einen hohen Grad an Staatsferne, Kriminalisierung sowie Aggressions- und Gewaltpotential auszeichnen.” Da die Ermittlerin Maria B. auf antirassistisch aktive radikale Linke in Hamburg verdeckt angesetzt war, gäbe es dort ein Gewaltpotential, dass eine Offenlegung des Einsatzes nicht erlauben würde - eine durch nichts belegte Behauptung, eine nicht allzu neuer Zirkelschluss, mit dem eine Aufklärung abgeblockt wird.

Gaston Kirsche

Zur Startseite Hinweise zu Haftung, Urheberrecht und Datenschutz Kontakt/Impressum