(Gegenwind 314, November 2014)

Pressekonferenz am 22. Oktober in Neumünster
Pressekonferenz am 22. Oktober in Neumünster: Ulf Döhring (Landesamt für Ausländerangelegenheiten), Evelyn Jäger (Innenministerium), Manuela Söller-Winkler (Innen-Staatssekretärin), Olaf Tauras (Oberbürgermeister Neumünster), Günter Humpe-Waßmuth (erster Stadtrat Neumünster) - v.l.n.r.

Flucht & Asyl

Es kommen mehr Flüchtlinge

Erstaufnahme in Neumünster wird erweitert

Nachdem die Zunahme von Flüchtlinge, die es bis nach Deutschland schaffen, jahrelang unterschätzt wurde, will die Landesregierung in Kiel jetzt reagieren. In Neumünster, wo bisher 400 Plätze vorgehalten wurden, kommen zur Zeit rund 600 Flüchtlinge im Monat an. Deshalb wurden zusätzlich Zelte aufgestellt, die jetzt mit Beginn der kalten Jahreszeit durch Container ersetzt werden. Das soll aber keine Dauerlösung werden, die sieht anders aus.

Mit dem Bund wurde jetzt ein fünfjähriger Pachtvertrag über einige Gebäude der Kaserne in Boostedt abgeschlossen, der seit dem 1. November gilt. In dieser (noch aktiven) Kaserne werden Gebäude renoviert, die ab 1. Januar belegt werden können, bis zum Sommer 2015 sollen dort bis zu 500 Flüchtlinge untergebracht werden. Die „Hauptstelle” bleibt in Neumünster, die Unterkunft in Boostedt ist nur acht Kilometer entfernt.

Das Gelände in Neumünster wurde durch Zukauf eines Nachbargrundstücks von rund 8.000 Quadratmetern von der Stadt erweitert. Jetzt können neben dem „Haus 1” vier Containerhäuser mit rund 200 Plätzen gebaut werden, die vorübergehend genutzt werden sollen. Im Frühling sollen dann hinter dem „Haus 4” vier weitere Häuser in Containerbauweise errichtet werden, die rund 400 Plätze beinhalten. Gleichzeitig soll das „Haus 3”, wo die Kantine und der ärztliche Dienst untergebracht sind, umgebaut werden, damit es behindertengerecht ist.

Auf dem Gelände befinden sich nicht nur die vier Häuser, sondern ein weiteres Gebäude, das jetzt als „Haus 5” integriert wird. Es muss, da es lange leer stand, grundlegend renoviert werden. Danach sollen die anderen Häuser nach und nach vorübergehend leer stehen, um renoviert zu werden. Am Ende des Jahres 2015 werden in Neumünster und Boostedt rund 1.300 Plätze bereit stehen, von denen ständig rund 1.100 belegt werden können, die übrigen Räume stehen als Sozialräume (ärztlicher Dienst, Kinderspielräume, Schulräume, Fernsehzimmer) zur Verfügung oder werden vorübergehend unbelegt gelassen, um sie zu renovieren.

Zur Zeit besteht ein Problem darin, dass die Flüchtlinge ankommen, provisorisch auf die Zimmer aufgeteilt werden, um nach zwei oder drei Wochen in die Kreise verteilt zu werden. In dieser Zeit kann der Asylantrag nur registriert werden, er gilt dann als gestellt und das Aufenthaltsrecht ist bis zur Entscheidung gesichert. Allerdings findet die Anhörung nicht statt, die Flüchtlinge bekommen später einen Brief, dass sie sich für einen Tag nach Neumünster begeben sollen. Hier gibt es viele Probleme, Briefe kommen nicht an oder werden nicht verstanden, öffentliche Verkehrsmittel stehen aus vielen kleinen Orten nicht zur Verfügung oder der Fahrpreis ist zu hoch, weil die Briefe oft sehr kurzfristig kommen.

Mit der Aufstockung auf rund 800 Plätze in Neumünster und 500 Plätze in Boostedt, davon 1.100 Plätze als „Schlafplätze”, 200 Plätze als Sozialräume, können die Flüchtlinge bis zu sechs Wochen dort bleiben, wenn die Zahl der Neuankömmlinge nicht steigt. Das nimmt das dafür zuständige „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge” gegenwärtig auch an. Alle anderen Beobachter vermuten etwas ganz anderes: Die Ausdehnung des „Islamischen Staates” in Syrien und dem Irak, die zunehmend schwierige Versorgungssituation in den kriegsnahen Flüchtlingslagern, der Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan wird die Zahl der Flüchtlinge eher stark steigen lassen. Wenn im Jahre 2015 350.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen, muss Schleswig-Holstein und damit Neumünster-Boostedt rund 12.000 Flüchtlinge aufnehmen - das führt wieder zu einer Verteilung nach vier Wochen.

Weitere Möglichkeiten wie die Anmietung von Kasernen-Gebäuden in Lütjenburg oder Kiel (MFG-5-Gelände) werden von der Landesregierung zwar erwogen, aber noch nicht konkret geplant.

Reinhard Pohl

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