(Gegenwind 310, Juli 2014)

Schwarz - Erfolgreich - Deutsch
Dayan Kodua (Hg.) mit Thomas Leidig (Fotos) und Susanne Dorn (Texte): My Black Skin. Schwarz - Erfolgreich - Deutsch.
Verlag Seltmann + Söhne, Berlin 2014, 80 Seiten im Großformat, 35 Euro.

Schwarz •
Erfolgreich •
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„Wo sind die schwarzen Menschen in meinem Land, das ich so liebe?”, fragt die Herausgeberin Dayan Kodua im Vorwort. Sie hat sich auf die Suche gemacht, um einige beispielhaft sichtbar zu machen. Sie hat gesucht, und wie sie im Gegenwind-Interview sagte, hätte sie auch 200 im Buch vorstellen können, was aber nicht ging. Sie stellt 25 Protagonisten vor - oder, mit ihren eigenen Worten, „fantastische 25 Protagonisten”.

Zum Beispiel Miryam Roper Yearwood. Sie kommt auch Aachen, ihre Eltern aus Panama, sie ist bei der Bundeswehr. Allerdings kämpft sie vor allem für sich, als Sportstudentin und Judoka. Und sie ist nicht irgendwer, sondern 2013 Dritte bei den Weltmeisterschaften.

Zum Beispiel Elombo Bolayala. Er kam Anfang der 90er Jahre aus Zaire (Demokratische Republik Kongo), beantragte Asyl und wurde abgelehnt. Er schaffte es trotzdem zu bleiben, begann seine „Karriere” als Verkäufer im Baumarkt und ist heute Abgeordneter in der Bremischen Bürgerschaft.

Zum Beispiel Rose Baaba Folson. Sie begann als Studentin, heute ist sie Professor Doktor Folson. Sie lehrt nicht nur, sie hat auch den „Arbeitskreis Asyl” mit gegründet und setzt sich für die Rechte palästinensischer Flüchtlingsfrauen ein.

Zum Beispiel Sangwa Rwabuhihi. Seine Eltern kommen aus Ruanda, er ist im Senegal geboren, aber in Kamerun zur Schule gegangen. Er ist aber auch einige Jahre in der Schweiz zur Schule gegangen. Danach hat er in Ruanda gewohnt, in Deutschland mit Hilfe eines Stipendiums studiert. Heute ist er Ingenieur.

Zum Beispiel Akosua Sarpong. Geboren in Ghana, aufgewachsen in Deutschland, ausgewandert in die Schweiz und nach einigen Jahren zurückgekeht. Sie arbeitet als Medizinerin in Berlin, unterstützt aber auch den Ausbau einer Klinik in Ghana. Irgendwann will sie auch selbst dorthin.

Zum Beispiel Ato C. Yankah. Geboren in Kiel als Sohn ghanaischer Eltern, besuchte er wegen der vielen Umzüge 13 verschiedene Schulen, studierte schließlich in den USA. Heute lebt er wieder hier als Inhaber einer Agentur, er managt Künstlerinnen und Künstler.

Zum Beispiel Iyare Allen Imasi, geboren in Nigeria. Er hat in Kiel Jura studiert und arbeitet heute hier als Rechtsanwalt. Heute kann er auch unbeschwert erzählen, dass er ursprünglich illegal eingereist ist, auch erst im zweiten Versuch nach Schleswig-Holstein gelangte, zwischen zwei Versuchen saß er in einem dänischen Gefängnis. Sein Asylantrag wurde übrigens abgelehnt. Auch heute noch kann es passieren, dass er im Gericht nicht als Anwalt erkannt, sondern für ein Mitglied der Putzkolonne gehalten wird.

Alle Protagonisten werden mit einem biografischen Artikel, aber auch mit einem oder mehreren ganzseitigen Fotos vorgestellt. Es ist kein Sachbuch, es ist ein Kunstband. Die 25 Hauptpersonen werde nicht nur vorgestellt, sie werden präsentiert. Dabei werden die Gespräche, die mit ihnen geführt wurden, die Interviews nicht als Gespräch abgedruckt, sondern zusammengefasst, einzelne Aussagen zitiert.

Es geht nicht nur um Erfolg, es geht auch um Schwierigkeiten und Erfahrungen. Und es geht um Hoffnungen, Pläne und Träume. Denn alle werden gefragt, was sie tun würden, wären sie für einen Tag Königin oder König in Deutschland. Dabei haben natürlich alle nicht die Vorstellung an einem einzigen Tag wirklich alles ändern zu können. Aber viele wollen zumindest symbolisch handeln. Etwas gemein Tita do Rêgo Silva, eine Künstlerin aus Brasilien, die heute in Hamburg wohnt. Die Hälfte der Deutschen würde sie, wäre sie Königin, sofort in den Kindergarten schicken, damit sie dort soziales Verhalten lernen. Dieser Vorschlag fast eine Menge Erfahrungen bei der Einwanderung zusammen, die man sich jetzt schon ungefähr vorstellen kann.

Es geht im übrigen nicht darum, dass nur die Professorin oder der Rechtsanwalt „erfolgreich” ist. Vorgestellt wird auch Kevin Boachie. Er wurde als Sohn ghanaischer Eltern in Bremen geboren und wünschte sich als Kind, Busfahrer zu werden. Heute ist er 19 Jahre alt, im dritten Lehrjahr und wird Busfahrer. Und wenn er für einen Tag König wäre, würde er allen sagen, dass sie fest an ihre Träume glauben sollen. Aber die Autorin hält es durchaus für möglich, dass dies nicht das Letzte ist, was wir von dem jungen Mann hören.

Und falls die vorgestellten Personen bisher alle neu waren: Ja, auch Yared Dibaba wird in den Buch präsentiert. Der Hamburger kommt aus Äthiopien und ist den meisten dadurch bekannt, dass er öfters im Fernsehen vor allem in Norddeutschland zu sehen ist und dass er fließend Plattdeutsch spricht. Das ist zwar nicht schwer, aber doch ungewöhnlich, dass ein Äthiopier ausgerechnet diese Sprache lernt. Andererseits spricht er auch Oromo und Amharisch, Englisch, Französisch und Deutsch, niemand muss sich also Sorgen machen.

Als afrikanisches Flüchtlingskind bekam er eine Hauptschulempfehlung und musste sehr kämpfen, um doch das Abitur zu schaffen, allerdings bekam er es erst nach 15 Jahren in der Schule. Er erlebte ein Schulpraktikum in einer Fabrik als wichtiges Erlebnis. Der Elektriker, dem er zugeteilt war, erlebte er nicht als Vorbild, sondern eher als Abschreckung und damit als Anreiz, später einmal mehr zu erreichen. Außenhandelskaufmann in der Branche „Kaffee-Import” war für den Einwanderer aus Äthiopien noch relativ typisch, Schauspieler und Musiker waren die nächsten Stationen, bis er Moderator und „Plattsnacker” wurde. Das hatte er sich als Schauspieler und Zuschauer beim Ohnsorg-Theater auch überlegt, um ein „Alleinstellungs-Merkmal” zu erreichen.

Seine Kinder sprechen übrigens - außer Deutsch und Oromo - auch Portugiesisch. Das kommt von der Mutter, seiner Frau. Die Geschichte geht also weiter.

Das Buch endet kämpferisch. Bernice Breme aus Ghana ist Sportlerin und Lehrerin, einzige Tochter ihrer Eltern mit drei Brüdern. Vor allem durch die Brüder hat sie als Jugendliche viel Rassismus und Diskriminierung erlebt, wobei sie als Mädchen in der Regel in die Disco gelassen wurde, die Brüder hatten dann die Probleme. Wäre sie Königin für einen Tag, würde sie diesen Tag dazu nutzen, in allen Bundesländern alle Schulgesetze zu ändern, die Verschiedenheit als Schulfach einzuführen und in allen Bundesländern die Gesamtschule einführen. Es spricht für sie, dass sie sich das als Werk eines Tage zutraut. Denn falls sie wirklich Königin von Deutschland wird - ich drücke ihr die Daumen.

Reinhard Pohl

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