(Gegenwind 253, Oktober 2009)

Bild vom Umzug

161. Lübecker Volks- und Erinnerungsfest

Das "Haus der Kulturen" mittendrin

Im Haus der Kulturen ist man nicht immer Freund der langfristigen Entscheidungen und Planungen bei Festivitäten, Spontaneität ist gefragt. So kam es auch, dass wir recht kurz entschlossen am diesjährigen Volksfestumzug teilgenommen haben. Eigentlich war geplant, erst 2010 Präsenz auf diesem Umzug zu zeigen, aber wie gesagt, Spontaneität ist alles.

Wenn man das erste Mal an so einem Umzug teilnimmt, gibt es einiges zu bedenken. Benötigt man einen Wagen, gehen alle Beteiligten zu Fuß. Gut ... wir haben uns für zwei Wagen entschieden, um unsere zu Fuß wandernden Protagonisten entsprechend bunt zu umrahmen.

Aber es ist ja mit einem Wagen nicht einfach so getan. Ein kleiner LKW zum Beispiel muss so einige Auflagen erfüllen, um überhaupt zugelassen zu werden, wie z. B. Einhaltung der Landewandhöhe, damit niemand vom Wagen fällt. Um Musik aus der Konserve zu produzieren, muss ein Stromerzeuger her, Ordner müssen die mitfahrenden Wagen absichern und zudem auch noch einheitliche und erkennbare Kleidung tragen. Ein kleines Organisationschaos war also vorprogrammiert, da bisher niemand einen solchen Umzug vorher geplant hatte.

Nach einigem Hin- und Her, verbunden mit einem Telefonnetzwerk mit Standleitung in alle Richtungen, wurde tatsächlich einen Tag vor dem Umzug ein LKW organisiert. Es ist immer wieder faszinierend, dass trotz Chaos - wobei es sich immer um ein liebevolles Chaos handelt - alles bei uns funktioniert, und zwar Hand in Hand mit den MitarbeiterInnen des Hauses und den ehrenamtlichen Aktivisten. Hier trifft das Sprichwort "Gemeinsam sind wir stark" immer wieder zu und nie "viele Köche verderben den Brei".

Was wäre ein Umzug, auch wenn es sich um einen norddeutschen handelt, ohne "Kamelle". Mitarbeiterinnen des Hauses und ehrenamtliche Helfer machten sich bereits Tage vor dem Umzug auf den Weg, um in der Lübecker Innenstadt die Geschäftsleute davon zu überzeugen, give-aways für den Umzug zu spenden und Hut ab, viele der Gefragten erwiesen sich als sehr spendabel, Dank an dieser Stelle dafür. Ein paar Bonbons mussten wir natürlich noch dazukaufen.

Bild vom Umzug

Das Wichtigste natürlich wie immer zuletzt. Irgendwer musste diesen Zug auch "ausfüllen". Aktiviert wurden die polnische Kindertanzgruppe, die hauseigene Bauchtanzgruppe des Hauses, die sizilianische Volkstanzgruppe, die kurdische Folkloretanzgruppe, Tango- und SalsatänzerInnen, Mitglieder des internationalen Chores, sowie zahlreiche andere ehrenamtliche Helfer und Freund des Hauses. An alle Mitwirkenden an dieser Stelle ebenfalls eine riesiges Dankeschön. Ohne Euch wäre der Zug nicht einmal ansatzweise so bunt und musikalisch gewesen.

Am 28. Juni 2009 war es soweit, unsere Wagen, ein kleiner LKW und ein schmuckes Cabriolet, wurden morgens in aller Frühe zum Startplatz des Umzugs gebracht und von vielen fleißigen Händen mit bunten Transparenten geschmückt. Die Musikanlage wurde installiert, was sich als durchaus als nicht so einfach erwies, zumal eine CD während des Umzugs ja nicht hüpfen darf, das sollte in diesem Fall den TänzerInnen überlassen werden.

Der Wettergott meinte es super gut. Die Sonne schien und angenehme Temperaturen so um die 25 Grad erfreuten die Gemüter. Bereits vor Umzugsbeginn herrschte in der Truppe des Hauses der Kulturen, wir waren wohl so um die 50 Personen, eine Super-Stimmung, es wurde gemeinsam getanzt und gesungen, andere Musikgruppen wurden bejubelt und irgendwie herrschte eine solidarische Gänsehautstimmung. Es wurden kleine Snacks miteinander geteilt, Fotos geschossen und neue Freundschaften geknüpft.

Um 14.00 Uhr startete der Umzug unter dem Motto "Dütt un dat ut unsre Stadt". Entlang von tausenden Menschen, die die Straßenränder säumten, schlängelte sich der bunte Zug und wir mittendrin, wobei hier das Wort mittendrin für das Haus der Kulturen natürlich eine ganz besondere Bedeutung hat. Die Protagonisten des Hauses der Kulturen erhielten viel Beifall für ihre tänzerischen Darbietungen und die kunterbunten internationalen und fantasievollen Kostüme. Besonders schön waren auch die riesigen bunten Fahnen, die eigens für den Umzug durch den Künstler Felix Birchanskyy kunstvoll beschriftet wurden. Die dargebotene stimmungsvolle Musik, sei es vom Band oder durch die mitgebrachten Trommeln, sorgte dafür, dass auch am Straßenrand begeistert mitgetanzt und mitgewippt wurde.

Die Tänzerinnen verbreiteten mit ihren Darbietungen eine super Stimmung und wer nicht tanzte, verteilte charmant Bonbons, kleine give-aways und Handzettel. 2.000 Handzettel vom Haus der Kulturen wurden während des 2,5 stündigen Fußmarsches unter "das Volk" gebracht.

Kultur braucht Raum: Vielfalt in Lübeck - Kulturen im Dialog (Netzwerk für interkulturellen Dialog - antirassitsche Arbeit)

Besonders eine Sequenz des Zuges bleibt uns in Erinnerung. Unsere Salsa-Tänzer begannen, eine Bachatta zu tanzen und alle anderen Tänzerinnen und Tänzer stimmten in diesen Tanzschritt mit ein und zwar ungeübt und ganz spontan. Das war Gänsehaut pur ... und das Publikum hat es gefreut.

Der Weg vom Mühlentor zum Volksfestplatz war ganz schön anstrengend, da die Temperaturen im Laufe des Tages noch kletterten, aber die Zeit verging trotzdem wie um Flug und als wir das Ziel erreicht hatten, konnten einige von uns gar nicht mehr aufhören zu tanzen. Dank an dieser Stelle auch an die Mitglieder der Lübecker Bürgerschaft, die an die TeilnehmerInnen des Umzugs Marzipanherzen und Wasser verteilten. Besonders das Wasser war bei dem schwülen Wetter eine willkommene Gabe.

Für uns war dieser Tag einer der schönsten dieses Sommers. Viele Kulturen trafen auf- einander und zwar in einer so harmonischen Weise, wie es eigentlich selbstverständlich sein sollte. Hier fand Integration im Kleinen statt. Vielleicht sind wir im nächsten Jahr schon mit 100 Interessierten auf der Straße und vielleicht können wir einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Integration auch in den Köpfen anderer Menschen stattfindet.

... und eins steht fest ... nächsten Jahr ist das Haus der Kulturen wieder "mittendrin".

Christiane Nimz

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