(Gegenwind 188, Mai 2004)

Iranische Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

Eine ganze Schule unter Verdacht

Fatemeh Fazeli und ihr Ehemann

Im Iran war Fatemeh Fazeli Lehrerin. Sie fand es eigentlich ganz natürlich, dass sie mit dem Regime dort nicht zurecht kam. Denn über dem Parlament steht der Wächterrat, der jeden Beschluss aus religiösen Gründen verbieten kann. Und darüber steht der religiöse Führer des Iran, der gegen jede Entscheidung ein Vetorecht hat. Daran ist nichts demokratisch, deshalb findet sie es aktuell auch unwichtig, wer bei Wahlen Abgeordneter wird.

Ihre eigenen Probleme begannen damit, dass eine Kollegin bei den Volksmudschaheddin organisiert war, die bewaffnet gegen die Regierung kämpfen. In der Folge gerieten alle Lehrerinnen und Lehrer der Schule unter Verdacht. Sie wurde zunächst in ein kleines Dorf versetzt, kurz darauf wurde sie entlassen. Sie sagt, dass sie damals selbst nicht Mitglied der Volksmudschaheddin war, aber mit vielen Zielen der Opposition sympathisierte. Das Regime macht aber keinen Unterschied zwischen Mitgliedern und Sympathisanten, sie musste das Land 1996 mit ihren Kindern verlassen. Der Ehemann, ebenfalls oppositionell aktiv, war schon drei Monate vorher nach Deutschland geflohen, also kam sie auch nach Deutschland. In Lübeck beantragte sie mit ihren beiden Kindern, beides Mädchen, Asyl.

Das Asylverfahren, so erinnert sie sich, kam sehr schnell und ohne die Möglichkeit, sich vorzubereiten. Sonntag war sie angekommen, wurde in Lübeck erst mal separat untergebracht. Montag war die offizielle Aufnahme durch das Landesamt, Mittwoch die Anhörung ihrer Asylgründe. Sie berichtete über alles, allerdings mehr über die Aktivitäten ihres Mannes als über ihre eigenen Probleme.

Ihr Asylverfahren begann unglücklich. Der Asylantrag wurde nach 10 Wochen abgelehnt. Ihr damaliger Anwalt verpasste die Klagefrist, so dass sie keine Möglichkeit hatte, vor Gericht gegen die Ablehnung vorzugehen. Doch bereits aus der Flüchtlingsunterkunft Schakendorf heraus wurde sie wieder aktiv. Ihr Mann hatte bereits mit oppositionellen Gruppen in Hamburg Kontakt aufgenommen, eine Vertreterin von dort besuchte sie im Asylheim, und seitdem beteiligt sie sich an vielen Aktivitäten, Veranstaltungen und Demonstrationen verschiedener Organisationen. 1998 und 1999 stellte sie neue Asylanträge, die jeweils abgelehnt wurden. Doch im Jahre 2000 hatte ihre Klage gegen die Ablehnung Erfolg: Das Verwaltungsgericht in Schleswig stellte fest, dass sie bei einer Rückkehr mit Verfolgung zu rechnen habe, nach § 51 des Ausländergesetzes dürfe sie deshalb nicht abgeschoben werden. Gegen dieses Urteil ging der Bundesbeauftragte in die Berufung, und im Juni 2003 wurde das Urteil geändert: Der Asylantrag wurde abgelehnt, die Ausreise angeordnet.

Im November 2003 wurde das Urteil rechtskräftig, daraufhin wurde ihrem Mann die Arbeitserlaubnis entzogen. Er hatte für 160 Euro monatlich als Pizzabäcker gearbeitet, das darf er jetzt nicht mehr. Die gesamte Familie, Eltern und die Töchter von 18 und 12 Jahren, bekommen 450 Euro Sozialhilfe. Die Ausländerbehörde war bisher durchaus freundlich. Mit der Ablehnung des Asylantrages seien sie verpflichtet, Deutschland zu verlassen. Aber sie könnten ja versuchen, Bürgen in den USA zu suchen und dann dorthin auszuwandern. Oder nach Kanada. Sie würden aber am liebsten hier bleiben.

Portraits: Reinhard Pohl

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