(Gegenwind 181, Oktober 2003

Zur "Vereinbarung" zwischen BgM-Mitgliedern und den Stadtwerken Neumünster

Verhandlungserfolg der Bürgerinitiative?

Am 15. Juli 2003 unterschrieben drei der Initiatoren der "Bürgerinitiative gegen Müllverbrennung in der Innenstadt Neumünsters" (BgM) eine Vereinbarung mit den Stadtwerken Neumünster SWN, da sie kaum Aussicht auf Erfolg in einem langwierigen und kostenintensivem Rechtsstreit sahen.

In dieser Vereinbarung erklärten sich die SWN zu folgenden Regelungen bereit:

Im Gegenzug dazu erklärten sich die Vertreter der BgM bereit, auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Sofortvollzug des vorläufigen Bescheides, gegen den Bescheid an sich und gegen weitere Anträge bezüglich des Baus von MBA und TEV zu verzichten. Dieser Vereinbarung, die größtenteils über die Forderungen des Ratsbeschlusses vom 26.02.2003 hinausgeht, soll der neu gegründete Verein "Umweltfreundliches Neumünster" e.V. zunächst bis 30.07.2003 beitreten. Der Verein bemängelte allerdings die Rechtsunsicherheit dieser Vereinbarung zwischen den Stadtwerken und drei Privatpersonen ohne Verbindlichkeit für einen Rechtsnachfolger. Er forderte in den Verhandlungen darüber hinausgehend:

Speziell die Verpflichtung auch eines potentiellen Rechtsnachfolgers stieß jedoch auf Ablehnung beim Aufsichtsratsvorsitzendem der SWN, Klaus Haller. Auch die parallel stattfindende Demonstration und die Klage einer Unterzeichnerin des Bürgerbegehrens gegen dessen Ablehnung durch das Innenministerium führte zum Einfrieren der Verhandlungen. Endgültig gescheitert ist die Vereinbarung als am 19. August die Mitglieder des Vereins mehrheitlich gegen die Verhandlungen stimmten.

Am 26.08. ist die Ratsversammlung der Vereinbarung mit den drei Vertretern der BgM beigetreten und hat die Verpflichtung eines potentiellen Käufers der SWN auf Einhaltung gefordert. Die zuvor mehrfach verketzerten Initiatoren wurden ausdrücklich gelobt und deren Vereinbarung als große Errungenschaft gepriesen. Per Beschluss wurde die Ersatzbrennstoffmenge auf 150.000 t/a limitiert, der Bahntransport gefordert und die Verbrennung von Klärschlamm abgelehnt.

Speziell die letzten beiden Punkte veranlassten die Grünen unter Leitung von Herrn Ketelhut dazu, eine Verschiebung der Abstimmung zu verlangen, da mit diesem Beschluss den SWN und der Stadt immense Kosten entstünden, wenn z.B. die Umladestation der MBA eingehaust werden müsse bzw. wenn der Gesetzgeber von den Kommunen die Abnahme ihres Klärschlamms fordert.

Im nächsten Atemzug lehnte jedoch die gleiche Ratsversammlung bei nur drei Ja-Stimmen einen Bürgerentscheid zum Thema TEV und MBA in Neumünster ab und entmündigte so die Bürger der Stadt. Man meinte offensichtlich, dass das, was die Ratsversammlung selbst nicht schaffte, nämlich die Abgaswerte der neuen TEV auf die Betriebswerte der alten, vor acht Jahren nachgebesserten MVA in Kiel zu begrenzen, so zufriedenstellend sein müsste, dass der Rest der über 7700 TEV-Gegner auch mit dieser Vereinbarung einverstanden sein und nicht mehr gefragt werden müsste.

Vergessen sind Wahlprogramme, wie die der Grünen 2000: "Großanlagen stehen nicht für Müllvermeidung: An rein ökonomischen Kriterien orientierte Müllverbrennungsanlagen sowie andere Großanlagenerzeugen einen "Müllsog" und stehen damit einer Müllvermeidung entgegen. Die Erneuerung, Sanierung oder gar der Neubau entsprechender Großanlagen muss verhindert werden. Statt dessen dürfen nur solche Anlagen gebaut werden, die am Minimum der zu erwartenden Mengen orientiert sind. Sie müssen klein und flexibel sein, und die erzeugten Reste müssen gefahrlos deponiert werden können."

Unbekannt oder toleriert ist auch die Entsorgungssituation in Schleswig-Holstein ab 2005, die das Landesumweltministerium wie folgt darstellt: In ganz Schleswig-Holstein gibt es dann noch:

Nördlich des Nord-Ostsee-Kanals gibt es dann keine Abfallentsorgungsanlage mehr. Ein landesweiter Mülltourismus mit Transportwegen von mehr als 100 km ist die Folge. Neumünster wird Müllzentrum des Landes oder wie MdB Lamp es kürzlich sagte: "Müll macht die Stadt populär! Mit seinen modernen Großanlagen wird Neumünster sich nicht nur in Deutschland einen Namen machen, sondern in ganz Europa!" Ist es da nicht verständlich, dass sich Bürgerinitiative und Verein immer noch gegen das Sankt-Florians-Prinzip der anderen Landkreise vehement wehren und mit dem Angebotenem nicht zufrieden geben? Leider bleibt bei der geschickten Salami- und Vernebelungs-Taktik der Antragssteller fast nur noch der Weg, ein neuerliches Bürgerbegehren zu initiieren.

Rolf Senczek

Die Auseinandersetzung um die TEV in Neumünster war ein Schwerpunktthema im September-Gegenwind (Nr. 180; Seite 35-43).

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