(Gegenwind 173, Februar 2003)

Serie:

KÜSTE: nstler-Stammtisch für Einwanderer

Seit Anfang 2002 treffen sich auf Einladung des Flüchtlingsbeauftragten des Landes und der AWO-Migrationsberatung (Projekt KISS) regelmäßig Künstlerinnen und Künstler, die nach Schleswig-Holstein eingewandert sind. Beim Stammtisch KÜSTE (Künstler-Stammtisch für EinwanderInnen) geht es um Fragen wie Künstlerversicherung, Organisation von Ausstellungen oder Informationen über Auftrittsmöglichkeiten.

Im Laufe des Jahres 2003 werden wir eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern im Gegenwind vorstellen, vielleicht können wir damit auch Kontakte vermitteln und Auftrittsmöglichkeiten schaffen. KünstlerInnen und Künstler, die Kontakt suchen oder im Rahmen der Serie vorgestellt werden möchten, wenden sich an:

Eins: Jan Rosentsvayg

Jan Rosentsvayg, Jahrgang 1959, hat den größten Teil seines Lebens dort gewohnt, wo andere Leute Urlaub machen: am Schwarzen Meer, in Odessa, das heute zur Ukraine gehört. Dort war er Cellist, hatte elf Jahre lang eine Schule für Hochbegabte besucht, das Cellospielen jahrelang gelernt und das Konservatorium mit Erfolg besucht. Als Jude war es aber immer schwer, Auftrittsmöglichkeiten zu finden, 1981 hatte er die Möglichkeit, an einem ukrainischen Wettbewerb teilzunehmen. Sechs Jahre arbeitete er danach am Opernhaus in Odessa, davon die letzten beiden Jahre als Erster Cellist. Danach bekam er eine Anstellung beim Symphonie-Orchester von Odessa, diese Stelle hatte er bis 2001 inne. Doch die wirtschaftlichen Probleme wurden immer größer, zuletzt wusste er nicht mehr, wie er mit dem Verdienst von umgerechnet 40 Euro im Monat seine Familie, das sind außer ihm seine Frau und ein sechsjähriges Kind, ernähren sollte.

Jan Rosentsvayg

So kam er als jüdischer Emigrant hierher und wohnt seit August 2001 in Kiel. Hier wurde sein Diplom als Hochschulabschluss anerkannt, allerdings hat er keine Arbeit in seinem Beruf gefunden. Er will in einem Orchester arbeiten, braucht das Orchester wie ein Fisch das Wasser. Mit "seinem" Orchester war er in den letzten Jahren schon dreimal in Deutschland, ist unter anderem damals, also als ukrainischer Künstler, in Kassel, Köln, Dortmund, Regensburg oder Essen aufgetreten.

Für eine Übergangszeit, bis sich ein Orchester findet, das einen Cellisten braucht, kann er auch Unterricht geben, privat oder in einer Musikschule. Doch auch seine Angebote, erst mal ehrenamtlich zu arbeiten, sind bisher abgelehnt worden. Außer Cello spielt er auch Klavier, mit seinem absoluten Gehör fällt es ihm auch leicht, ein Klavier zu stimmen.

Reinhard Pohl

(Kontakt über KÜSTE oder über die Gegenwind-Redaktion)

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