(Gegenwind 171, Dezember 2002)

Diskussion um Strandparken in St. Peter-Ording

Behält die Landesregierung die Courage?

Wann das erste Auto auf den Sandbänken vor Sankt Peter und Ording herumfuhr, weiß niemand mehr so genau. In den dreißiger Jahren ließ es die Natur noch nicht zu, denn damals war ein breiter Streifen zwischen Seedeich und Sandbänken regelmäßig überflutet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde vor dem Badzentrum dann zunächst auch einmal eine große Seebrücke gebaut, die noch heute besteht und neben den Pfahlbauten als eines der Wahrzeichen des heutigen Nordseeheilbades Sankt Peter-Ording bezeichnet werden kann.


Der Strand ist unter die Räder gekommen:
Blechkarossen, soweit das Auge reicht.

Mit dem Auto bis an die Strandburg

Die vor den Sandbänken im Bereich der Ortsteile Böhl, Süd/Dorf und der bis 1967 selbstständigen Gemeinde Ording vorhandenen Strandübergänge, wurden aber sehr bald von der rasch wachsenden Zahl der Autotouristen genutzt. Zunächst gab es auch keinerlei Einschränkungen, so dass die Strandbesucher vielfach bis an ihre Strandburg fuhren. Doch mit der erheblich zunehmenden Autoverkehr musste, um Gefährdungen der übrigen Strandbesucher zu vermeiden, eine räumliche Begrenzung eingeführt werden, die man zunächst allerdings nicht immer konsequent beachtete.

Das Jahr 1977 brachte durch das Inkrafttreten eines ersten Landschaftspflegegesetzes einen formal konsequenten Einschnitt. Die Strandnutzung durch Kraftfahrzeuge war nun eigentlich nicht mehr möglich. Doch die damalige Landesregierung erteilte eine Ausnahmegenehmigung für zehn Jahre. Diese Ausnahmegenehmigung wurde nach ihrem Ablauf nochmals um weitere zehn Jahre mit Auflagen verlängert. Inzwischen war die Zahl der an den drei Stränden parkenden Fahrzeuge an schönen Tagen auf insgesamt über 5000 angestiegen. 1985 konnte nach heftigem Widerstand von großen Teilen der Bevölkerung an der Westküste das Gesetz über die Einrichtung des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer verabschiedet und in Kraft gesetzt werden. Damit waren die Sandbänke auch Teil des Nationalparkes geworden. Es folgte eine Nacht- und Winterschließung und eine Verkleinerung der Parkflächen, die insbesondere zum Schutz von Salzwiesen durchgeführt werden musste. (Die Nachtschließung wurde später aufgrund der Zerstörung der Schranken nicht mehr konsequent aufrechterhalten.)

Die Gemeinde Sankt Peter-Ording hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt wenig um Alternativen zur Strandbeparkung bemüht. Nun war sie quasi gezwungen, zunächst ein Verkehrskonzept erstellen zu lassen, denn auch der innerörtliche Verkehr drohte zu einem erheblichen Problem zu werden. Das mit heißer Nadel gestrickte und praktisch ohne Bürgerbeteiligung zustande gekommene Verkehrskonzept sah große Ersatzparkplätze auf den Marschwiesen, unmittelbar am Wohngebiet, eine Zerschneidung von größeren privaten Grundstücksflächen und eine große Seebrücke vor dem Ortsteil Ording vor. Dieses Verkehrskonzept wurde dann durch einen Bürgerentscheid abgelehnt. Die örtliche CDU, die den Bürgerentscheid maßgeblich unterstützt hatte, wertete diese Ablehnung als Ablehnung der Strandschließung.

Unter der Leitung des früheren Nationalparkamtsleiters Heddies Andresen wurde dann eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die auf der Basis von Befragungen eine sogenannte Basisdokumentation erstellte. An der Erstellung der abschließenden Fassung dieser Dokumentation waren auch verschiedene Vertreter von Vereinen und Verbänden beteiligt. Die Verabschiedung der Basisdokumentation fiel zufällig in den Zeitraum des Amtsantritts des neuen Bürgermeisters Rainer Balsmeier, der seine ersten Jahre als Verwaltungsleiter auf der autofreien Insel Wangeroog verbracht hatte.

Die Basisdokumentation sah größere Parkstreifen unmittelbar an der Außenseite der Seedeich (an der Außenberme) und eine schmalere Seebrücke vor. Als Option enthielt sie kleinere sogenannte Schönwetterparkplätze, über deren Bau bei entsprechendem Bedarf zu entscheiden gewesen wäre. Zwischenzeitlich waren die Strände auch in das Europäische Schutzgebietskonzept Natura 2000 einbezogen worden.

Rätselhafte Entwicklung

Was dann von Ende 1998 bis zum Herbst 1999 folgte, bleibt bis heute ziemlich rätselhaft. War es die Furcht vor einem möglichen Wahlsieg des CDU-Ministerpräsidentenkandidaten Rühe, waren es persönliche Motive der Entscheidungsträger, waren es finanzielle Gründe oder war es nur die Angst vor der eigenen Courage? In nichtöffentlichen Verhandlungen, ohne förmliche Verbandsbeteiligung, kam es schließlich zu einer neuen Vereinbarung, durch die die Landesregierung der Gemeinde in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag eine Strandöffnung für weitere 20 Jahre zusicherte, obgleich eine solche Möglichkeit zuvor immer als völlig ausgeschlossen dargestellt worden war.

Die Zahl der am Außendeich zu schaffenden Parkplätze wurde drastisch reduziert. Die Seebrücke entfiel, dafür wurden Fahrradstege in Aussicht gestellt und zwischenzeitlich auch gebaut. Ein großer Teil der Dünen wurde in das Gebiet des Nationalparks einbezogen, die Strandparkfläche nochmals reduziert, die Zufahrt Süd/Dorf geschlossen und die Strandparkzeit auf die Hauptsaison sowie auf ein Zeitfenster zu Ostern und Pfingsten beschränkt. Schließlich enthält die Vereinbarung auch noch eine finanzielle Beteiligung der Nationalparkservice GmbH an den Strandparkgebühren. Für die übrige Zeit wurden zwischenzeitlich zwei zusätzliche Parkplätze an den Strandzufahrten geschaffen, auf Flächen, die ursprünglich für die sogenannten Schönwetterparkplätze vorgesehen waren.

Eigentlich hätte der Strand bereits im Frühherbst dieses Jahres völlig geschlossen werden sollen, doch da ein Ersatzparkplatz an der Strandüberfahrt im Ortsteil Ording noch nicht fertiggestellt war, beantragte die Gemeinde nochmals eine Ausnahmegenehmigung für sechs Wochen, die das zuständige Ministerium auch erteilte. Es zeigte sich jedoch, dass weitere Parkflächen außer denen an der Außenseite des Seedeiches (Außenberme) aufgrund der Besucherzahlen überhaupt nicht erforderlich waren und vermutlich zukünftig auch nicht erforderlich sein werden.

Drohende Einkommensverluste?

Die Gemeindevertretung, ein Teil der Bürger, Bürger aus Nachbargemeinden, zwei örtliche Vereine und auch die Mehrheit des Nationalparkkuratoriums unter dem Vorsitz des Landrats des Kreises Nordfriesland Dr. Olaf Bastian und seines Stellvertreters Balsmeier fordern trotz alledem eine durchgehende Strandöffnung von März bis Ende Oktober. Die Befürworter dieser Vertragsänderung ohne Gegenleistung berufen sich dabei vor allem auf eine wenig seriöse Befragung, auf deren Grundlage Einkommensverluste durch ausbleibende Besucher prognostiziert werden, wenn die vertragliche Vereinbarung Bestand haben sollte.

Der amtierende Umweltminister, Klaus Müller, hat deutlich gemacht, dass er keinen konkreten Handlungsbedarf sieht. Am 19. Dezember soll im Nationalparkkuratorium nochmals diskutiert werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung nicht erneut die Courage verliert, vielmehr mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit im Natur- und Umweltschutz und im Tourismus Ernst macht.

Ohne Zweifel gibt es in der Gemeinde, wie in anderen Tourismusgemeinden auch, ökonomische Schwierigkeiten, doch die Gemeinde Sankt Peter-Ording versucht immer wieder an alten Gewohnheiten festzuhalten. Auf möglichst eigenwillige Art und Weise und ohne Konzept soll zukünftigen Herausforderungen begegnet werden. Neuestes Beispiel: ein 500.000 Euro teures Robbenbecken, mit dem man der Station Friedrichskoog, die zur Pflege von Robben eingerichtet worden ist, und den Betreibern von Fahrten zu den Seehundsbänken Konkurrenz macht. Was dringend fehlt, sind ein angemessenes Nationalparkbezirks-Infozentrum und andere Indoor-Einrichtungen, wie ein attraktives Kurhaus mit einem entsprechenden Veranstaltungsprogramm, wie der örtliche Bürger- und Vermieterverein (BVV) fordert. Gerade auch, um die Lebensqualität der Einwohner zu sichern und zu verbessern. Inzwischen befasst sich übrigens auch der Steuerzahlerbund erneut mit den Vorgängen in der Gemeinde St. Peter-Ording.

Klaus Peters

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