(Gegenwind 162, März 2002)

Interview mit Ismael Demir

"... dann ist islamisches Schlachten besser"

Ismael Demir arbeitet in Wankendorf als Schlachter. Da seine Ausbildung zum islamischen Schlachter, die er in der Türkei absolvierte, hier nicht anerkannt wird, führt er seinen Betrieb als GmbH mit einem angestellten deutschen Schlachtermeister. Er hat selbst jahrelang in Neumünster in einem Schlachthof gearbeitet, deshalb kann er verschiedene Schlachtmethoden vergleichen. In seinen Geschäften kaufen hauptsächlich islamische KundInnen ein. (Siehe auch Gegenwind 143, Seite 25/26.)

Gegenwind:

Sie kennen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Was bedeutet das Urteil für Sie und Ihre Kunden?

Ismael Demir:

Ich finde es sehr gut. Jetzt gibt es für unseren Glauben auch ein Recht. Genau wie Juden dürfen wir entsprechend unserer Religion essen. Natürlich finde ich es auch richtig, dass das Schlachten nur durch Fachleute gemacht wird. Ich bin seit über 20 Jahren Schlachter, und wenn ein richtiger Schlachter ein Tier ohne Betäubung schlachtet, dann bedeutet das keine Tierquälerei. Ich finde es super, dass jeder nach seinem Glauben Nahrung essen kann, wie es von der Religion vorgeschrieben wird.

Gegenwind:

Beschreiben Sie bitte die Situation vor dem Urteil.

Ismael Demir:

Ich glaube, mindestens 50 Prozent der Leute, die geschächtetes Fleisch haben wollten, haben die Tiere selbst auf der Koppel geschlachtet. Seit es hier türkische Schlachter gibt, haben auch viele einen Kompromiss gemacht und sind zu uns gekommen. Wir haben es auf deutsche Art und islamische Art gemacht: Wir haben die Tiere auf deutsche Art betäubt, und dann haben wir sie auf islamische Art geschächtet. Die Kunden waren damit nicht zufrieden, aber wir hatten ja keine Wahl.

Gegenwind:

Tierschützer sagen, das Urteil bedeute, dass Tierquälerei jetzt erlaubt ist. Können Sie die verschiedenen Schlachtmethoden vergleichen?

Ismael Demir:

Ich habe noch keinen anderen Beruf gemacht. Ich hatte eine Schlachterei in der Türkei, ich habe in einem deutschen Schlachthof gearbeitet, ich habe jetzt eine Schlachterei hier in Wankendorf. Ich kann jedem, der Tiere liebt, beweisen, dass die islamische Schlachtung ohne Betäubung, wenn sie nur fachmännisch gemacht wird, besser ist als die deutsche Art des Schlachtens. Wenn man genau hinguckt, ist die deutsche Art zu schlachten Tierquälerei, unsere ist besser. Es gibt bei uns genau so viele Tierliebhaber wie in Deutschland. Wichtig ist, dass es Fachleute machen müssen. Ich habe hier auch gesehen, wie unausgebildete Leute auf der Koppel Tiere geschlachtet haben, das haben auch deutsche Leute gesehen: Das ist Tierquälerei, das gebe ich zu. Aber wenn gelernte Leute das machen, dann ist das islamische Schlachten besser als andere Arten des Schlachtens.

Gegenwind:

Was können Sie Tierschützern antworten, die diese Art des Schlachtens weiterhin verbieten wollen?

Ismael Demir:

Wenn die Tierschützer Tierquälerei verhindern wollen, dann müssen sie erreichen, dass die Schäfer den Kunden nicht länger erlauben, die Tiere selbst auf der Koppel zu schlachten. Da müssen sie mehr aufpassen.

Gegenwind:

Und wie vermeidet man Tierquälerei in den Schlachtereien?

Ismael Demir:

Das wichtigste ist, dass ein gelernter Schlachter das Tier schlachtet. Ich habe im deutschen Schlachthof gearbeitet. Was bedeutet denn die Betäubung? Das Tier bekommt mit der Zange einen Elektroschock. Das geschieht doch nicht ohne Schmerzen. Und dann hängen die Tiere da, aber der Schlachter im Schlachthof hat nicht immer sofort Zeit, kommt manchmal erst später. Er muss die Tiere erstechen, denn sie sollen ja bluten. Das merken viele Tiere, ich weiß doch aus dem Schlachthof, dass viele Tiere diesen Schmerz spüren. Wer es wissen möchte, sollte mal einen Schlachthof besuchen, aber ohne Anmeldung, und gucken, wie dort Schweine geschlachtet werden. Die Schweine kommen dann in kochendes Wasser - ich habe oft gesehen, wie viele Schweine zu diesem Zeitpunkt noch leben und den Schmerz spüren. Die deutsche Art zu schlachten ist eine größere Tierquälerei.

Gegenwind:

Wie setzen sich Ihre Kunden zusammen? Wünschen alle islamisch geschlachtetes Fleisch?

Ismael Demir:

Ich glaube, von meinen Kunden wollen 98 Prozent islamisch geschlachtetes Fleisch. Wenn ich die Erlaubnis bekomme, würde ich erstmal als Mensch und als türkischer Schlachter glücklich sein, und ich würde bestimmt auch mehr Kunden bekommen als jetzt. Und ich kann jedem anbieten, meine Schlachterei zu besuchen. Ich kann auf deutsche Art schlachten, ich kann auf unsere Art schlachten. Und wer das sieht, wird hinterher immer sagen, dass unsere Art besser ist. Und gesünder! Das Fleisch vom geschächteten Tier ist gesünder, bei der deutschen Art zu schlachten bleibt Blut im Körper des Tieres. Und wir haben in der Ausbildung gelernt, dass das nicht gesund ist. Das Fleisch von islamisch geschächteten Tieren ist ohne Blut, und das ist gesünder.



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